IN 80 TAGEN UM DIE WELT | Around the World in 80 Days
Filmische Qualität:   
Regie: Frank Coraci
Darsteller: Jackie Chan, Steve Coogan, Jim Broadbent, Cécile de France, Ian McNeice, David Ryall, Arnold Schwarzenegger, Kathy Bates
Land, Jahr: USA 2004
Laufzeit: 120 Minuten
Genre: Literatur-Verfilmungen
Publikum: ohne Altersbeschränkung
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Universum

Unter den mehr als ein Dutzend Verfilmungen des beliebten Jules-Verne-Werks „In 80 Tagen um die Welt“ ragt die im Jahre 1956 unter der Regie von Michael Anderson entstandene Version heraus: Sie gewann bei der Oscarverleihung 1957 fünf Statuetten (darunter in den Kategorien „Bestes Drehbuch nach einer Vorlage“ und „Bester Film“).

Frank Coraci hat ein modernisiertes Remake „für die ganze Familie“ gedreht, das nun im deutschen Kino anläuft. Darin mutiert Phileas Fogg vom arroganten Gentleman, der in der Filmfassung von 1956 mit seiner typisch englischen Unterkühltheit von David Niven kongenial in Szene gesetzt wurde, zu einem schrulligen, etwas verklemmten Erfinder (Steve Coogan). Foggs Butler Passepartout, der in Andersons Film vom Mexikaner Cantinflas verkörpert wurde, wird nun von Martial-Arts-Spezialist Jackie Chan gespielt, wodurch sich die Komik vom sprachlichen in den motorischen Bereich verlagert. Damit die Romantik nicht zu kurz kommt, stellt die Neuverfilmung beiden Männern die hübsche französische Malerin Monique zur Seite, die von Cécile De France genretypisch verkörpert wird: süß-naiv an der Oberfläche, im entscheidenden Augenblick jedoch so richtig resolut.

Wie im Original geht die Weltumrundung auf eine Wette zurück, die in einem Heißluftballon beginnt und mit diversen Verkehrsmitteln fortgesetzt wird: in Montgolfière geht die Reise Richtung München weiter, von dort mit dem Orientexpress nach Konstantinopel, von hier aus nach Indien und China sowie in die Vereinigten Staaten. Dadurch liefert „In 80 Tagen um die Welt“ Gelegenheit, exotische Schauplätze zu besichtigen, die anno 2004 reich ausgestattet und mit Hilfe des Computers ausgestaltet wurden.

Zu den Unwägbarkeiten, denen die drei Protagonisten auf einer solchen Weltreise im 19. Jahrhundert begegnen, gesellen sich die Hindernisse, die der Leiter der Königlichen Akademie der Wissenschaften Lord Kelvin (Jim Broadbent), mit dem Phileas Fogg die Wette geschlossen hat, durch den tolpatschigen Inspektor Fix dem Trio in den Weg legt.

Dies stellt jedoch lediglich eine der Handlungen im Film dar, besteht „In 80 Tagen um die Welt“ doch aus zwei Parallelsträngen: Der zweite handelt von der Geschichte Passepartouts, der sich Phileas Fogg als Butler andient, um der Polizei zu entkommen. Denn der Chinese hat in der Bank of England einen Jade-Buddha gestohlen, den er in seine Heimat zurückbringen will, um sein Dorf zu retten. Hinter dem Jade-Buddha sind allerdings auch die Schergen der chinesischen Despotin General Fang her, was zu vielen Verfolgungsjagden und Kampfszenen führt – nicht umsonst wurde die Figur des Passepartout mit dem Kung-Fu-Star Jackie Chan besetzt.

Dass „In 80 Tagen um die Welt“ Jackie Chan und nicht Steve Coogan als Hauptdarsteller führt, lässt aufhorchen: Nicht die märchenhafte Komödie, sondern eher der Actionfilm übernimmt den Hauptpart. Daran krankt im Grunde der Film: Zwar fließt kein Blut, doch die Prügelelemente etwa in der Kampfszene in China, in der die wahre Identität von Passepartout gelüftet wird, nehmen sich für einen Familienfilm schon eine Spur zu heftig aus.

Die eigentlichen Höhepunkte dieser 100 Millionen Dollar teuren Produktion liefern indes weder die Abenteuer noch das naive Produktionsdesign, das reine Klischees in süßliche Postkartenidyllen umsetzt, sondern die zahlreichen Gastauftritte, etwa von Kathy Bates als Königin Victoria, von John Cleese als Sergeant, von Rob Schneider als Stadtstreicher oder von den Schauspielbrüdern Luke und Owen Wilson als Wright-Brüder. Besonders sehenswert: Arnold Schwarzenegger in seiner vorerst letzten Filmrolle, bevor er Gouverneur von Kalifornien wurde, als türkischer Prinz Hapi, der Monique kurzerhand seinem Harem einverleiben möchte. Solche so genannte Cameo-Auftritte verleihen dem Film eine Selbstironie, die ihm sonst abgeht.

Immerhin besitzt „In 80 Tagen um die Welt“ nicht nur Unterhaltungswert. Obwohl der Film Foggs Charakterwandlung kaum Aufmerksamkeit zollt, gewinnt der Erfinder doch Selbsterkenntnis und lernt den Wert wahrer Freundschaft kennen.
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