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JOSà GARCÃA Foto: Alamode Film ![]() Nun startet mit dreijähriger Verspätung ein weiterer französischer Film im deutschen Kino, der beim Internationalen Filmfestival Venedig 2002 mit dem Publikumspreis ausgezeichnete âDas zweite Leben des Monsieur Manesquierâ (âLâhomme du trainâ), der die Ausgangssituation der Komödie âLust auf Anderesâ weiterführt: Einmal im Leben jemand anderes sein, könnte das Motto des zwanzigsten Spielfilms von Patrice Leconte lauten. âDas zweite Leben des Monsieur Manesquierâ lässt zwei Männer aufeinandertreffen, die gegensätzlicher nicht sein könnten: An einem verschlafenen Bahnhof in der französischen Provinz steigt ein mysteriöser Fremder als einziger Reisender aus dem Zug. Der nicht mehr ganz junge Milan (Johnny Hallyday) begegnet zufällig Monsieur Manesquier (Jean Rochefort), einem pensionierten Lehrer, in der örtlichen Apotheke. Weil das Hotel gerade geschlossen hat, lädt der höfliche Manesquier Milan in sein Haus für einige Tage ein â genau genommen für drei Tage, denn am nächsten Samstag muss sich der ehemalige Französischlehrer einer Herzoperation unterziehen, die zwischen Leben und Tod entscheiden soll. Für Milan geht es um kaum etwas Geringeres, hat er doch vor, an diesem Tag eine Bank zu überfallen. Auf der ersten Ebene nimmt sich âLâhomme du trainâ als moderner Western aus: Von der Inszenierung, wie der Fremde aus dem Zug steigt, über das Motiv des Banküberfalls bis zu den âWyatt Earpâ-Foto und der Gitarrenmusik Ry Cooders... all diese Elemente sind deutliche Anleihen aus diesem klassischen Genre. Statt aber zu einem Duell unter der Sonne kommt es in Lecontes Film zu Wortduellen im biederen Umfeld des Manesquier-Hauses. Es handelt sich um geistreiche-tiefgründige Dialoge, die wegen der Wortspiele erst in der Originalfassung ihre Wirkung voll entfalten (etwa: wenn man älter werde, sei âle temps qu'il faitâ wichtiger als âle temps qui passeâ). Durch die häufiger werdenden Gespräche kommen sich die beiden Männer näher, deren Verschiedenheit sich in der je zugeordneten Farbgebung oder auch in der unterschiedlichen Musik ausdrückt: das bereits erwähnte Gitarrenspiel Ry Cooders wird mit Milan, Klaviermusik mit Manesquier in Verbindung gebracht. Milan und Manesquier beobachten sich. Irgendwann einmal fangen sie an, sich das Leben des anderen vorzustellen. Durch feinsinnig inszenierte Szenen setzt Leconte diese Sehnsucht ins Bild, etwa durch die Bitte Milans, ihm eben solche Hauspantoffeln zu leihen, wie Manesquier sie trägt, oder durch den modernen Haarschnitt, den sich der pensionierte Lehrer entgegen seiner Gewohnheit zulegt. In demselben Rhythmus, wie zwischen den beiden Männern eine Art Freundschaft entsteht, wird dem Zuschauer klar, dass jeder sich wünscht, er hätte das Leben des anderen führen können: Der Lehrer, der davon träumt, in seinem Leben mehr Risiko und Abenteuer erlebt zu haben, der Ganove, der sich nach Häuslichkeit und Heimat sehnt. Das konzentrierte Spiel der beiden Schauspieler Jean Rochefort und Johnny Hallyday verleiht dem Film eine besondere Eindrücklichkeit. Spielte Agnès Jaouis âLust auf Anderesâ auf der Ebene einer Satire, so stellt âLâhomme du trainâ eine beinahe philosophische Betrachtung dar, die niemals ins Sentimental-Kitschige abdriftet, über verborgene Sehnsüchte und über das Ãlterwerden und die Freundschaft. Das in ein irreales Licht getauchte Ende lässt zwar viele Frage offen, aber es sind Fragen, die den Zuschauer zum Nachdenken anregen. |
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