FROZEN ANGELS | Frozen Angels
Filmische Qualität:   
Regie: Frauke Sandig, Eric Black
Darsteller: Bill Handel, Lori Andrews, Cappy Rothman, Kari Ciechoski, Kim Brewer, Amy und Steve Jurewicz, Gregory Stock, Shelley Smith, Doron Blake
Land, Jahr: Deutschland / USA 2005
Laufzeit: 90 Minuten
Genre: Dokumentation
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --


JOSÉ GARCÍA
Foto: Piffl Medien

Erst langsam wird das weite Feld genetischer Eingriffe bei Menschen – etwa durch künstliche Befruchtung oder Klonen – zum Gegenstand von Science-Fiction-Filmen, obwohl bereits im Jahre 1997 Andrew Niccol in „Gattaca“ die unheimlichen Seiten einer Welt aufzeigte, in der sich Eltern ihre Wunschkinder „maßschneidern“ lassen können. Dass sich Spielfilmregisseure mit solchen Fragen schwer tun, wurde allzu deutlich in den zwei Spielfilmen, die sich in letzter Zeit an dieses Thema heranwagten: „Godsend“ behandelt zwar das Klonen von Menschen, nimmt jedoch ab etwa seiner Mitte eine ganz neue Wendung an: Die ethische Seite einer Gott spielenden Reproduktionsmedizin steht nun nicht länger im Vordergrund. Ähnlich erging es auch Michael Bays „Die Insel“, der zwar Klone in den Mittelpunkt seiner Handlung stellt, die als Ersatzteillager oder auch als „Leihmütter“ bestellt werden, der jedoch durch die Elemente des Action-Filmes die eigentlichen Fragen in den Hintergrund drängt.

Um stimmige Skripte für Science-Fiction-Filme über Gentechnikfragen zu entwickeln, können jetzt Drehbuchautoren ihre Fantasie von einem Dokumentarfilm beflügeln lassen, der beim Sudance Film Festival uraufgeführt wurde und nun im deutschen Kino anläuft: „Frozen Angels“ von Frauke Sandig und Eric Black.

Der Titel „Frozen Angels“, zu deutsch „gefrorene Kinder“, spielt auf die in den Reproduktionslabors der ganzen Welt eingefroren lagernden Embryonen an. „Reproduktionsmedizin“ nennt sich ein höchst profitabler Industriezweig, der sich mit der künstlichen Erzeugung von Menschen beschäftigt. Nirgendwo auf der Welt ist die Gesetzgebung für die Reproduktionsmedizin laxer als in Kalifornien: „In Kalifornien ist es leichter, eine Samenbank zu eröffnen, als eine Pizzeria“, stellt Bill Handel fest, der Radiomoderator und zugleich Besitzer der weltweit größten Agentur für Ei-Spenderinnen und Leihmütter ist.

Bill Handels Sendung, insbesondere Handels Interview mit der international renommierten Juristin und Biotechnologie-Expertin Lori Andrews (Autorin von „The Clone Age“), stellt eine Art Rahmenhandlung in einem Dokumentarfilm dar, der die vielschichtige Welt der künstlichen Fortpflanzung beleuchtet. „Frozen Engels“ begleitet in mosaikartiger Form eine Leihmutter bis in den Kreissaal, Ei-Spenderinnen, die wegen ihrer blauen Augen und ihres blonden Haars ganz oben auf der Beliebtheitsskala der Kunden stehen, den Wissenschaftler, der für die künstliche als ausschließliche Form der menschlichen Fortpflanzung plädiert, den Samenbankdirektor Cappy Rothman, der stolz auf seinen „Rassen“-Farbcode für die Samenaufbewahrung ist, sowie Doron Blake, der mithilfe der vom Millionär und Erfinder Robert Graham gegründeten Nobelpreisträger-Samenbank gezeugt wurde.

Der filmisch anspruchsvolle „Frozen Angels“ arbeitet mit parallel geschnittenen Storys, wie sie beim Spielfilm üblich geworden sind. Die Eröffnungssequenz etwa braucht keinen Vergleich mit der eines Spielfilms wie „Collateral“ zu scheuen. Zu den optischen Symbolen, die Sanding und Black einsetzen, gehören die Aufnahmen des Körperkults an den kalifornischen Muskel-Stränden und den Fitnesscentern und die von beklemmender Musik untermalten Aufnahmen alter Industrieanlagen, allesamt Sinnbilder für eine alte Welt, die durch die „schöne neue Welt“ für obsolet erklärt wird.

Selbstverständlich warnt Lori Andrews eindringlich vor den Gefahren der neuen Technologien. Denn neben den unüberschaubaren medizinischen und juristischen Folgen rufen die Anwendungen der Genmanipulation die Absicht hervor, den Menschen nicht nur „aufzuwerten“, sondern ihn gar neu zu entwerfen, eine neue Spezies zu „kreieren“. Die Wirkung von „Frozen Angels“ ist jedoch eine ganz und gar filmische: es sind die Bilder selbst, die für sich sprechen, die in das Geschäft mit den Wunschkindern sinnfällige Einblicke gewähren. „Frozen Angels“ setzt die Gefahren der Reproduktionsmedizin in eine genuin filmische Sprache um.
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