KÜHE SIND LOS, DIE | Home on the Range
Filmische Qualität:   
Regie: Will Finn, John Sanford
Darsteller: (deutsche Stimmen) Hella von Sinnen, Marie Bäumer, Christiane Hörbiger, Beni Weber, Vitali Klitschko, Wladimir Klitschko
Land, Jahr: USA 2004
Laufzeit: 77 Minuten
Genre: Animation
Publikum: ohne Altersbeschränkung
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

Die letzten großen Erfolge aus dem Hause Disney, vor allem der mit dem Animationsoscar ausgezeichnete „Findet Nemo“ (siehe Filmarchiv), erwuchsen aus der Zusammenarbeit mit dem Animationsstudio Pixar. Das erste eigenständige Zeichentrick-Projekt des Disney-Studios nach der Kündigung des Kooperationsvertrags durch Pixar „Bärenbrüder“ (siehe Filmarchiv) erzählte von der Verwandlung eines Menschenkindes in einen Bären in prähistorischer Zeit. Der für den Oscar 2004 nominierte Film sprach mit durchaus zeichnerischer Perfektion interessante Themen – Verantwortung, Freundschaft, Toleranz – an. Allerdings irritierte in „Bärenbrüder“ ein pantheistischer Unterton.

Nun hat sich Disney auf das klassische Sujet des amerikanischen Kinos schlechthin, den Western, zurück besonnen. Daraus entstand der Zeichentrickfilm „Die Kühe sind los“ („Home on the Range“), eine Art Westernkomödie: Das ruhige Leben auf der Farm „Patch of Heaven“, irgendwo im Wilden Westen, wird durch zwei Ereignisse empfindlich gestört: Zum einen zieht Maggie auf „Patch of Heaven“ ein – eine mehrfach ausgezeichnete freche Show-Kuh, die gleich bei ihrer Kuh-Kollegin, der naiven Grace, und ein paar Ferkeln mächtig Eindruck schindet, während sich die vornehme Kuh Mrs. Caloway zurückhaltend gibt. Zum zweiten kommt Sheriff Brown mit einer Hiobsbotschaft auf die Farm: Wenn die Besitzerin nicht innerhalb von drei Tagen ihre Schulden von 750 Dollar bei der Bank bezahlt, wird die Farm zwangsversteigert. Die drei grundverschiedenen Kühe machen sich auf, ihr Zuhause zu retten: Zusammen mit Buck, dem etwas tollpatschigen Pferd des Sheriffs, das gern mal ein echter Westernheld wäre, wollen sie den berüchtigten Viehdieb Alameda Slim schnappen, auf dessen Kopf eine Belohnung von 750 Dollar ausgesetzt ist.

Obwohl sich das Drehbuch trotz der einen oder anderen Überraschung nicht sonderlich originell ausnimmt, unterhält die eher für die Jüngeren gedachte Geschichte dank der vielen Gags und der liebenswürdigen Gestalten, nicht nur der drei titelgebenden Kühe, sondern auch der vielen liebevoll gezeichneten Nebenfiguren.

Dem Vernehmen nach soll „Die Kühe sind los“ der letzte handgezeichnete Kinderfilm der Disney-Studios sein. Denn in Zeiten der digitalen dreidimensionalen Animation der Konkurrenten Pixar („Findet Nemo“) und Dreamworks („Shrek“) wird das Publikum für zweidimensionale Zeichentrickfilme immer rarer.

Obwohl der letzte Disney-Zeichentrickfilm nicht das zeichnerische Niveau vom vorletzten „Bärenbrüder“ erreicht, kann er sich sehen lassen: Die gezeichneten Hintergründe sind zwar bunt, aber gleichzeitig an das Western-Genre orientiert. Ebenso „westerntypisch“ nehmen sich die Einstellungen aus. Diese sind gekennzeichnet von einem Wechsel aus Nahaufnahmen und aus Totalen, die den Blick auf den weiten Horizont der Prärie öffnen. In bester Disney-Tradition steht darüber hinaus die Musik: Alan Menken, der bereits den Soundtrack für sieben Filme des Traditionsstudios geschrieben hatte, für die er etliche Oscar- sowie Grammy-Preise einheimsen konnte, komponierte eine Filmmusik mit Reminiszenzen an klassische Westernmusik. Menken greift auf ein Stilmittel zurück, das in Animationsfilmen völlig überholt zu sein schien: die Figuren singen!

Mit „Die Kühe sind los“ kehrt Disney noch einmal zurück zum traditionell animierten Musical. Zusammen mit der kurzweiligen Unterhaltung werden auch klassische Werte vermittelt: Die Farm retten nicht die Möchtegern-Helden, sondern die bescheidenen Kühe, die aus Solidarität und Freundschaft wahre Heldentaten vollbringen.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren