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JOSà GARCÃA Foto: Progress Film Unter dem Titel âPfarrerblock 25487. Dachau 1941â1942â wurden die Erinnerungen des luxemburgischen katholischen Geistlichen Jean Bernard erstmals im Jahre 1962 in Buchform veröffentlicht. Abbé Bernard hatte sie sich jedoch âgleich nach der Befreiung von der Seeleâ geschrieben. Sie waren denn auch bereits 1945 als Feuilleton-Folgen im âLuxemburgischen Wortâ erschienen. Die Tagebuch-artigen Eintragungen enthalten einen auÃergewöhnlichen Vorgang: Jean Bernard erhielt im Februar 1942 zehn Tage Urlaub, um zur Beerdigung seiner Mutter nach Luxemburg zu fahren. Nach den Erinnerungen des Pfarrers hing das Leben der anderen inhaftierten Priester von seinem Entschluss ab, aus dem Urlaub zurückzukehren. Die von Bernard geäuÃerte Vermutung, mit diesem âFreigangâ habe die Gestapo eine âUmschulungâ der luxemburgischen Priester und damit einen âPropagandaerfolgâ erzielen wollen, liefert die Grundlage für den mit dem diesjährigen Bernhard-Wicki-Preis ausgezeichneten Spielfilm von Völker Schlöndorff âDer neunte Tagâ, der im Sommer auf dem 22. Filmfestival München sowie auf dem internationalen Filmfest Locarno zu sehen war, und nun am Donnerstag im regulären Kinoprogramm startet. Das Lagerleben inszeniert Völker Schlöndorff im rasenden Tempo: Zwölf Minuten, die in den kältesten Farben und mit nervöser Handkamera aufgenommen sowie mit schnellen Schnitten montiert sind. Kahl geschorene Häftlinge in gestreifter Häftlingskleidung, eine heimliche Messe in der Baracke. Am Kreuz, das auf dem Lagerhof aufgerichtet ist, hängt ein Pfarrer mit Dornenkrone. Henri Kremer (wie Jean Bernard im Film heiÃt) wird dorthin kommandiert. Statt jedoch bestraft zu werden, erhält er neun Tage Urlaub. Bei diesen zwölf ersten Minuten von âDer neunte Tagâ handelt es sich um die nach Jahrzehnten ersten KZ- Bilder eines deutschen Regisseurs. âIch habe es nie für möglich gehalten, dass man das Leben im KZ überhaupt zeigen und inszenieren kann, dass man einfach behaupten kann, mit der Kamera im KZ zu sein. Andere haben es mir vorgemacht: Ich denke zum Beispiel an die Filme âSchindlers Listeâ und âDer Pianistâ. Daraufhin fühlte ich mich aufgefordert, das als Deutscher erst recht zu versuchenâ, erklärt Schlöndorff dazu. Im Unterschied zu den von Schlöndorff zitierten amerikanischen Filmen bilden in âDer neunte Tagâ die an die nüchternen, in knappen Sätzen gehaltenen Beschreibungen des luxemburgischen Pfarrers angelehnten Szenen lediglich eine Folie. Die allerdings weit mehr als eine bloÃe dramaturgische Einführung der Hauptfigur darstellt, helfen diese Bilder doch dem Zuschauer, den Konflikt des Pfarrers zu verstehen. Denn dorthin muss Henri Kremer zurückkehren, wenn er sich nicht auf die Einflüsterungen der Gestapo einlässt: Der Intellektuelle im katholischen Klerus soll den Luxemburger Bischof zur Kollaboration mit den Besatzern umstimmen. âDer neunte Tagâ konzentriert sich auf die Auseinandersetzung zwischen dem luxemburgischen Gestapochef Gebhardt (August Diehl) und Henri Kremer (Ulrich Matthes). Dass sich der Gestapochef, der kurz vor der Priesterweihe zur âReligion der Herrenmenschenâ übertrat, als überaus theologisch gebildet erweist, kann als groÃartiger Einfall der Drehbuchautoren Eberhard Görner und Andreas Pflüger angesehen werden. Weniger gelungen ist indes der weitere Kunstgriff der Autoren, Henri Kremer ein Schuldgefühl anzulasten: Zwar lässt sich dieses Schuldgefühl dramaturgisch hervorragend einsetzen, aber nach allem, was der Leser aus den Erinnerungen von Jean Bernard erfährt, wirkt es kaum glaubwürdig, dass er Monate lang diese Schuld mit sich alleine getragen haben soll, zumal er im âPfarrerblock 25487â von seinen häufigen Beichten berichtet. Jenseits des theologischen Disputs des Pfarrers mit Untersturmführer Gebhardt zielt âDer neunte Tagâ auch auf eine Revision von Rolf Hochhuths âDer Stellvertreterâ: zum ersten Mal seit Hochhuths Machwerk wird in einem deutschen Spielfilm, etwa in den Gesprächen mit dem Luxemburger Bischof, die Position des Vatikans nuanciert dargestellt. Im Vorfeld des Kinostarts von âDer neunte Tagâ wurde âPfarrerblock 25487â bei âéditions saint-paul luxembourgâ (zu beziehen über den Berliner Morus-Verlag) neu aufgelegt (3. Aufl. 2004). |
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