BRUCE ALLMÄCHTIG | Bruce Almighty
Filmische Qualität:   
Regie: Tom Shadyac
Darsteller: Jim Carrey, Jennifer Aniston, Morgan Freeman, Mark Adair-Rios, Lisa Ann Walter, Philip Baker Hall, Catherine Bell, Sally Kirkland
Land, Jahr: USA 2003
Laufzeit: 101 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S


JOSÉ GARCÍA
Foto: Buena Vista International

Die Darstellung Gottes im modernen Film als ältlicher Herr in Straßenanzug und Krawatte – wie etwa in „Time Bandits“ (Terry Gilliam, 1981) – löst am ehesten Unbehagen aus: wenigstens respektlos scheint eine solche Art, im wörtlichen Sinne „den lieben Gott einen guten Mann“ sein lassen zu wollen. Im Spielfilm „Bruce Allmächtig“, der in den Vereinigten Staaten Einspiel-Rekorde aufgestellt hat und seit vergangener Woche im deutschen Kino läuft, begegnet nun wieder Gott in schneeweißem Anzug und blendend weißem Schlips, verkörpert von Morgan Freeman.

In „Bruce Allmächtig“ schreitet Gott ein, um Bruce Nolan (Jim Carrey) eine Lektion zu erteilen. Bruce arbeitet als Reporter bei einem TV-Sender im provinziellen Buffalo, ist aber mit seiner beruflichen Position höchst unzufrieden: Als er sich bei der Neubesetzung des Nachrichtensprecher-Postens übergangen fühlt und dann sogar seine Stelle verliert, macht er Gott für sein Pech verantwortlich.

Regisseur Tom Shadyac beruft sich auf einen der ganz großen Spielfilme, Frank Capras „It’s a Wonderful Life“ („Ist das Leben nicht schön?“, 1946), indem er ihn visuell zitiert. In Capras Meisterwerk haderte James Stewart mit seinem Versagen; sein Schutzengel hält ihn vom Selbstmord ab und zeigt ihm, was seine vermeintlich gescheiterte Existenz doch alles gewirkt hat. In „Bruce Allmächtig“ gehen Drehbuchautoren und Regisseur einen Schritt weiter: Nicht Bruces Schutzengel offenbart sich ihm, sondern Gott persönlich überträgt Bruce seine Allmacht, wobei ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass er den freien Willen der Menschen nicht beeinflussen kann.

Mag Tom Shadyac Capras „Ist das Leben nicht schön?“ als großes Vorbild angesehen haben, an diesen Klassiker reicht „Bruce Allmächtig“ nicht heran. In seiner Erzählstruktur hat sich „Bruce Allmächtig“ eher von einem viel moderneren Spielfilm inspirieren lassen: In Harold Ramis’ „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993) erlebte TV-Wetterfrosch Phil Connors denselben Tag immer wieder neu, wodurch er sich gewissermaßen allmächtig fühlte: so rüpelhaft er sich auch immer benahm – am nächsten Morgen begann derselbe Tag von neuem. Erlöst wurde Phil erst, als er eine Katharsis durchgemacht hatte, als er endlich geläutert war.

Wie Phil Connors in „Und täglich grüßt das Murmeltier“, so nutzt auch Bruce Nolan die neue Macht zunächst zu seinem eigenen Vorteil. Auch er benimmt sich recht flegelhaft – zehn Jahre nach Ramis’ Film sind die Späße noch derber geworden. Im Beruf macht er nicht nur verlorenen Boden wieder gut – Bruce wird gar als „Mr. Exclusiv“ gefeiert, denn wohin er auch immer fährt, trifft er als erster auf die unglaublichsten Nachrichten. Mit seinen allmächtigen Kräften sorgt Bruce Nolan darüber hinaus dafür, dass sich sein Konkurrent, der neue Nachrichtensprecher, vor laufender Kamera so sehr blamiert, dass er selbst doch noch auf dem Stuhl des Nachrichtensprechers Platz nehmen darf.

Allerdings ist Bruce Nolan mit sich selbst und mit seiner Karriere so sehr beschäftigt, dass er die Pflichten übersieht, die ihm Gott auferlegt hatte: um die Gebete der Menschen loszuwerden, antwortet er einfach auf alles mit „Ja“ – was zu Katastrophen führt. Darüber hinaus vernachlässigt er auch seine liebenswürdigen Freundin mit dem symbolträchtigen Namen Grace (Jennifer Aniston), die auf den fälligen Heiratsantrag wartet. Irgendwann einmal geht ihre Geduld zur Neige. Und da Bruce in ihren Willen nicht eingreifen darf, muss er Grace/Gnade wieder gewinnen.

So beginnt Bruces Läuterungsweg, der ab etwa der Filmmitte mit bis dahin kaum zu erwartender Tiefe einsetzt. Nicht nur die Anspielungen werden stimmiger: hatte Bruce eingangs die Tomatensuppe und anschließend den täglichen Verkehrsstau gleich dem Roten Meer geteilt, so lehnt er auf einer Party an der Plastik eines goldenen Kalbes, als sich die Versuchung in der Person der attraktiven Kollegin einstellt. Auch der Ton wird ernsthafter. „Wie machst Du, dass man Dich liebt, ohne in den freien Willen einzugreifen?“, wird Bruce Gott fragen, ehe er schließlich den in einem Hollywood-Film unerhörten Satz spricht: „Ich beuge mich deinem Willen. Tu mit mir, was Du für richtig hältst.“

Hinter seiner flapsigen Fassade erweist sich „Bruce Allmächtig“ als eine durchaus moralische Erzählung, in der nicht nur das Gebet eine zentrale Rolle einnimmt, sondern auch mit erstaunlicher Natürlichkeit vom Sinn des Betens und dem Zusammenhang zwischen Gnade und freiem Willen die Rede ist.
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