WEISSENSEE - DIE 4. STAFFEL | Weissensee
Filmische Qualität:   
Regie: Friedemann Fromm
Darsteller: Florian Lukas, Jörg Hartmann, Uwe Kokisch, Ruth Reinecke, Anna Loos, Lisa Wagner, Claudia Mehnert, Stephan Grossmann, Jördis Triebel
Land, Jahr: Deutschland 2018
Laufzeit: 270 Minuten
Genre:
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2018


José Garcia
Foto: ARD

Im September 2010 strahlte die ARD die erste sechsteilige Staffel der "Weissensee"-Reihe aus, die inzwischen zu einer der erfolgreichsten deutschen Fernsehserien überhaupt avanciert ist. Vom 8.- 10. Mai folgen nun die Kapitel 19 bis 24: An drei aufeinanderfolgenden Tagen sendet Das Erste jeweils eine Doppelfolge der vierten "Weissensee"-Staffel.

"Weissensee" beginnt im Sommer 1980, als die Schicksale zweier Ostberliner Familien verknüpft werden, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Der Volkspolizist Martin Kupfer (Florian Lukas) lernt Julia Hausmann (Hannah Herzsprung) kennen. Martins Vater Hans Kupfer (Uwe Kockisch) arbeitet als ranghoher Offizier im Ministerium für Staatssicherheit, Martins Bruder Falk (Jörg Hartmann) folgt den Schritten des Vaters. Julias Mutter Dunja Hausmann (Katrin Sass) singt dagegen kritische Lieder gegen die Staatsmacht und hofft, ihre Tochter Julia zu einem freien Geist erzogen zu haben.

Endete die erste Staffel im Herbst 1980, als Julia und Martin auf dem Weg zu einem westdeutschen Korrespondenten von einem Stasimitarbeiter fotografiert wurden, so beginnt die zweite, ebenfalls aus sechs Folgen bestehende Staffel (Kapitel 7-12) im Jahre 1987. Martin hat inzwischen seine Stelle als Vopo aufgegeben und mit seiner Familie gebrochen. Er arbeitet nun als Tischler. Julia war sechs Jahre im Gefängnis und hat seitdem Martin nicht wiedergesehen. Ihr wurde außerdem nach der Geburt ihre Tochter weggenommen. Julias Beziehung zu ihrer Mutter ist längst getrübt. Dramatischer Höhepunkt der Staffel ist Julias Tod, als sie von einem Lkw angefahren wird. In der Gesellschaft keimt langsam die Hoffnung, dass Perestroika und Glasnost auch in der DDR zu Veränderungen führen können. Drehbuchautor und Regisseur Friedemann Fromm verknüpft die Ereignisse um die Familien Kupfer und Hausmann mit der Geschichte des DDR-Untergangs. Ausgestrahlt wurde die zweite Staffel im September 2013.

Die im September 2015 gesendete dritte Staffel (Folgen 13-18) erzählt von den Umbrüchen in der DDR vom 9. November 1989 bis zur Erstürmung der Stasizentrale am 15. Januar 1990 insbesondere anhand der zwei Söhne der Familie Kupfer: Falk macht inzwischen Karriere als Stasi-Offizier. Nach dem Tod seiner Frau Julia sucht Martin nach der gemeinsamen Tochter. Bei der Suche wird er von der westdeutschen Journalistin Katja Wiese (Lisa Wagner) unterstützt. Die zwei werden ein Paar. Eine Geschichte von Kain und Abel, von Schuld und Sühne auf dem Hintergrund der sich auflösenden DDR und des Aufkommens demokratischer Kräfte.

Die aktuellen sechs Folgen (Kapitel 19-24) spielen von Frühjahr bis Herbst 1990, wobei der in West und Ost gleichermaßen gefeierte Sieg der (bundes-)deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft am 8. Juli einen besonderen Höhepunkt darstellt. Die politische Großwetterlage verändert sich mit atemberaubender Geschwindigkeit: Die Wirtschafts- und Währungsunion bringt vielen Ostdeutschen das ersehnte Westgeld. Aber der Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft führt zum Konkurs tausender Betriebe und zum Verlust von Arbeitsplätzen. Die "Treuhand" soll die volkseigenen Betriebe in Firmen nach den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft umwandeln. Politisch steht in diesen Monaten die Frage im Raum: DDR-Reform, wofür die meisten Dissidenten gekämpft hatten, oder Vereinigung der beiden deutschen Staaten?

Dieser Umbruch wird konkret erfahrbar an den Vielzahl von Figuren, die Drehbuchautor und Regisseur Friedemann Fromm in der vierten "Weissensee"-Staffel versammelt. Auch wenn manchmal etwas zu schnell von einem Erzählstrang zur weiteren Nebenhandlung gewechselt wird: Das Hin- und Herwechseln schafft es, dass sich die Geschichte dieser entscheidenden Monate aus den unterschiedlichen Perspektiven zusammensetzt: Aus der Sicht der ehemaligen Stasioffiziere, die entweder mithilfe einer neuen Identität oder dadurch ein neues Leben anzufangen versuchen, dass sie durch Abzweigung des SED-Vermögens ihre Schäfchen ins Trockene bringen. Oder auch aus der Sicht des ostdeutschen Kleinunternehmers, der die Firma und damit auch die Arbeitsplätze retten will, und Opfer betrügerischer westdeutscher "Geschäftsleute" wird. Oder aus der Sicht der Oppositionellen, die in die Politik geht, um Reformen für ihr Land zu erkämpfen, die aber vom Sog der Ereignisse überrollt wird, und die dann als Angestellte der Treuhandanstalt erlebt, wie Ostdeutsche als Mitarbeiter zweiter Klasse behandelt werden.

Der gesellschaftliche Wandel spiegelt sich in der Familie Kupfer wider. Dramaturgischer Höhepunkt der vierten "Weissensee"-Staffel ist ein großes Geheimnis dieser Familie. Laut Friedemann Fromm geht es darum, "wie in diesem Umbruch Wahrheiten nach oben gespült werden, die Menschen dazu zwingen, ihr eigenes Leben neu zu bewerten und sich ihrer Schuld zu stellen, um dann daraus ? zum Teil existenzielle ? Konsequenzen zu ziehen".

"Weissensee". 4. Staffel mit sechs Folgen. Regie: Friedemann Fromm. Jeweils eine Doppelfolge am 8., 9. und 10. Mai, 20.15 Uhr, je 90 Minuten, ARD
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