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JOSà GARCÃA Foto: UIP Dass eine UN-Dolmetscherin eine Unterhaltung in einem seltenen afrikanischen Dialekt beiläufig mitbekommt, bei der es um die Planung eines Attentates auf das Staatsoberhaupt eines (fiktiven) Kleinstaats anlässlich seiner Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen geht, und dadurch selber ins Visier der im Dunklen sitzenden Verschwörer gerät, hört sich ziemlich unwahrscheinlich an. So unwahrscheinlich, dass das FBI der Dolmetscherin Silvia Broom (Nicole Kidman) nicht recht glauben mag. Halb zu deren Schutz, halb zu deren Observierung wird ihr deshalb der Bundesagent Tobin Keller (Sean Penn) samt Kollegin Dot Woods (Catherine Keener) zur Seite gestellt. Als Keller anfängt, über Silvias Vergangenheit zu recherchieren, kommen ihm immer mehr Zweifel an der Rolle, die seine Hauptzeugin bei der vermeintlichen Verschwörung spielt. Denn Silvia hat nicht nur mehr mit dem afrikanischen Kleinstaat zu tun, als sie zugeben möchte, sondern ist darüber hinaus in ein Netz globaler Beziehungen verstrickt. Der siebzigjährige Sydney Pollack gewann zwar seinen bislang einzigen Regie-Oscar mit âJenseits von Afrikaâ (1985) und wurde mit Komödien wie âTootsieâ (1982) weltberühmt, einen Namen hat er sich jedoch vor allem mit Thrillern gemacht: âDie drei Tage des Condorâ (1975), âDie Sensationsreporterinâ (1981) und âDie Firmaâ (1993) gehören zu den spannendsten Werken dieses Genres. In den letzten Jahren betätigte sich Pollack allerdings vorwiegend als Produzent und gelegentlich auch als Schauspieler, so dass er seit 1993 lediglich zweimal â beim Remake âSabrinaâ (1995) sowie bei âBegegnung des Schicksalsâ (1999), die freilich sowohl bei der Kritik als auch beim Publikum kein besonders positives Echo hervorriefen â Regie führte. Nun knüpft der Altmeister mit seinem neuen Spielfilm an das Genre an, das er am besten beherrscht: den Politthriller, den er in âDie Dolmetscherinâ gründlich aktualisiert. Schilderte Pollack in âDie drei Tage des Condorâ ein durch eine miÃlungene CIA-Operation furchteinflöÃendes politisches Szenarium an, geiÃelte er in âDie Firmaâ (nach einer Vorlage von John Grisham) die Machenschaften der Weltkonzerne, so siedelt er âDie Dolmetscherinâ in einem Umfeld an, das die Rolle als âinnerer Zirkel der Machtâ in unserer globalisierten Welt symbolisiert: im Hauptquartier der Vereinten Nationen. Obwohl Sydney Pollack als erster Regisseur überhaupt die Genehmigung erhielt, im UN-Hauptgebäude einen Spielfilm zu drehen, stellt dies der Altmeister keineswegs zur Schau. Das Gebäude hilft dem Regisseur etwa dazu, in einer meisterhaften Sequenz den in einer solchen internationalen Organisation herrschenden Sprachenwirrwarr zu verdeutlichen, was insofern Sinn hat, als er mit dem Sujet seines Filmes eng verknüpft ist. Wie bereits âDie drei Tage des Condorâ bewegt sich âDie Dolmetscherinâ auf dem schmalen Grat eines jeden Thrillers, der dem Zuschauer keinen Wissensvorsprung gegenüber den Figuren gewähren soll, ohne dass dieser jedoch den Ãberblick verliert. Pollack und seinen Drehbuchautoren Charles Randolph, Scott Frank und Steven Zaillian ist eine intelligente Geschichte gelungen, die zwar in ihrer Komplexität teilweise zu verwirren droht, die sich aber zuletzt zu einem stimmigen Ganzen fügt. âDie Dolmetscherinâ lebt indes auch vom Aufeinanderprallen zweier unterschiedlicher Charaktere: Die Dolmetscherin Silvia Broome stellt die Welt des Wortes, der Polizist Tobin Keller die der Tat dar. Dass die Begegnung dieser beiden Menschen, die je eine traumatische Vergangenheit zu verarbeiten haben, nicht den Gesetzen des Mainstream unterworfen, sondern sehr differenziert gezeichnet wird, verdankt âDie Dolmetscherinâ der erstklassigen Besetzung der Rollen, aber auch der Schauspielführung eines groÃen Regisseurs. |
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