SYRISCHE BRAUT, DIE | The Syrian Bride
Filmische Qualität:   
Regie: Eran Riklis
Darsteller: Hiam Abbass, Makram J. Khoury, Clara Khoury, Ashraf Barhoum, Eyad Sheety, Evelyne Kaplun
Land, Jahr: Israel / Deutschland / Frankreich 2004
Laufzeit: 97 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: ---


JOSÉ GARCÍA
Foto: timebandits films

Aus den abendlichen Fernsehnachrichten kennen wir Israel als ein von Straßensperren und Polizeikontrollen zerrissenes Land. Einen eindringlichen Einblick in den Alltag inmitten dieser abnormen Situation kann der Spielfilm bieten: Zwar sind seine Geschichten fiktionaler Natur, aber die darin vorkommenden Figuren und Situationen tragen dazu bei, die Lebensbedingungen in der Region besser zu verstehen.

In das surreale Bild, das etwa „Rana’s Wedding. Jerusalem, another day“ (2002) zeigte, stimmt nun Eran Riklis „Die syrische Braut“ ein, der diese Woche im deutschen Kino startet. Wie in „Rana’s Wedding“ spielt Clara Khoury auch im Spielfilm „Die syrische Braut“ eine junge Frau am Tag ihrer Hochzeit. Diesmal ist die Handlung allerdings nicht in Jerusalem, sondern in einem Dorf in den ursprünglich zu Syrien gehörenden, von Israel seit dem Ende des Sechs-Tage-Krieges 1967 besetzten Golanhöhen angesiedelt.

Dort lebt die im Jahre 1010 aus dem Islam abgespaltene Religionsgemeinschaft der Drusen, deren Angehörige hauptsächlich im Libanon, in Syrien und Israel ansässig sind. Auf dem Golanhöhen machen sie ca. 55% der Gesamtbevölkerung aus.

In Majdal Shams, einem kleinen Ort direkt an der syrischen Grenze bereitet sich eine drusische Familie auf die Hochzeit der Tochter Mona mit einem entfernten Verwandten, dem syrischen Fernsehstar Talal, den sie nur aus dem Fernsehen kennt, vor. Sobald Mona freilich einmal nach Syrien eingereist ist, wird sie ihr Rückkehrrecht in die Heimat verwirken. So stellt ihre Hochzeit zugleich ein Abschied für immer von der eigenen Familie dar.

Den eigentlichen Mittelpunkt bildet indes Monas Schwester Amal (Hiam Abbass), die mit ihrem Mann Amin in Streit liegt, weil sie sich gegen seinen Willen um einen Studienplatz an der Universität Tel Aviv beworben, und auch erhalten hat. Monas Brüder Marwan und Hattem reisen aus dem Ausland an: der Möchtegern-Frauenheld Marwan ist in Italien in zwielichtige Geschäfte verwickelt und gibt sich selbst als erfolgreicher Geschäftsmann aus. Hattem arbeitet als Rechtsanwalt in Russland und bringt seine Frau Evelyn und seinen kleinen Sohn mit. Weil Evelyn keine Drusin ist, gilt Hattem in den Augen seines Vaters sowie der Dorfältesten als Verstoßener. Fadhi, der jüngste Bruder, lebt gar nicht so weit weg und ist trotzdem unerreichbar: Er ist Soldat der syrischen Armee und auf der anderen Seite der Grenze stationiert. Er kann nur mittels Lautsprecher und Fernglas an den Vorbereitungen teilnehmen.

Beiderseits der Grenze stehen die Familien der Brautleute und unterhalten sich mit Megaphon, während die Vertreterin der UN den Ausweis der Braut zwischen den israelischen und syrischen Grenzbeamten hin und her trägt, um die für den Grenzübertritt der Braut notwendigen Eintragungen vornehmen zu lassen.

In diesem mit dem Publikumspreis beim 57. Filmfestival Locarno 2004 sowie mit dem Hauptpreis „Grand Prix of the Americas“, dem Preis der Filmkritiker und dem Preis der Ökumenischen Jury beim Filmfestival Montreal 2004 ausgezeichneten Film erzählt Regisseur Eran Riklis sensibel, aber ohne Sentimentalität von den alltäglichen Unmenschlichkeiten, die die politische Situation im Nahen Osten von den Menschen abverlangt, sowie von grotesk-bürokratische Hürden, etwa als am israelisch-syrischen Grenzposten unerwartet Schwierigkeiten mit Monas Papieren auftauchen.

Dadurch führt der Film die groteske Politik Israels und Syriens vor: Regeln, die das Zusammenleben der Bevölkerung ordnen sollen, werden ad absurdum geführt. Dafür setzt Riklis einfache visuelle Mittel ein, konzentriert sich vorwiegend auf die Schauspielkunst seines starken Ensembles.

Trotz der vorherrschenden Melancholie und der Traurigkeit, die der Abschied bei der Braut hervorruft, bricht sich im Film der Humor Bahn. Immer wieder entdeckt er Atempausen, Möglichkeiten aus der Ausweglosigkeit herauszukommen, Hoffnung.
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