BERLIN STATION - STAFFEL 1 | Berlin Station - Season 1
Filmische Qualität:   
Regie: (Creator): Olen Steinhauer
Darsteller: Richard Armitage, Rhys Ifans, Richard Jenkins, Michelle Forbes, Leland Orser, Mina Tander, Bernhard Schütz, Sabin Tambrea, Claudia Michelsen, Tamyln Tomita, April Grace
Land, Jahr: USA 2016
Laufzeit: 514 Minuten
Genre:
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: G, X
Auf DVD: 1/2019


José García
Foto: Paramount Pictures

Berlin steht zurzeit als Schauplatz für Fernsehserien hoch im Kurs, nicht nur in deutschen Produktionen wie Babylon Berlin und Beat. Auch Hollywood entdeckte vor Jahren Berlin als hervorragende Bühne für Spionagefilme, so etwa "Die Bourne Verschwörung" (Paul Greengrass, 2004), "A Most Wanted Man" (Anton Corbijn 2103) oder Steven Spielbergs "Bridge of Spies - Der Unterhändler" (2015). Berlin liefert nun die Kulisse für die US-amerikanische Fernsehserie "Berlin Station", deren erste Staffel seit einiger Zeit auf Netflix verfügbar war, und jetzt auf DVD erscheint.

Der Serientitel "Berlin Station" spielt auf die Berliner CIA-Niederlassung an, die zu Beginn der Serie von einem regelrechten Erdbeben heimgesucht wird: Ein unter dem Decknamen "Thomas Shaw" agierender "Whistleblower" beliefert eine Berliner Zeitung mit Geheiminformationen. Dies führt etwa zur Festnahme von Dieter Klaus (Stephan Kampwirth), einem Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz, der unter dem Deckname "Colander" für die CIA gearbeitet hatte. Bei "Berlin Station" geht es um die Arbeit von Geheimdiensten in Zeiten von Whistleblowern wie Julian Assange und Edward Snowden, die hier ausdrücklich erwähnt werden.

"Berlin Station" handelt insbesondere aber auch von den Beziehungen zwischen den Geheimdiensten der Bundesrepublik und der Vereinigten Staaten, die in Zeiten der NSA-Abhöraffäre von Misstrauen geprägt sind. "Bist Du nicht froh, dass wir euch nicht mehr abhören?", fragt etwa der Leiter der CIA-Berliner Station Steven Frost (Richard Jenkins) den Chef des deutschen Nachrichtendienstes Hans Richter (Bernhard Schütz). Insofern hat der Titelsong von David Bowie "I am afraid af Americans - Ich habe Angst vor Amerikanern", dem Vorspann einer jeden Folge unterlegt, etwas Programmatisches.

Weil die Enthüllungen von "Thomas Shaw" der CIA-Zentrale größte Sorge bereiten, wird Agent Daniel Miller (Richard Armitage) von Panama nach Berlin versetzt. Miller soll als Undercover-Agent die Identität des Whistleblowers aufdecken. Nicht einmal der Leiter der Berliner CIA-Station Steven Frost soll von Millers wirklicher Aufgabe erfahren. Der Agent berichtet vielmehr an die in Prag weilende CIA-Vizepräsidentin Jemma Moore (April Grace). In die verschlungenen Wege Berlins wird Daniel Miller vom abgebrühten, ziemlich heruntergekommenen Veteranen Hector DeJean (Rhys Ifans) eingeführt. Die beiden verbindet eine gemeinsame Vergangenheit: In Rückblenden, die sich von den eher trüben blau-grauen Bildern in Berlin durch eine sonnendurchflutete Farbgebung abheben, erzählen Serien-Erfinder Olen Steinhauer und Regisseur Michael R. Roskam, wie Hector vor zehn Jahren nach einem Selbstmordattentat auf einem Markt in Tschetschenien Daniel das Leben rettete.

Zu der Haupthandlung, der Suche nach dem "Maulwurf", der kompromittierende interne Informationen an die Öffentlichkeit bringt, kommen weitere Nebenstränge hinzu, die insbesondere mit Terrorismusbekämpfung und mit Spionageüberläufern zusammenhängen. Durch die unterschiedlichen Verbindungen innerhalb der Berliner CIA-Station, aber auch zum deutschen und anderen nationalen Geheimdienst-Organisationen entsteht eine ziemlich komplexe Erzählstruktur.

Eine besondere Stärke von "Berlin Station" besteht darin, dass sich deutsche Figuren - und damit auch deutsche Schauspieler - mit ihren US-amerikanischen und britischen Kollegen auf gleicher Augenhöhe begegnen. Bei in Berlin entstandenen US-amerikanischen Filmen, selbst in Spielbergs "Bridge of Spies - Der Unterhändler", spielen die Deutschen eher eine untergeordnete Rolle. Sowohl Steve Frost und Hans Richter in der Chefetage als auch die Agenten Daniel Miller und Esther Krug (Mina Tander) handeln als ebenbürtige Partner. Ein Zeichen dafür ist, dass die Deutschen untereinander - und das ist ebenfalls nicht üblich in US-amerikanischen Filmen - in ihrer Muttersprache kommunizieren.

Ein weiterer Pluspunkt von "Berlin Station" besteht darin, dass sie keineswegs nur Postkartenbilder von Berlin liefert. Der deutsche Kameramann Hagen Bogdanski bietet eine wunderbare Mischung aus bekannten und kaum gewohnten Berlin-Bildern: Die Museumsinsel oder den Ausblick auf das Waldorf Astoria-Hotel verknüpft Bogdanski mit dem Kottbuser Tor, dem Café Einstein in der Kurfürstenstraße oder auch dem "Promi"-Restaurant Borchardt in der Französischen Straße sowie mit eher unbekannten Orten in Kreuzberg oder im Wedding.

"Berlin Station" wirkt gegenüber den Geheimdiensten und insbesondere dem CIA ziemlich kritisch. Beispielsweise sagt einmal Journalistin Ingrid Hollenbeck (Victoria Mayer) gegenüber Daniel Miller: "Die amerikanische Außenpolitik hat mehr Leute auf dem Gewissen als sämtliche Terroranschläge zusammen!" Die meisten Figuren - allen voran Daniel Miller - erweisen sich freilich als durchaus ambivalenter im Zusammenhang mit den in ihrer Arbeit auftretenden moralischen Fragen.

Eine zweite Staffel von "Berlin Station" ist inzwischen auf Netflix abrufbar. Die dritte Staffel soll in Kürze veröffentlicht werden.

"Berlin Station - Staffel 1". Regie: Michael R. Roskam, 10 Folgen mit insgesamt 514 Minuten, EAN 505-308317-295-4, EUR 22,99 ab dem 24. Januar. "Berlin Station" ist ebenfalls auf Netflix verfügbar.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren