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José Garcia Foto: Weltkino / Guy Ferrandis ![]() Dies ist auch der Originaltitel des Spielfilmes von Roman Polanski mit dem deutschen Verleihtitel "Intrige", der auf den Filmfestspielen von Venedig 2019 mit dem GroÃen Preis der Jury ausgezeichnet wurde, und nun im regulären Kinoprogramm startet. Der Film basiert auf dem Roman "An Officer and a Spy" von Robert Harris, der zusammen mit Polanski das Drehbuch verfasste. Der Film beginnt am 5. Januar 1895, als der junge jüdische Offizier Alfred Dreyfus (Louis Garrel) wegen Hochverrats in einer erniedrigenden Zeremonie degradiert und zu lebenslanger Haft auf die Teufelsinsel, eine Strafkolonie in Französisch-Guyana, verbannt wird. Die Kamera von Pawel Edelman macht aus der aufwändig fotografierten Sequenz eine eindrückliche Abfolge von regelrechten Gemälden. Unter den Zeugen der Degradierung befindet sich auch Colonel Georges Picquart (Jean Dujardin). Anfänglich von Dreyfus? Schuld überzeugt, beginnt Picquart allerdings daran zu zweifeln, als er zum Geheimdienstchef befördert wird. Bald entdeckt er Ungereimtheiten in den Ermittlungen gegen Dreyfus. Nachdem Picquart feststellen muss, dass weiterhin militärische Geheimnisse in die deutsche Botschaft in Paris gelangen, ist er sich sicher: Auf der Teufelsinsel sitzt der Falsche. Obwohl seine Vorgesetzten ihm die ausdrückliche Weisung erteilen, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen, ermittelt der Geheimdienstchef auf eigene Faust weiter, und stöÃt auf ein Geflecht von Intrigen und Korruption. Auf den ersten Blick nimmt sich "Intrige" als ein Kriminalroman im historischen Kontext aus. Polanski erzählt aus Picquarts Perspektive, der als ein klassischer Detektiv erscheint. Damit erlebt der Zuschauer auch hautnah die Entwicklung moderner Ermittlungsmethoden ? in dem Zusammenhang ist es vielsagend, dass Pickard bei der Ãbernahme seines neuen Amtes den Pförtner der Geheimdienstabteilung schlafend vorfindet. Aus dieser schläfrigen Abteilung macht der stets gewissenhaft vorgehende Pickard eine gut funktionierende Behörde. Die Spurensuche Picquarts verdeutlicht, dass die Kriminalistik schon am Ende des 19. Jahrhunderts groÃe Fortschritte gemacht hatte. Picquarts Erkenntnisse bilden denn auch die Grundlage für den bereits erwähnten Zeitungsartikel Ãmile Zolas. Das Drehbuch von Harris und Polanski mag konventionell wirken, aber die Inszenierung durch den Regisseur macht "Intrige" zu einem spannenden Kriminalfilm. Jean Dujardin stellt Picquart als im Gegensatz zum blassen Dreyfus charismatischen und umgänglichen Offizier dar, der selbst freilich nicht frei von Widersprüchen ist. Dass Picquart selbst eigentlich antisemitisch eingestellt ist und Dreyfus nicht gerade sympathisch wirkt, macht "Intrige" umso interessanter: Der Ermittler lässt sich nicht von persönlichen Neigungen bewegen, ihm geht es schlicht und einfach um die Wahrheit. Auf der Suche nach der Wahrheit stöÃt Picquart auf Korruption sowohl bei Politikern als auch beim Militär, ja sogar bei Wissenschaftlern in der Person des bei Gericht auftretenden Handschrift-Experten Bertillon (Mathieu Amalric). Im Gegensatz zu den beiden Hauptfiguren werden diese Charaktere allerdings eher wenig differenziert, ja karikaturhaft gezeichnet. Mit der herausragenden Ausstattung geht auch die Rekonstruktion eines Fin-de-Siècle-Paris mit Bildern und Szenen, die an die impressionistischen Maler und an die ersten Farbfotographien erinnern. In diese Szenen mischt sich aber auch eine triste Anmutung ein, welche die Erschütterung der Dreyfus-Affäre in der französischen Ãffentlichkeit sichtbar macht. Als Ãberlebender des Krakauer Ghettos geht es Roman Polanski darum, die antisemitischen Tendenzen im Frankreich der damaligen Zeit aufzuzeigen. Dies wird manchmal allzu deutlich in den Aussagen manch eines der Vorgesetzten Picquarts, manchmal aber auch in kleinen Details, etwa in einer der letzten Szenen, als sich Picquart und Dreyfus Jahre später wieder begegnen. Die kühle Atmosphäre, in der besagte Begegnung stattfindet, macht vor allem eines deutlich: Ein richtiges "Happy End" kann es in der Dreyfus-Affäre und auch in Polanskis Film nicht geben. "Intrige" ist nicht nur ein Plädoyer gegen den schon damals grassierenden Antisemitismus, sondern auch gegen die Manipulation durch die Medien. Polanskis Film zeigt ebenfalls, wie leicht sich Fakten manipulieren lassen, welchen Anteil die Medien mit ihrer Vorverurteilung in der Dreyfus-Affäre hatten. Heute heiÃen solche Manipulationen zwar "Fake-News". Die Tatsache gab es jedoch schon damals an der Schwelle vom 19. zum 20. Jahrhundert. Damit stellt "Intrige" auch universelle Fragen nach Gewissen und Wahrheitssuche. |
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