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JOSà GARCÃA Foto: Reverse Angle Nach mehreren Musikfilmen â âBuena Vista Social Clubâ (1998), âViel passiert â Der BAP-Filmâ (2002) sowie âThe Soul of a Manâ (2003) â kehrt der 1945 in Deutschland geborene, aber seit mehr als zwanzig Jahren in den Vereinigten Staaten lebende und arbeitende Regisseur Wim Wenders nun zum Spielfilm zurück. Mit âLand of Plentyâ, der bei den 61. Filmfestspielen von Venedig seine Premiere feierte und diese Woche im deutschen Kinoprogramm anläuft, liefert Wenders die Sicht eines Europäers auf den âamerikanischen Traumâ und auf die Veränderungen, die der 11. September in den Vereinigten Staaten hervorgerufen hat. Um diese Veränderungen zu veranschaulichen, wählte Wim Wenders als Hauptfigur eine junge Frau, die nach etlichen Jahren der Abwesenheit in ihr Heimatland zurückkehrt. Die 20-jährige Lana (Michelle Williams) wuchs als Tochter eines christlichen Missionars in Afrika und im Nahen Osten auf. Als sie nun nach Los Angeles heimkommt, findet sie dort nicht die Traumfabrik, sondern eher die âHauptstadt des Hungersâ in den Vereinigten Staaten vor. Deshalb beschlieÃt die Idealistin, statt aufs College zu gehen, zunächst einmal in der Armenküche einer Stadtmission auszuhelfen, während sie sich auf die Suche nach ihrem einzigen lebenden Verwandten, ihrem Onkel Paul, begibt. Der Vietnam-Veteran Paul zeigt sich indessen nicht gerade begeistert, den Kontakt zu seiner Verwandten wieder aufzunehmen. Als 18-Jähriger wurde Paul in Vietnam verletzt und leidet noch immer unter den Nachwirkungen des Giftes Dioxin, dem er vor mehr als dreiÃig Jahren ausgesetzt war. âWäre ich paranoid, würde mir das wohl verdächtig vorkommenâ, sagt einmal Paul, nachdem er gewisse Beobachtungen gemacht hat. Natürlich findet er es verdächtig. Womit der Paranoiker etabliert ist, der täglich in seinem mit allerlei Ãberwachungstechnik ausgestatteten Lieferwagen die StraÃen von Los Angeles observiert, immer auf der Suche nach einem Turban in der Menschenmenge, von der Idee besessen, sein Vaterland gegen mögliche Terrorangriffe zu beschützen. âZwei ganz gegensätzliche Charaktereâ (Wenders) treffen aufeinander. Sie finden erst zusammen, als ein obdachloser Araber auf offener StraÃe erschossen wird. Der selbst ernannte Sicherheitsbeamte Paul sieht dahinter eine Abrechnung unter Terroristen; Lana will als gute Christin den Angehörigen die Leiche zurückbringen. So machen sie sich gemeinsam auf den Weg zum Bruder des Toten, mit der Leiche im Wagen. Den Titel âLand of Plentyâ (âEin Land im ÃberfluÃâ) wählte Wenders nach Leonard Cohens Song âLand of Plentyâ, der zum Schluà erklingt. Doch vom Ãberfluà ist in diesem Film wenig zu sehen. Viele der mit digitaler Handkamera aufgenommen Bilder in den Armenvierteln von Los Angeles erinnern an die schmutzigen StraÃen New Yorks in Jim Jarmuschs âStranger than Paradiseâ (1983), etliche Einstellungen wiederum rufen einen früheren Spielfilm Wim Wenders in Erinnerung: âThe Million Dollar Hotelâ (2000) â das Hotel ist in einer Szene zu sehen, als Lana auf dem Dach des Armenhauses Musik hört. Der Untertitel, mit dem der Film in deutscher Fassung in die Kinos kommt â âAuf der Suche nach Wahrheitâ â verdeutlicht, dass es Wim Wenders darum ging, dass âdie Wahrheit dieser Figuren zu einem Moment politischen Erkennens führtâ. Deshalb nennt der Regisseur âLand of Plenty â Auf der Suche nach Wahrheitâ den âdezidiert politischsten Film, den ich je gemacht habeâ. Doch die politische Kritik kommt eher leise daher, auch wenn Wenders hin und wieder in eine âÃberkorrektheitâ der Dialoge oder auch in eine Verdoppelung derselben Aussage in Bildern und Dialogen verfällt, die der Filmtheoretiker Rudolf Arnheim bereits im Jahre 1929 âÃberdeutlichkeitâ nannte. Die schön-spröden Bilder, die witzigen Passagen und die dem Erzählrhythmus wunderbar angepasste Filmmusik helfen freilich darüber hinweg. Religion spielt in âLand of Plentyâ eine wichtige Rolle. Zwar instrumentalisiert sie Wenders als Gegensatz zu den Prinzipien der jetzigen US-amerikanischen Regierung, âdie religiöse Belange ständig mit politischen mischtâ. Trotzdem macht es Freude, einer sympathischen, hübschen jungen Frau beim Beten zuzuschauen, die sich aus dem Glauben heraus sozial engagiert. |
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