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JOSà GARCÃA Foto: Prokino Der so genannte amerikanische Independentfilm handelt zumeist von AuÃenseitern in der Provinz. Nach dem Vorbild des wohl ersten Independentfilmers der Vereinigten Staaten John Cassavetes (1929â1989) steht in diesen âunabhängigenâ Filmen im Unterschied zum Mainstreamkino nicht so sehr die Handlung, sondern eher die Charakterzeichnung im Mittelpunkt. Den Spuren Cassavetesâ folgten etwa in den 80er Jahren Jim Jarmusch mit âStranger Than Paradiseâ (1984) und in den 90er Jahren Steve Buscemi mit seiner Verlierer-Geschichte âTrees Loungeâ (1997). In diese Tradition reiht sich nun das wunderbare Spielfilmdebüt von Tom McCarthy âStation Agentâ ein, für den der Regisseur â ganz im Sinne des Independentfilms â das Drehbuch selbst verfasst hat. Das Leben des kleinwüchsigen Finbar McBride genannt Fin (Peter Dinklage) dreht sich ausschlieÃlich um Eisenbahnzüge. Der 1,34 Meter groÃe AuÃenseiter arbeitet in einem Modelleisenbahn-Laden in Hoboken. Als aber der Ladenbesitzer eines Tages plötzlich tot umfällt, vermachtet er Fin ein abgelegenes altes Eisenbahndepot im kleinen Flecken Newfoundland im Westen New Jerseys. Und weil Fin der Gesellschaft anderer Menschen die Einsamkeit vorzieht, hat er nicht das Geringste dagegen, sich sofort nach Newfoundland aufzumachen. Fin hat freilich die Rechnung ohne den geschwätzigen Imbiss-Wirt Joe (Bobby Cannavale) gemacht, der den Verkaufsstand seines erkrankten Vaters in unmittelbarer Nähe zum alten Bahndepot betreibt. Der mitteilungsfreudige Kubaner lässt sich von der eindeutigen Abfuhr Fins nicht einschüchtern, und drängt sich ihm förmlich auf. Auch Joe ist ein Einzelgänger, der unter seiner oberflächlichen Extrovertiertheit eine groÃe Sehnsucht nach wahrer Freundschaft verbirgt. Das AuÃenseiter-Trio wird durch eine Frau in mittleren Jahren vervollständigt: Olivia (Patricia Clarkson), die Fin auf dem FuÃweg zum nächsten Supermarkt mit ihrem Wagen gleich zwei Mal fast überfährt. Die Malerin hat sich in das Provinznest zurückgezogen, nachdem ihr achtjähriger Sohn starb und sich ihr Mann von ihr scheiden lieÃ. Durch die Art, wie die drei Einsamen sich annähern, aber zugleich den Rückzug der anderen ins Private respektieren, zeichnet Tom McCarthy diese Charaktere äuÃerst liebevoll. Der ironische Humor erinnert an Jarmusch â so schrieb eine US-amerikanische Filmzeitschrift: âKein Film seit Jim Jarmuschs âStranger Than Paradiseâ hat es geschafft, so viel Komik aus drei relativ untätigen Menschen herauszuholenâ; die von der Liebe zu den Figuren gekennzeichneten Lakonie indes an Aki Kaurismäkis âDer Mann ohne Vergangenheitâ. Ganz ohne den Betroffenheitsgestus eines Hollywood-Films stellt dieser kleine, groÃe Film einen âBehindertenâ in den Mittelpunkt, ohne aus dieser Tatsache Rührungskapital schlagen zu wollen. Nach McCarthys besitzt das Anderssein Fins lediglich insofern Bedeutung, als er einen Charakter darstellt, âder sich ganz bewusst in sich zurückziehtâ. Entscheidenden Anteil an der besonderen Stimmung von âStation Agentâ hat die Kamera, die konsequent mit Fin auf Augenhöhe bleibt. Der deutsche Kameramann Oliver Bokelberg machte aus der Not eine Tugend: Das kleine Budget zwang ihn, auf Super 16 mm statt auf dem üblichen 35 mm-Filmmaterial zu drehen, was âStation Agentâ eine unaufgeregte Einfachheit verleiht. Anders jedoch als mit der Handkamera werden mit dieser Kameraführung klassische Einstellungen erzielt. Dazu Bokelberg: âSchon sehr früh in der Vorbereitung hat Tom McCarthy die Western von John Ford ins Spiel gebracht. Einfache, unpretentiöse, klassische Bilder, in denen sich nicht die Kamera bewegt, sondern der Darsteller vor der Kulisseâ. Damit werden Nahaufnahmen äuÃerst selten â und dadurch dem Zuschauer keine Stimmungen aufoktroyiert. Ãhnliches lässt sich von der Filmmusik sagen, die kaum stimmungsfördernd eingesetzt wird. In âStation Agent spielt der Schauplatz Newfoundland eine zentrale Rolle: Tom McCarthy entdeckte dieses Fleckchen mit dem verlassenen Depot, als er seinen Bruder besuchte. Er ging von diesem ganz konkreten Ort aus, um das Drehbuch zu schreiben. Dennoch: seine Geschichte besitzt universale, weil echt menschliche Züge, wovon die internationalen Preise zeugen, die der Film einheimsen konnte: nicht nur in Sundance 2003 (âBester Filmâ, âBestes Drehbuchâ sowie âBeste Darstellerinâ für Patricia Clarkson), sondern auch die Jury-Preise in San Sebastián und Marrakesch sowie die Auszeichnung als âBestes Originaldrehbuchâ bei der Preisverleihung der Britischen Filmakademie (BAFTA). |
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