UNGLAUBLICHEN, DIE | The Incredibles
Filmische Qualität:   
Regie: Brad Bird
Darsteller: (dt. Stimmen) Markus Maria Profitlich, Katrin Fröhlich, Felicitas Woll, Marco Iannotta, Kai Pflaume, Barbara Schöneberger, Herbert Feuerstein, Manuel Straube
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 115 Minuten
Genre: Animation
Publikum: ohne Altersbeschränkung
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

Im Animationsfilm zeichnet sich trotz Warner-Filme (aktuell „Der Polarexpress“, siehe unten) ein Zweikampf zwischen DeamWorks und Pixar immer deutlicher ab: Brachte Spielbergs DreamWorks Mitte Oktober „Große Haie, kleine Fische“ in die Kinos und Anfang November „Shrek 2“ als DVD heraus, so startet nun im Kino der neue Paukenschlag von Pixar: „Die Unglaublichen - The Incredibles“ – der wohl vorletzte der fünf Animationsfilme, die sich Pixar vertraglich verpflichtet hatte, für Disney zu realisieren.

Während DreamWorks in allzu bekannten Wassern fischt – beim Sequel „Shrek 2“ und dem in derselben Unterwasserwelt wie „Findet Nemo“ angesiedelten „Große Haie – kleine Fische“ kann von Originalität nur bedingt gesprochen werden –, wechselt Pixar scheinbar mühelos das Genre und übertrifft sich selbst wieder einmal.

Nach Spielzeugen („Toy Story“, 1995 und „Toy Story 2“, 1999), Monstern („Die Monster AG“, 2001) und Fischen („Findet Nemo“, 2003) spielen im neuen Pixar-Film die Hauptrolle zum ersten Mal Menschen, wenn auch der besonderen Art: Superhelden, die dank des großen Erfolges etwa der „Spiderman“-Filme im Kino zurzeit hoch im Kurs stehen. Der berühmteste Superheld in „Die Unglaublichen“, Mr. Incredible, wird gefeiert wie ein Superstar. Als er aber eines Tages einen Selbstmörder gegen dessen Willen rettet, werden die Superhelden ins bürgerliche Leben abgeschoben. Nun muss Mr. Incredible gegen den Berufsverkehr statt gegen Einbrecher und sonstige Bösewichter kämpfen, sowie in einer Versicherungsfirma Aktenberge bewältigen und sich um sein Reihenhaus und um seine Familie kümmern.

Auch diese besitzt Superfähigkeiten: Mr. Incredibles Frau gehörte einst selbst als Elastigirl zu den Superhelden, ist aber fünfzehn Jahre später damit vollauf beschäftigt, sich um ihre pubertierende Tochter Violetta und ihren hyperaktiven Sohn Flash zu kümmern, die ihre eigenen Superkräfte – Violetta kann sich unsichtbar machen und sich und andere mit einem Kraftfeld schützen, Flash läuft unvorstellbar schnell – erst noch beherrschen lernen müssen. Nur Baby Jack-Jack scheint ganz normal zu sein, vorerst wenigstens. Klar, dass sich Mr. Incredible nach einer Gelegenheit sehnt, wieder als Superheld aufzutreten.

Dass „Die Unglaublichen“ mit enormem Detailreichtum in der Zeichnung den neuesten Stand der Animationstechnik darstellt, versteht sich von selbst. Doch dies ist bei einem Pixar-Film lediglich Mittel, nie Zweck an sich. Weit größere Aufmerksamkeit wird dem Drehbuch und der ausgefeilten Dramaturgie für Kinder und Erwachsene zugleich geschenkt. Der große Unterschied zwischen Pixar und DreamWorks liegt freilich in dem, was sie sich unter „Animationsfilme für Erwachsene“ vorstellen. Bei DreamWorks bedeutet dies vor allem Parodie, sei es auf klassische Märchen- („Shrek 1“) und Hollywood-Figuren („Shrek 2“) oder aber auf Mafiafilme („Große Haie – kleine Fische“). Dies drückt sich in tierischen Figuren mit den Gesichtszügen bekannter Schauspieler aus. Allerdings verpufft dieser Effekt in der Synchronisierung: Werden die Figuren nicht von den „deutschen Stimmen“ der US-Darsteller besetzt, so läuft das Konzept ins Leere.

Ganz anders die Pixar-Filmen, wie nun „Die Unglaublichen“ erneut unter Beweis stellt: Die Figuren besitzen einen universaleren Charakter. Deshalb lassen sie sich hervorragend „eindeutschen“, ob nun Markus Maria Profitlich „Mr. Incredible“ die Stimme leiht oder weitere Figuren von Kai Pflaume, Barbara Schöneberger und Herbert Feuerstein gesprochen werden.

Mit den fein ausgearbeiteten, mit menschlicher Tiefe ausgestatteten Figuren spricht „Die Unglaublichen“ wie schon „Findet Nemo“ allgemein gültige Fragen an. Handelte „Findet Nemo“ von einem Vater, der aus Liebe zu seinem Sohn seine eigenen Ängste überwindet, so ist „Die Unglaublichen“ wider den ersten Eindruck eigentlich kein Superhelden- sondern eher ein Familienfilm: Erst die gesamte Familie überwindet alle Gefahren im Kampf gegen den Oberschurken. Kommen ein durchgängiger, aber wohl dosierter Humor und eine wirkungsvoll eingesetzte Musik hinzu, dann ist das Ergebnis kaum zu übertreffen – es sei denn, dass es „Cars“, dem nächsten Film aus der Animationsschmiede, der 2005 in die Kinos kommen soll und zugleich der letzte „Pixar für Disney“-Film sein wird, wieder einmal gelingt, neue Maßstäbe zu setzen. Gerne lassen wir uns überraschen.
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