|
||||||||||||||||
JOSà GARCÃA Foto: Solo Film Im US-amerikanischen Film wirkte der Vietnamkrieg lange nach: Der Veteran, den die traumatischen Kriegserlebnisse in Vietnam zu einem âRamboâ werden lieÃen, und sich deshalb in seinem früheren Leben nicht mehr zurechtfand, wurde zu einer festen Gestalt im Hollywood-Kino der siebziger und achtziger Jahre. Was europäische Soldaten im Blauhelmeneinsatz etwa im Kosovo, im Irak oder Afghanistan erlebt und wie sich diese Erlebnisse auf ihr Leben ausgewirkt haben, hat das Kino hingegen bislang noch nicht behandelt. Susanne Biers beim Internationalen Filmfestival San Sebastian mit der Silbernen Muschel sowie mit dem Publikumspreis als âBester internationaler Filmâ beim Filmfestival in Sundance ausgezeichneter Spielfilm âBrothers â Zwischen Brüdernâ schlieÃt nun diese Lücke. Die Brüder, von denen Susanne Biers Spielfilm handelt, könnten kaum unterschiedlicher sein: Michael Lundberg (Ulrich Thomsen) ist Offizier bei der dänischen Armee, glücklich verheiratet mit der schönen Sarah (Connie Nielsen) und ein fürsorglicher Vater seiner zwei aufgeweckten Töchter. Michaels jüngerer Bruder Jannik (Nikolaj Lie Kaas) hat gerade eine Gefängnisstrafe wegen Banküberfalls hinter sich und versucht nach seiner Entlassung, seinen Platz im Leben zu finden. Doch dann wird Michaels Einheit zu einem UN-Einsatz nach Afghanistan abkommandiert. Als sein Hubschrauber abgeschossen wird, gilt Michael als vermisst und wird für tot erklärt. Jannik kümmert sich liebevoll um die Familie seines Bruders, womit er endlich einen Lebensinhalt gefunden zu haben scheint. Als sich Sarah und Jannik anzunähern beginnen, geschieht das Unerwartete: Michael wird aus den Händen der Taliban befreit. Aus der Gefangenschaft kehrt jedoch ein völlig fremder und traumatisierter Michael zurück. Der starke Charakter ist zu einem geistigen Krüppel geworden. In der Zwischenzeit hat sich indes auch Jannik verändert, das schwarze Schaf der Familie avanciert zum verantwortungsvolleren der zwei Brüder. Mit einer üblichen Dreiecksgeschichte hat Susannes Biers âBrothersâ nicht das Geringste zu tun. In düsteren Farben, die mit den Szenen unter der gleiÃenden Sonne im afghanischen Gefangenenlager kontrastieren, erzählt die Regisseurin eine Geschichte, die zwar auch Schwachstellen im Drehbuch besitzt, aber den Zuschauer von Anfang an emotional berührt. Dazu trägt einerseits das intensive Schauspiel der hervorragenden Darsteller entscheidend bei, wobei sich mit âBrothersâ Ulrich Thomsen endgültig in die erste Liga der europäischen Charakterdarsteller spielt. Aber auch Nikolaj Lie Kaas und insbesondere Connie Nielsen gestalten ihre Figuren völlig glaubwürdig. Andererseits verrät die verdichtete Atmosphäre von âBrothersâ auch den Einfluss der âDogmaâ-Bewegung, die 1995 von Lars von Trier und zwei weiteren dänischen Regisseuren ins Leben gerufen wurde, und die für Authentizität im Film eintritt: Die grobkörnigen, verwackelten Bilder der Handkamera spiegeln die wackeligen Gefühle der Hauptakteure wider. Keine groÃe Landschaftsaufnahmen, keine lange Kamerafahrten zeichnen das visuelle Konzept des Filmes aus. Stattdessen konzentriert die Regisseurin ihre Kamera auf GroÃaufnahmen der Darsteller. Der sparsame Einsatz von Musik verhindert zudem die in den meisten Hollywoodfilmen übliche überzogene Dramatiserung. In der Tradition des skandinavischen Kinos behandelt âBrothers â Zwischen Brüdernâ universelle Fragen wie Einsamkeit und Schuld. âBrothersâ macht allerdings darüber hinaus die Spuren, die der Krieg in der Seele hinterlassen hat, deutlich. Denn der Film zeigt, âwie internationale Konflikte, über die wir täglich in der Zeitung lesen, in einen alltäglichen Kontekt hinein brechen und alles verändernâ (Susanne Bier). Dadurch bringt die Regisseurin in den zeitgenössischen europäischen Film ein neues Sujet ein, womit sie einen neuen Kinotrend begründen könnte. |
||||||||||||||||
|