KING ARTHUR | King Arthur
Filmische Qualität:   
Regie: Antoine Fuqua
Darsteller: Clive Owen, Keira Knightley, Stellan Skarsgård, Stephen Dillane, Ray Winstone, Hugh Dancy, Til Schweiger, Ioan Gruffudd, Mads Mikkelsen, Joel Edgerton, Ray Stevenson
Land, Jahr: USA / Irland 2004
Laufzeit: 125 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: U, X


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

Der Welterfolg von Ridley Scotts „Gladiator“ (2000) leitete eine Renaissance des „Sandalen“- Films ein, die eine erste Fortsetzung in Wolfgang Petersens „Troja“ (siehe Filmarchiv) fand. Kein Wunder, dass „Gladiator“-Drehbuchautor David Franzoni zunächst beim historischen Fach blieb. Für sein neues Drehbuch nahm er sich eines Stoffs an, der zu den bekanntesten mittelalterlichen Epen gehört: die Artus-Legende.

Die Anfänge der Artus-Dichtung reichen bis ins 12. Jahrhundert zurück: Die im Jahre 1135 von Geoffrey of Monmouth verfasste „Historia Regum Britanniae“ diente Chrétien de Troyes als Quelle für seine vier als „matière de Bretagne“ bekannten Epen (1170-1188), die das Bild Artus’ bis heute geprägt haben. In der Hollywood-Produktion „King Arthur“ wollten Drehbuchautor Franzoni und Regisseur Antoine Fuqua jedoch die von der höfischen Dichtung vermittelte Sicht auf König Artus entmythlogisieren. „King Arthur“ sollte die historische Wahrheit hinter der Legende in den Vordergrund rücken.

Über den „historischen Artus“ herrscht indes keine einhellige Meinung. Denn sofern er als Einzelperson gelebt hat - und nicht etwa der Name „Artus“ als Sammelbezeichnung für mehrere Feldherren, Könige und Ritter gebraucht wurde, lebte er im so genannten „Dunklen Zeitalter“, der Zeitspanne zwischen dem Abzug der Römer aus Britannien um 410 und der Landnahme durch die Angelsachsen. Und diese mehr als ein Jahrhundert währende Zeit zeichnet sich gerade durch eine spärliche, ja sogar widersprüchliche Quellenlage aus. Immerhin erwähnt in seiner um 820 niedergeschriebenen „Historia Brittonum“ der Mönch Nennius Artus als Heerführer, der zusammen mit den britischen Könige gegen die einfallenden Sachsen kämpfte („Arthur pugnabat ... cum regibus Brittonum, sed ipse erat dux bellorum“).

Für die Rekonstruktion des historischen Artus ging Drehbuchautor Franzoni von der Hypothese aus, der sagenhafte König Artus sei ein Nachfahre des Lucius Artorius Castus gewesen, der die in Britannien als Hilfstruppen eingesetzten Sarmaten befehligte, nachdem dieses indogermanische, ursprünglich in den südrussischen und ukrainischen Steppen lebende Nomadenvolk von Kaiser Marc Aurel im Jahre 172 n.Chr. besiegt wurde. So führt in Fuquas Film „King Arthur“ Artus wie sein mutmaßlicher Vorläufer als römischer Offizier Artorius eine Gruppe von schwergepanzerten sarmatischen Lanzenreitern - Lanzelot, Gawain, Galahad, Bors, Tristan und Dagonet - an, die das alte Britannien gegen den Ansturm der Sachsen verteidigen soll.

Angesicht des Anspruchs, die „historische Gestalt“ nachzuzeichnen, verwundert, dass der Spielfilm „King Arthur“ nicht ganz auf legendenhafte Elemente verzichtet: In einer Traumvision zieht das Kind Artus das sagenhafte Schwert Excalibur aus einem Stein, Artus versammelt seine Krieger um die Tafelrunde. Scheinen darüber hinaus einige historisch kaum nachweisbare Optionen des Filmes, etwa Merlin als Stammesführer und Seher des wilden Volks der Pikten, sowie Guinevere als dessen Tochter und tapfere Kriegerin darzustellen, als durchaus vertretbar, weil die Heirat einer Piktenfürstin Guinevere mit Artus den Frieden mit den Pikten im Norden sichern sollte, wiegen historische Ungenauigkeiten dagegen schwerer.

In „King Arthur“ werden Artus und seine Krieger von einem römischen Bischof entsandt, damit sie einen Zögling des Papstes, Sohn eines in England lebenden römischen Adligen, vor den herannahenden Sachsen retten. Abgesehen davon, dass der Film keinerlei Begründung zu liefern versucht, wieso die Entlassung der sarmatischen Krieger aus dem Dienst im Römischen Heer von einem Auftrag des Heiligen Vaters abhängig sein sollte, krankt „King Arthur“ an einem folgenschweren Anachronismus: angesiedelt ist seine Handlung ausdrücklich im Jahr 467 - was zum historischen Artus passen würde -, der Film zeigt aber Britannien in einer Zeit des Umbruchs, als sich „Rom“ gerade erst aus der Insel zurückzieht. In Wirklichkeit hatten die Römer bereits ein halbes Jahrhundert vorher, um das Jahr 410, Britannien aufgegeben, so dass sich die Frage aufdrängt, ob nicht dieser Anachronismus bewusst eingesetzt wird, um die Kirchenmänner in einem ungünstigen Licht erscheinen zu lassen: Sie werden nicht nur als feige lächerlich gemacht, sondern darüber hinaus als arrogant, unbarmherzig, heuchlerisch und betrügerisch dargestellt.

In dieses Bild passt auch die Auseinandersetzung Artus’ mit dem päpstlichen Legaten, der einen breiten Raum eingeräumt wird. Die Filmemacher machen Artus zu einem Schüler des Pelagius. Die auf der Synode von Karthago im Jahre 418 verurteilte Lehre des Pelagius, welche die Erbsünde relativierte, und die Notwendigkeit der Gnade leugnete, weil der freie Wille allein zwischen Gut und Böse unterscheiden könne, wird politisch umgedeutet: Mit der Verurteilung dieser Häresie wolle die Kirche die Freiheit und die Gleichheit der Menschen unterdrücken, was in dem haarsträubenden Satz gipfelt: „Die Kirche hasst die Freiheit mehr als die Hölle.“ Dass in „King Arthur“ das von Artus und anderen freiheitsliebenden „guten Menschen“ bekämpfte „böse Rom“ nicht mit dem Imperium Romanum, sondern mit der römischen Kirche gleichgesetzt wird, kann als schlichtweg tendenziös bezeichnet werden.

Die Inszenierung von „King Arthur“ folgt im Unterschied zu den durch die höfische Dichtung beeinflussten Spielfilmen aus dem klassischen Hollywood - etwa „Camelot-Am Hofe König Arthus“ (Joshua Logan 1967, mit Richard Harris und Vanessa Redgrave) - einem heute vorherrschenden „dunklen“ Realismus: Dank der hervorragenden Kameraführung von Slawomir Idziak und unterstützt von Hans Zimmers wirkungsvoller Musik besticht „King Arthur“ in visueller Hinsicht. Allerdings nimmt sich dieser Inszenierungsstil gerade in den Schlachtszenen standardisiert aus - das letzte Drittel von „King Arthur“ ist mit dem Schlachtengetümmel in ähnlichen „Sandalen-Filmen“ völlig austauschbar.
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