BREAKING EVE | Breaking Eve
Filmische Qualität:   
Regie: Boris Kunz, Rafael Parente
Darsteller: Lorna Ishema, Sinje Irslinger, Justus von Dohnányi, Laura Berlin, Rafael Gareisen, Nicole Heesters, David Rott, Marion Mitterhammer, Sandra Borgman, Gerhard Roiß
Land, Jahr: Deutschland 2020
Laufzeit: 268 Minuten
Genre:
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 11/2020


José García
Foto: ZDF Neo

Selbstfahrenden Autos gehört die Zukunft — glaubt wenigstens Benedikt Lindemann (Justus von Dohnányi), Vorstandsvorsitzender des Lindemann-Konzerns. Weil er die schwere Bürde trägt, der Nachfolger seines Vaters, des großen Jakob Lindemann, zu sein, werden bei ihm Disziplin und Fleiß großgeschrieben. Seit Jahren verfolgt er ein Projekt, der ihn seinem Vater Jakob ebenbürtig machen soll: Mit dem "Lindi", dem Prototyp des ersten autonom fahrenden Autos, will Benedikt den Konzern für die Zukunft wappnen.

Die sechsteilige ZDF-Serie "Breaking Eve" handelt aber nicht nur von technischen Neuerungen eines in Essen— Thyssen und Krupp lassen grüßen — ansässigen Industrie-Familienkonzerns. Hauptserienentwickler Boris Kunz, der auch Regie führt, und Rafael Parente verknüpfen damit eine Thriller-Handlung: Bei einer nicht genehmigten Prototyp-Testfahrt kommt es zu einem Unfall, bei dem eine Radfahrerin stirbt.

Deshalb wird mitten in der Nacht Anwältin Nora Shaheen (Lorna Ishema) in die Firmenzentrale gerufen. Mit ihren kritischen Fragen eckt aber Nora bei ihrem Vorgesetzten Bohrmann (Gerhard Roiß) gehörig an: Er bremst sie aus und zieht sie sofort von dem Fall ab. Stattdessen soll die ehrgeizige Juristin Konstantin (Rafael Gareisen), den jüngsten Sohn der Lindemanns, aus dem Gefängnis abholen, in dem der Umweltaktivist nach einer Protestaktion sitzt. Nora ermittelt jedoch in der Unfall-Angelegenheit auf eigene Faust weiter.

Zusammen mit Konstantin in Haft befindet sich die junge Aktivistin Jenny Rösner (Sinje Irslinger), die sich Konstantins Vertrauen erschleichen möchte, um Zugang zur Familie Lindemann zu erhalten. Im Polizeirevier gelingt es Jenny, Noras Handy zu stehlen. Darin findet sie ein vertrauliches, das Unternehmen Lindemann im Zusammenhang mit dem tödlichen Unfall belastendes Firmendokument, mit dem in einer Talkshow Benedikt Lindemann alsbald konfrontiert wird. Als Nora erkennt, dass das fragliche Dokument aus ihrem gestohlenen Handy stammt, wird ihr klar, dass sie sich in großer Gefahr befindet.

Bei "Breaking Even" geht es zunächst einmal um die Unternehmensstrategie, konkret ob die Entwicklung des autonomen Fahrens weiter vorangetrieben werden soll. Darüber sind sich jedoch die Familienmitglieder nicht einig: Benedikt und seine Tochter Charlotte (Laura Berlin), die bisher die Entwicklungsabteilung leitete, wollen unbedingt den "Lindi" weiterentwickeln. Dagegen stellt sich jedoch Benedikts Mutter Leonore (Nicole Heesters), die im Hintergrund immer noch die Strippen zieht: Sie bringt ihren Lieblingssohn Maximilian (David Rott) in Stellung, der nach Jahren des Umherziehens als Lebemann auf einmal Interesse für die Firma zeigt.

Dass die damit verbundenen Intrigen nicht nur mit einem, sondern sogar mit zwei in der Vergangenheit liegenden Familiengeheimnissen verbunden werden, mag schon etwas zu viel des Guten sein. Dennoch: Dadurch wird Spannung erzeugt, an der es ja in der vermeintlichen Haupthandlung — der Aufklärung des Todes der Radfahrerin — mangelt, da der Zuschauer die Auflösung von Anfang an kennt. Darüber hinaus stimmt die Verknüpfung des Wirtschafts- und Familiendramas mit der Inszenierung als Thriller-Handlung im Großen und Ganzen.

Dazu kommen überzeugende Charaktere, die vom Schauspiel-Ensemble glaubwürdig dargestellt werden, sowie eine Inszenierung, die mit den Serien bekannter Streaming-Anbieter durchaus mithalten kann: Kameraführung (Tim Kuhn), Ausstattung, eine stimmige Musik (David Reichelt) und die kalt-düsteren Farben gehören dazu sowie eine Dramaturgie, die zwar zu Beginn einige Schwächen enthält, sich mit den fortschreitenden Folgen immer stimmiger ausnimmt.


"Breaking Eve", Deutschland 2020. Serienentwickler und Regie: Boris Kunz, sechs Folgen mit insgesamt 268 Minuten, in der ZDF-Mediathek
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