HOTEL RUANDA | Hotel Rwanda
Filmische Qualität:   
Regie: Terry George
Darsteller: Don Cheadle, Sophie Okonedo, Joaquin Phoenix, Desmond Dube, David O'Hara, Cara Seymour, Hakeem Kae-Kazim, Nick Nolte
Land, Jahr: Südafrika / Großbritannien / Italien 2004
Laufzeit: 121 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G +


JOSÉ GARCÍA
Foto: Tobis

„Sie sagen: ‚Es ist schrecklich‘. Und essen dann weiter zu Abend.“ Diese Worte, die Regisseur Terry George in seinem Spielfilm „Hotel Ruanda“ einem (von Joaquin Phoenix dargestellten) amerikanischen Journalisten in den Mund legt, bringen die Gleichgültigkeit der Weltöffentlichkeit gegenüber dem Völkermord an den Tutsis im Jahre 1994 – dem weltweit blutigsten Konflikt der letzten Jahrzehnte – hervorragend auf den Punkt.

Ruanda im April 1994: Nach dem ungeklärten Attentat auf das Flugzeug des damaligen Präsidenten ergreift die Bevölkerungsmehrheit der Hutus die Gelegenheit, die verhasste, politisch und wirtschaftlich dominierende Minderheit der Tutsis zu vernichten. Vor den Augen der Vereinten Nationen, die sich nicht zum Eingreifen durchringen konnten, wurden zwischen Mai und Juli 1994 rund 800 000 Menschen grausam, meistens mit Macheten, ermordet.

Dass in solchen Ausnahmesituationen jedoch auch Menschen über sich hinaus wachsen können und durch ihr mutiges Eingreifen Menschenleben retten, wissen wir nicht erst durch Steven Spielbergs „Schindlers Liste“ oder Roman Polanskis „Der Pianist“. In diese Tradition eines Oskar Schindler oder eines Wilm Hosenfeld reiht sich der Manager des Luxushotels „Des Mille Collines“ Paul Rusesabagina ein. Der auf wahren Tatsachen beruhende Spielfilm „Hotel Ruanda“ setzt ihm durch eine für Hollywood typische Verknüpfung der „großen“ Geschichte mit einem persönlichen Schicksal ein filmisches Denkmal.

Paul Rusesabagina (Don Cheadle), Manager eines zum Sabena-Konzern gehörenden Vier-Sterne-Hotels in Ruanda, hat durch sein diplomatisches Geschick das „Des Mille Collines“-Hotel zu einem Ruhepol mitten im schwelenden Konflikt zwischen Hutus und Tutsis gemacht. Paul selbst ist Hutu, seine Frau Tatiana (Sophie Okonedo), mit der er glücklich verheiratet ist, aber Tutsi. Als Hutu Milizen durch die Straßen ziehen und wahllos Tutsis ermorden, zieht er sich mit seiner Familie und einigen Tutsi-Nachbarn in das von Blauhelmen gesicherte Hotel zurück.

Dem Kommandanten der Blauhelme, dem kanadischen Colonel Oliver (Nick Nolte), wird die Ankunft von internationalen Truppen gemeldet. Doch diese entpuppen lediglich sich als Schutz für Touristen – für die einheimische Bevölkerung sind sie nicht zuständig. An Paul Rusesabagina allein liegt es, das Leben von mehr als 1 200 Menschen zu schützen.

So unglaublich die Geschichte anmuten mag: Sie ist größtenteils wahr. Der „echte“ Paul Rusesabagina, der mit seiner Familie heute in Belgien lebt, stand den Drehbuchautoren als Berater zur Seite. Der Film konzentriert sich vorwiegend auf eine Familiengeschichte: auf die Geschichte von Paul und Tatiana, die von Don Cheadle und Sophie Okonedo grandios gespielt werden – Zu Recht wurden die beiden für diese Rollen für den Oscar nominiert.

Die Kamera übernimmt ihren Standpunkt, von dem aus die Geschichte des Völkermordes geschildert wird, wobei die Stärke des Filmes gerade in der zurückhaltenden Darstellung des Grauens liegt: Der irische Regisseur Terry George braucht keine Massaker zu inszenieren. Die Angst der Menschen, die gewalttätigen Trennungen etwa von weißen und schwarzen Missionsschwestern reichen aus, um die Gräueltaten in der Vorstellung des Zuschauers entstehen zu lassen. Die Einspielung der Hassreden im Hutu-Radiosender sowie die Übernahme der mit der Handkamera eines westlichen Reporterteams gedrehten Szenen verleihen dem Film zusätzliche Unmittelbarkeit.

Dass allerdings diese für sich sprechende, eindringliche Bilder mit bisweilen unerträglich emotionalisierender Musik unterlegt werden, stellt eine der wenigen Schwächen dieses großartigen Filmes dar, der hoffentlich seine Wirkung nicht verfehlt: Für aktuelle Krisen wie derzeit im Sudan und in Kongo zu sensibilisieren. Darauf machte Regisseur Terry George im Anschluss an die Vorführung von „Hotel Ruanda“ bei der Berlinale aufmerksam. Mit seinem Film möchte er die Gleichgültigkeit der Weltöffentlichkeit, die im Satz des amerikanischen Reporters in seinem Film zum Ausdruck komme, überwinden helfen.
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