INSEL, DIE | The Island
Filmische Qualität:   
Regie: Michael Bay
Darsteller: Ewan McGregor, Scarlett Johansson, Djimon Hounsou, Sean Bean, Steve Buscemi, Michael Clarke Duncan, Ethan Phillips, Brian Stepanek, Noa Tishby, Siobhan Flynn
Land, Jahr: USA 2005
Laufzeit: 127 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G, X -


JOSÉ GARCÍA
Foto: Warner Bros.

In Science-Fiction-Filmen hat das Kino seit seinen Anfängen Entwicklungen mit gesellschaftlicher Relevanz aufgegriffen und ihre Auswirkungen in künstlerischer Freiheit aufzuhellen versucht. Mit „Science-Fiction“ verbinden die meisten Zuschauer allerdings vor allem menschliche Schöpfungen, die ein Eigenleben entwickeln, etwa humanoide Roboter („Blade Runner“, 1982, zuletzt „I, Robot”, 2004, siehe Filmarchiv), oder aber eine Gesellschaft unter vollständiger Überwachung („Minority Report“, 2002, siehe Filmarchiv). Das weite Feld genetischer Eingriffe bei Menschen – etwa durch künstliche Befruchtung oder Klonen – fand jedoch bislang wenig Beachtung bei Filmemachern, obwohl bereits im Jahre 1997 Andrew Niccol in „Gattaca“ die unheimlichen Seiten einer Welt aufzeigte, in der sich Eltern ihre Wunschkinder „maßschneidern“ lassen können.

An „Gattaca“ lehnte sich offensichtlich Nick Hamms „Godsend“ (2004, siehe Filmarchiv) an, der letztes Jahr das Klonen von Menschen thematisierte. Obwohl „Godsend“ eine klare Absage an eine Reproduktionsmedizin erteilte, die alles tun dürfen will, was sie tun kann, nahm der Film in der zweiten Hälfte eine Wendung an, die die tiefgreifenden Fragen zugunsten einer Suspense-Geschichte verdrängte. Am 4. August startet nun im deutschen Kino ein Hollywood-Spielfilm, der ähnliche Fragen aufwirft: Michael Bays „Die Insel“.

Mitte des 21. Jahrhunderts leben Lincoln Six-Echo (Ewan McGregor) und Jordan Two-Delta (Scarlett Johansson) in der abgeschlossenen Welt einer riesigen Wohneinheit zusammen mit anderen Überlebenden einer Umweltkatastrophe, die den Rest der Erde unbewohnbar machte. Angeblich zu ihrem eigenen Schutz stehen sie unter ständiger Beobachtung: Was sie essen, wie sie sich verhalten, alles wird genau bestimmt. Über sie wacht ein Mann namens Merrik (Sean Bean), der sich um ihre Gesundheit und ihr Wohlergehen kümmert. Mittels einer Lotterie werden immer wieder Bewohner der Wohneinheit ausgesucht, die auf „die Insel“ fahren dürfen – den einzigen noch nicht verseuchten Ort der Erde.

Dass sich besagte „Überlebenswohneinheit“ als Gefängnis herausstellt, dürfte jedem Zuschauer sofort klar sein, der sich noch etwa an die von Georges Orwells „1984“ beeinflusste britische Fernsehserie „The Prisoner“ (mit Patrick McGoohan in der Hauptrolle) aus dem Ende der sechziger Jahre halbwegs erinnern kann. Wie „The Prisoner“ stellt auch Lincoln Six-Echo irgendwann einmal sein Gefangenendasein infrage.

Was indes Lincoln herausfindet, hat mit einem Orwellschen Überwachungsstaat freilich nichts zu tun: Die Bewohner der riesigen Wohneinheit sind vielmehr Klone, die als Ersatzteillager oder auch als „Leihmütter“ von „Besserverdienenden“ bestellt wurden. Der „Gewinn“ einer Reise auf „die Insel“ bedeutet einfach, dass der „Kunde“ endlich irgendein Organ benötigt. Der Klon kann also „entsorgt“ werden.

Jenseits aller Fragen der Logik – wird nach erfolgter Organentnahme und anschließender „Entsorgung“ des Klons ein weiterer Klon desselben Menschen „hergestellt“? Wie würden in diesem Fall die restlichen Klone darauf reagieren, müsste er doch als Rückkehrer von „der Insel“ angesehen werden? –, wirft Michael Bays Spielfilm interessante Fragen auf. So straft der Film Merriks Aussage „Klone haben keine Seele“ vielmehr Lügen. Mit eindringlichen Bildern macht „Die Insel“ deutlich, was eine Existenzberechtigung als „Ersatzteillager“ bedeutet.

Mit einem leicht futuristischen Produktionsdesign, das sich offensichtlich an Spielbergs „Minority Report“ anlehnt (der Film wurde von Spielbergs Firma DreamWorks produziert), wird ein stimmiges Szenario einer nicht allzu fernen Zukunft entworfen – für eine gewisse „Authentizität“ sorgt etwa der eingebaute echte Werbespot der Schauspielerin Scarlett Johansson für eine weltberühmte Marke. Obwohl nach Drehbuchautor Caspian Tredwell-Owen „Die Insel“ Mitte des 21. Jahrhunderts spielt, erklärt Regisseur Michael Bay: „Wir siedelten die Geschichte eher in der nahen Zukunft an, etwa zwanzig Jahre nach unserer Gegenwart. Sie wirkt viel überzeugender und gruseliger, wenn uns dieses Schicksal praktisch schon morgen bevorsteht“.

Allerdings gewinnt auch in Michael Bays „Die Insel“ mit zunehmender Dauer die Action mit rasanten Verfolgungsjagden, allerlei Explosionen und sonstigen „Materialschlachten“ überhand, so dass die eigentlichen Themen leider in den Hintergrund geraten.
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