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JOSà GARCÃA Foto: rapide eye movies Der Spielfilm über Kinder, der bewusst nicht als Kinderfilm inszeniert wird, sondern Erwachsene zum Nachdenken anregen soll, ist mit dem iranischen Kino einer Samira Makhmalbaf (âDer Apfelâ, âSchwarze Tafelnâ, âFünf Uhr am Nachmittagâ), eines Bahman Ghobadi (âDie Zeit der trunkenen Pferdeâ, ab Mai âSchildkröten können fliegenâ) oder auch eines Madji Majidi (âKinder des Himmelsâ, âDie Farben des Paradiesesâ) eng verbunden. Nun startet im deutschen Kino ein japanischer Spielfilm mit demselben Sujet: der mit dem Preis für den Besten Hauptdarsteller beim Filmfestival Cannes 2004 sowie mit dem âGrossen Preis für den besten Filmâ in Gent 2004 ausgezeichnete japanische Film âNobody Knowsâ, in dessen Mittelpunkt vier auf sich allein gestellte Kinder in einer japanischen GroÃstadt stehen. Eine junge Mutter zieht mit ihrem zwölfjährigen Sohn Akira in ein kleines Appartement. Ihr Mann sei auf Geschäftsreise, erzählt sie den Nachbarn. Dass dies nicht stimmt, erfährt der Zuschauer spätestens, als kurze Zeit später in der neu bezogenen Wohnung die sechsjährige Yuki und der achtjährige Shigeru aus zwei Koffern herauskommen. Als abends Akira die zehnjährige Kyoko vom Bahnhof abholt, ist die Familie vollzählig. Weil die vier Kinder von verschiedenen Männern abstammen und sich keiner von diesen um sie kümmert, sieht sich die Mutter gezwungen, deren Existenz zu verheimlichen. Deshalb müssen sich die Kinder immer in der engen Wohnung aufhalten. Nicht einmal auf den Balkon dürfen sie, damit sie nicht gesehen werden. Lediglich Akira besitzt StraÃenschuhe, denn er besorgt die Einkäufe. In die Schule darf allerdings auch er nicht â zu groà ist die Verantwortung für seine Halbgeschwister, zu sehr ist er mit dem Haushalt beschäftigt. Es ist Herbst und das Leben in der kleinen Wohnung scheint zu funktionieren. Als jedoch die Mutter einen neuen Mann kennenlernt, verschwindet sie; sie hinterlässt etwas Geld und eine Notiz, in der sie den 12-jährigen Akira beauftragt, auf seine jüngeren Geschwister aufzupassen. Zwar taucht die Mutter einmal wieder auf, aber lediglich, um ihre Wintersachen hastig zu packen. Von nun an sind die vier Kinder auf sich allein gestellt. Während die Jahreszeiten verstreichen, erlebt der Zuschauer den Ãberlebenskampf und die schleichende Verwahrlosung der Kinder â bis zum heiÃen Sommer ohne Strom und flieÃendes Wasser in der Wohnung. Die Kamera richtet ihr aufmerksames Auge auf Details, auf GroÃaufnahmen etwa von FüÃen und Händen, womit der klaustrophobische Eindruck verstärkt wird â etwa siebzig Prozent des Films entstanden im kleinen Appartement. Selten wagt sich die Kamera nach auÃen, um dann vor allem immer wieder den Gang Akiras aus der Wohnung zu den täglichen Besorgungen zu zeigen. Noch seltener sind Totalen, die einen Eindruck von der GroÃstadt vermitteln. Denn den Regisseur interessiert der Mikrokosmos, in dem die Kinder ihren Alltag zu meistern suchen. Mit schnellen Schnitten skizziert zu Beginn Hirokazu Kore-Eda einen solchen Tag, bei dem die Kinder den fehlenden geregelten Alltag durch liebevolles Miteinander ersetzen. Regisseur Kore-Eda ist ein poetisch-meditativer Film gelungen, bei dem mit wenig Handlung die Gefühle der in Nahaufnahmen gezeigten Gesichter seiner Kinderdarsteller sichtbar werden. Mit einer wirkungsvollen, nie aufdringlichen Musik konzentriert sich âNobody Knowsâ auf die Stärken des Mediums Films, auf kraftvolle Bilder. Die auf wahren Tatsachen beruhende Handlung von âNobody Knowsâ besitzt eine enorme gesellschaftspolitische Brisanz. Denn der Film zeigt eine Gesellschaft, in der die Erwachsenen in ihrem beinah krankhaften Streben nach persönlicher Befriedigung ihre eigenen Kinder vernachlässigen. Und doch geht es Regisseur Kore-Eda vor allem darum, âdie Entwicklung eines Jungen zu zeigen, der einen Prozess durchläuft. Er wird gezwungen, selbstständig zu werden und seinen Weg zu finden. Dies tut er, indem er sich von einem Jungen zu einem jungen Erwachsenen wandelt. Diese allgemeingültige Geschichte war auch das, was mich an dem Film gereizt hat.â Mit dem zu Recht in Cannes ausgezeichneten Laiendarsteller Yuya Yagira ist ihm das hervorragend gelungen. |
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