SPIDER-MAN 2 | Spider Man 2
Filmische Qualität:   
Regie: Sam Raimi
Darsteller: Tobey Maguire, Kirsten Dunst, James Franco, Alfred Molina, Rosemary Harris, Donna Murphy, J.K. Simmons, Elizabeth Banks, Bill Nunn
Land, Jahr: USA 2004
Laufzeit: 127 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G


JOSÉ GARCÍA
Foto: Columbia TriStar Film

Comic-Verfilmungen haben mit der Digitalisierung des Kinos einen enormen Aufschwung erfahren. Vieles kann sehr viel leichter dargestellt werden, so etwa auch die ruckartigen, aber superschnellen, eben „spinnenartigen“ Bewegungen von „Spider Man“. Als vor zwei Jahren die Filmadaption des 40-jährigen Comics „Spider-Man“ – eine der beliebtesten Comicfiguren von Stan Lee und Steve Ditko aus dem Hause Marvel – in die Kinos kam, überzeugten nicht nur deren rein visuelle, künstlerisch überaus gelungene Valeurs, sondern auch die Umsetzung der Story für die Leinwand.

Denn „Spider Man“ gelang es, den Kern der Vorlage nicht nur visuell, sondern auch inhaltlich einzufangen. Ein gewisser Bruch war allerdings in dieser ersten Verfilmung festzustellen. In deren ersten Hälfte wurde zwar die Geschichte der „menschlichen Spinne“ mit amüsanten und liebevoll gestalteten Details eingeführt: Wie sich der schüchterne Highschool-Schüler Peter Parker, der mit Onkel Ben und Tante Mary in einem New Yorker Arbeiterviertel lebt, und eigentlich zu den typischen Verlierertypen gehört, durch den Biss einer genmanipulierten Spinne in den Superheld Spider-Man verwandelte. In der zweiten Filmhälfte nahm die reine Action im Kampf gegen den „Grünen Kobold“, zu dem der Geschäftsmann Norman Osborn mutiert war, jedoch überhand.

Diesen Fehler macht der neue Drehbuchautor Alvin Sargent in „Spider Man 2“ wieder wett. Denn nicht die Effekte aus dem Computer stehen im Vordergrund, sondern eine durchgängig stimmige Erzählung, die vom Doppelleben eines jungen Mannes im Studentenalter handelt. In den zwei Jahren zwischen „Spider Man“ und „Spider Man 2“ hat Peter Parker (Tobey Maguire) seinen Highschool-Abschluss gemacht und sich in die Universität eingeschrieben. Doch zu den Vorlesungen kommt er regelmäßig zu spät und seinen Aushilfsjob als Pizzafahrer verliert er aus eben demselben Grund. Denn immer wenn Peter einer „normalen“ Tätigkeit nachzugehen versucht, kommen ihm irgendwelche Schurken in die Quere. Nach dem Trauma, am Tode seines Onkels Ben schuldig zu sein, fühlt sich der schüchterne Parker regelrecht moralisch dazu gezwungen, das rotblaue Spinnen-Kostüm überzuziehen, um kleinere oder größere Bösewichte zu bekämpfen.

Selbstverständlich fehlt in „Spider Man 2“ nicht der große Widersacher, diesmal in der Person des nach einem fehlgeschlagenen Experiment wahnsinnig gewordenen Wissenschaftlers Dr. Otto Octavius alias „Doctor Octopus“ (Alfred Molina). Doch die hervorragenden choreografierten und ausgezeichneten fotografierten Kämpfe zwischen Spider Man und dem mit vier zum Leben erweckten metallischen Tentakeln ausgestatteten „Doc Ock“ stehen keineswegs im Vordergrund der Geschichte.

„Spider Man 2“ setzt vielmehr auf den Konflikt, der in der Comic-Vorlage „Spider Man“ ausmacht: „Ich bin vom Schicksal geschlagen. Ich bin sein Gefangener“, resümiert Peter Parker sein Doppelleben, sein Hin- und Hergerissensein von der hehren Aufgabe als einsamer Held und dem Wunsch, ein normales Leben, am liebsten zu zweit mit seiner Jugendliebe Mary Jane (Kirsten Dunst) zu führen.

Weist „Spider Man 2“ bis in die Nebenrollen grandios besetzte Figuren auf – Tante May (Rosemary Harris), Professor Connors (Dylan Baker), Chefredakteur J. Jonah Jameson (J. K. Simmons), Rosalie Octavius (Donna Murphy), Harry Osborn (James Franco) –, so besitzt der Film doch noch eine weitere „heimliche“ Hauptfigur: das von Produktionsdesigner Neil Spisak entworfene und von der Kamera Bill Popes in Atem beraubenden Kamerafahrten grandios eingefangene New York erhält eine geradezu lebendige Qualität, die zwischen dem authentischen Big Apple und einer Fantasy-Stadt liegt.

Die filmische Fortsetzung von „Spider Man“ erweist sich indes als ein Film über Entscheidungen. So gehört zu den wunderbaren Sequenzen von „Spider Man 2“ die Zwischenzeit, als Peter das berühmte Kostüm auf den Müll wirft, und ein unbekümmertes Leben führen will, ehe ihn weitere Umstände doch noch dem Ratschlag seines Onkels „Mit großer Macht kommt große Verantwortung“ folgend den Entschluss reifen lassen, sich seiner Aufgabe zu stellen. Das in einen Actionfilm verpackte Drama transportiert einem vorwiegend, wenn auch nicht ausschließlichen, jugendlichen Publikum eine überaus positive Botschaft ohne erhobenen Zeigefinger.
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