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JOSà GARCÃA Foto: Pegasos Die Dominanz des US-amerikanischen Kinos weltweit, auch in Deutschland, drückt sich nicht nur in Prozentsätzen der im europäischen und deutschen Kino laufenden Filme aus. Das Nischendasein der Filme anderer Herkunft als die der Vereinigten Staaten äuÃert sich etwa auch darin, dass ein argentinischer Film, der immerhin bei der Berlinale 2004 mit zwei âSilbernen Bärenâ ausgezeichnet wurde, erst mit anderthalb Jahren Verspätung den Sprung ins reguläre Kinoprogramm schafft. Daniel Burmans âEl abrazo partidoâ (âDie verlorene Umarmungâ) erzählt vom Mikrokosmos einer heruntergekommenen Ladenpassage in Buenos Aires, in der sich Einwanderer unterschiedlichster Provenienz über Wasser halten: neben italienischen Ladenbesitzern bieten Koreaner Feng-Shui-Artikel feil, handeln zwei skurrile jüdische Brüder mit Stoffen, betreibt der alte Osvaldo ein Schreibwarengeschäft, in dem nie jemand etwas kauft. Im Mittelpunkt der Filmhandlung steht der etwa dreiÃigjährige Ariel (der mit dem âSilbernen Bärenâ 2004 ausgezeichnete Daniel Hendler), dessen Mutter einen kleinen Laden für Damenunterwäsche führt, während Ariels Bruder Joseph mit allerlei Scherzartikeln einen Import-Export-Handel aufzubauen versucht. In der Passage betreibt auch noch die blondgelockte, nicht mehr ganz junge Rita ein Internetcafé, aus dem sie sich immer wieder stiehlt, um Ariel nachzustellen. Aus dieser kleinen, überschaubaren Welt möchte Ariel ausbrechen: Angesichts der ungewissen Zukunftsaussichten des Landes träumt er von einem besseren Leben in Europa. Realistisch ist das Vorhaben schon, denn er könnte einen polnischen Pass erhalten, weil seine GroÃeltern einst aus Polen vor dem Holocaust nach Argentinien flüchten mussten. Allerdings hat diese Suche nach den eigenen Wurzeln einen handfesten Grund: Ariels Vater verschwand kurz nach seiner Geburt, um in den Sechs-Tage-Krieg für Israel zu ziehen, und kehrte nie zurück. Ariel sucht nach weiteren Antworten, etwa warum das Verschwinden des Vaters seiner Mutter und seinem Bruder scheinbar gleichgültig ist. Das Einzige, was Ariel an seinen Vater erinnert, ist ein Video von seiner eigenen Beschneidung, auf dem der Vater kurz im Bild zu sehen ist, sowie die Geschichte vom Sandwich mit Mayonnaise, den Ariels Vater am Imbiss in der Passage einmal gegessen hat, und die Ariel von seiner Mutter und anderen Ladenbesitzern im Einkaufszentrum immer wieder zu hören bekommt. Unwillkürlich lässt die Stimmung in der Ladenpassage von âEl abrazo partidoâ an âWhiskyâ (siehe Filmarchiv)denken, der die Familienbeziehungen zwischen jüdischen Kaufleuten in Uruguay zum Thema hatte. Stand aber für die âWhiskyâ-Regisseure Juan Pablo Rebella und Pablo Stoll der finnische Filmautor Aki Kaurismäki mit seiner lakonischen Filmsprache Pate, so lehnt sich Daniel Burman in âEl abrazo partidoâ eindeutig, jedoch nicht unterwürfig an Woody Allen an. Herrscht in âWhiskyâ Wortkargheit vor, so sprechen in âEl abrazo partidoâ die Hauptfiguren wie in einem Woody Allen-Film in einem fort. Zwar hat Woody Allen hin und wieder die Handkamera eingesetzt, die nervösen, zuweilen verwackelten Bilder, die in Daniel Burmans Film die Enge der Ladenpassage hervorragend wiedergeben, verraten allerdings eher den Einfluss der Dogma- Kameraästhetik des dänischen Regisseurs Lars von Trier. Daniel Burman meistert die nicht geringe Schwierigkeit, den vielen Nebenfiguren der Ladenpassage eine eigene Identität zu geben, ohne in Klischees zu verfallen, so dass ihm mit âEl abrazo partidoâ ein lebendiges Porträt dieser Menschen gelungen ist. Darüber hinaus liefert der Film nicht nur einen anschaulichen Blick auf das jüdische Buenos Aires, sondern auch eine heitere Betrachtung des alltäglichen Ãberlebenskampfes ganz normaler Menschen. |
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