THE DAY AFTER TOMORROW | The Day After Tomorrow
Filmische Qualität:   
Regie: Roland Emmerich
Darsteller: Dennis Quaid, Jake Gyllenhaal, Ian Holm, Emmy Rossum, Sela Ward, Dash Mihok, Kenneth Welsh, Jay O. Sanders, Austin Nichols, Perry King
Land, Jahr: USA 2004
Laufzeit: 124 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Twentieth Century Fox

Auf eine „globale Erderwärmung“ wird seit Jahren immer wieder hingewiesen. Es scheint festzustehen, dass es in den vergangenen 100 Jahren zu einem außergewöhnlichen Anstieg der Durchschnittstemperatur der Erde gekommen ist. Basierend auf dem im Jahre 2000 erschienenen Wissenschaftsthriller „The Coming Global Superstorm“, der auf fiktionale Weise die Gefahren dieser Klimaveränderungen weiterführt, spielt in seinem neuen Spielfilm „The Day After Tomorrow“ der in Hollywood lebende deutsche Regisseur Roland Emmerich das Klimakatastrophen-Szenario durch: Die globale Erwärmung könnte sich in eine Kältephase umkehren. Denn durch einen weiteren Anstieg der Temperaturen würden die nördlichen Meere mit Süßwasser überflutet, wodurch die Tiefenwasserströme wie der Golfstrom unterbrochen würden, die das Klima stabilisieren. Dadurch könnte eine neue Eiszeit ausgelöst werden.

Emmerichs Klimakatastrophe beginnt mit Unwettern ungeahnten Ausmaßes: orangengroße Hagelkörner prasseln auf Tokio nieder, nie gekannte Hurrikans fegen über Hawaii hinweg, dichtes Schneetreiben weht durch Neu-Delhi, Tornados hinterlassen Verwüstungen in Los Angeles, eine ungeheure Flutwelle überschwemmt New York. Und dann verwandelt ein gewaltiger Schnee- und Eissturm die nördliche Hemisphäre in eine Eiswüste.

Der Erzählstruktur der klassischen Katastrophenfilme der sechziger und siebziger Jahre folgend, verweben Emmerich und sein Mit-Drehbuchautor Jeffrey Nachmanoff die große Katastrophenstory mit der menschlich berührenden Geschichte einer kleinen Gruppe Menschen, genauer einer Familie: Im Mittelpunkt von „The Day After Tomorrow“ steht der Paläoklimatologe Jack Hall (Dennis Quaid), der auf internationalen Konferenzen vor einem dramatischen Kälteeinbruch erfolglos warnt. Während der Klimawissenschaftler die Politiker zum Handeln zu bewegen sucht, sitzt sein 17jähriger Sohn Sam (Jake Gyllenhaal) zusammen mit einer kleinen Schar Menschen in der Stadtbibliothek von Manhattan fest. Kaum hatten Jack und seine geschiedene Frau Lucy (Sela Ward) wieder zueinander gefunden, macht sich Jack mit zwei Kollegen nach New York auf, um seinen Sohn zu retten. Neben dieser Haupthandlung entfaltet „The Day After Tomorrow“ weitere Nebenhandlungen, die im pünktlich zum Kinostart erschienenen „Buch zum Film“ (Blanvalet-Verlag) ausführlicher dargestellt werden.

In „The Day After Tomorrow“ umschifft Regisseur Emmerich dank eines ausgezeichneten Schauspielerensembles sämtliche Rührseligkeitsklippen. Neben dem politisch kritischen Grundton, der sich unverhohlen gegen die jetzige US-Regierung richtet, bietet der Film auch wunderbar ironische Augenblicke, etwa durch den Tornado, der über die Hollywood Hills hinwegfegt und den berühmten HOLLYWOOD-Schriftzug in Stücke reißt. Sozialkritische Untertöne mischen sich ebenfalls ein, so etwa durch die Abertausenden US-Bürger, die nach Mexiko zu flüchten suchen: Sie versuchen verzweifelt, über den Zaun zu steigen, der den Rio Grande säumt – und den sie selbst aufgestellt hatten, um dem einstigen Flüchtlingsstrom aus dem Süden Einhalt zu gebieten.

„The Day After Tomorrow“ setzt hervorragende, technisch ausgereifte Spezialeffekte aus dem Computer in beeindruckende Bilder, ungewohnte Perspektiven und atemberaubende Kamerafahrten um. Die immer wieder verwendeten Totalen, ganz besonders aber die aus dem Weltall eingefangenen Bilder der Erde bestechen durch ihre Erhabenheit.

Bei allen Katastrophenfilmen steckt ein Körnchen Wahrheit. Doch, wo liegen hier die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrscheinlichkeit? In einem Interview lobte Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, der vor fünf Jahren den mit einer Million Dollar ausgestatteten Jahrhundertpreis der amerikanischen McDonnell-Stiftung erhielt, die in „The Day After Tomorrow“ wiedergegebene Stimmung: von der Atmosphäre auf internationalen Konferenzen über die Art, wie die Forscher miteinander reden, bis zu den Widerständen aus der Politik, sei der Film realistisch. Wenn auch die Grundaussage stimme, könne der Einfluss etwa der Treibhausgase auf den Nordatlantikstrom jedoch zurzeit kaum vorhergesagt werden. Völlig unrealistisch sei freilich die Komprimierung von Prozessen, die Jahre oder gar Jahrzehnte erforderten, auf wenige Tage.

„The Day After Tomorrow“ kann allerdings in der Diskussion um die Klimaänderung neue Denkanstöße geben. Die Stiftung Lesen etwa hat Roland Emmerichs Film zum Anlaß genommen, einigen tausenden Schulen fächerübergreifende Unterrichtsmaterialien zuzuschicken, weiß sie doch um die Wirkung von Mainstream-Filmen gerade auf Jugendliche.
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