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JOSà GARCÃA Foto: Peripher Die Verleihung des diesjährigen französischen Filmpreises endete mit einer Ãberraschung: Statt der favorisierten âMathilde â Eine groÃe Liebeâ (siehe Filmarchiv) und âDie Kinder des Monsieur Mathieuâ (siehe Filmarchiv) wurde als âbester französischer Filmâ ein eher kleiner Film ausgezeichnet, der darüber hinaus in drei weiteren Kategorien ebenfalls einen âCésarâ mit nach Hause nehmen konnte: âLâEsquiveâ des 1960 in Tunis geborenen, in Südfrankreich aufgewachsenen Abdellatif Kechiche gewann noch die Preise für âbeste Regieâ, âbestes Drehbuchâ sowie für die âbeste Nachwuchsdarstellerinâ (Sara Forestier). âLâEsquiveâ (esquiver: âausweichenâ, umgangssprachlich âsich drückenâ, âkneifenâ) beobachtet eine Gruppe junger Leute um den 15-jährigen Krimo (Osman Elkharraz) und seine Freunde, deren Leben sich fast ausschlieÃlich in der geschlossenen Welt einer Plattenbausiedlung in einem Pariser Vorort abspielt. Während ihre Eltern, allesamt Einwanderer, in ihren kleinen Wohnungen von der Heimat träumen, versuchen die Kinder, sich darin einzurichten. Der Film folgt Krimo just an dem Tag, an dem seine Freundin Magalie (Aurélie Ganito) mit ihm Schluss macht. Obwohl Krimo als besonders introvertiert gezeichnet wird, verliebt er sich schnell in eine andere: Das blonde Energiebündel Lydia (Sara Forestier) bittet ihn, sie zu einer Probe für die Laien-Aufführung des populären französischen Klassikers âDas Spiel von Liebe und Zufallâ (âLe jeu de lâamour et du hasardâ von Pierre Carlet Chamblain de Marivaux, 1730) zu begleiten, der vom Rollentausch von Dienern und Herren handelt. Weil Krimo nicht gerade redegewandt ist, besticht er den Jungen, der die Rolle des Arlekin spielen soll, um beim Stück mitmachen und so Lydia näher kommen zu können. Krimo erweist sich jedoch als miserabler Schauspieler, der bei den Proben die Lehrerin, die das Stück mit den Jugendlichen einstudiert, zur Verzweiflung treibt. Muss er sich also vor der übernommenen Verantwortung drücken? Oder ist es Lydia, die sich drückt, als Krimo sich doch noch traut, ihr seine Gefühle zu offenbaren? Neben Krimo und Lydia spielen etwa auch die Mädchen aus Lydias Clique eine zentrale Rolle, die Krimo an seine Verantwortung gegenüber seiner Ex-Freundin erinnern, und verhindern wollen, dass Lydia mit Krimos Gefühlen spielt. Im Leben dieser Jugendlichen spiegelt sich âDas Spiel von Liebe und Zufallâ wider. Der Film vermeidet die Klischees von Gewalt, Drogen und Aufeinanderprallen der Kulturen, die gemeinhin mit solchen Hochhaussiedlungen verbunden werden. Dazu erklärt Abdellatif Kechiche: âDie Welt dieser Vororte wird dermaÃen stigmatisiert, dass es fast revolutionär erscheint, dort eine Geschichte anzusiedeln, bei der es weder um Drogen noch verschleierte Mädchen oder Zwangsheirat geht. Ich wollte verstehen, wie in diesen sozialen Brennpunkten über die Liebe und auch das Theater geredet wird â denn wer sagt, daà dort nicht über die Liebe und das Theater geredet wird?â Dadurch behandelt âLâEsquiveâ allgemeingültige Fragen über das Erwachsenwerden. Dies inszeniert Kechiche mit wunderbaren Laiendarstellern und einer nah am Geschehen agierenden Kamera, die dem Film eine dokumentarische Direktheit verleiht. Dabei erweist sich diese Kameraführung als folgerichtig: Weil in âLâEsquiveâ der Sprache eine besondere Rolle zukommt, zeigt die Kamera vorwiegend die Gesichter in GroÃaufnahme. Die Plattenbausiedlung wird nicht in Totalen gezeigt. Nicht der Ort als solcher interessiert, sondern die Jugendlichen, die darin wohnen. âLâEsquiveâ ist ein wunderbar energie- und humorvoller Film über die Liebe und die Literatur mit Figuren aus Fleisch und Blut. |
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