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JOSà GARCÃA Foto: absolut medien DVD-Premiere der restaurierten Fassung (1999) Obwohl die Anfänge des Animationsfilms in die frühesten Zeiten des Mediums Film zurückreichen, gilt Lotte Reinigers âDie Abenteuer des Prinzen Achmedâ (1926) als erster programmfüllender Animationsfilm der Filmgeschichte. Zum Vergleich: Der erste abendfüllende Zeichentrickfilm von Walt Disney âSchneewittchenâ feierte Premiere im Dezember 1937. âDie Abenteuer des Prinzen Achmedâ zählt zu den 100 wichtigsten deutschen Filmen und wurde im Jahre 2003 als einziger deutscher Film unter die â100 besten programmfüllenden Trickfilme aller Zeitenâ gewählt. Die 1889 in Berlin geborene Lotte Reiniger war nicht nur eine wichtige Pionierin des neuen Mediums, sondern auch die erste Frau, die hauptverantwortlich Filme entwickelte und drehte â Leni Riefenstahl etwa führte zum ersten Mal im Jahre 1932 (âDas blaue Lichtâ) Regie. Bereits in ihrer Kindheit interessierte sich Charlotte Reiniger für die drei Dinge, die ihr ganzes Leben bestimmen sollten: Silhouettenschneiden, Theater und Kino. Besonders beeindruckte Reiniger â wie sie selbst in einem der DVD als âExtraâ beigegebenen Interview kurz vor ihrem Tod (1981) ausführte â die frühen Filmen Paul Wegeners, vor allem âDer Golem (1915)â. Paul Wegener gab ihr denn auch kleinere Aufträge in eigenen Filmen und führte sie in ein Trickfilmstudio ein, in dem sie im Dezember 1919 ihren ersten kleinen Silhouettenfilm nach eigenem Entwurf herstellte: âDas Ornament des verliebten Herzensâ, dem Märchenverfilmungen wie âAschenputtelâ (1922) folgten. Lotte Reiniger entwarf ihre Silhouetten-Animationsfilme mit einem vom Filmtechniker Kucharski gefertigten Tricktisch nach einem im Jahr 1907 in den Vereinigten Staaten erfundenen Verfahren, nach dem die Kamera Einzelbilder aufnehmen konnten. Ihr engster Mitarbeiter wurde ihr Ehemann: Lotte Reiniger lernte Carl Koch im Trickfilmstudio kennen. Sie heirateten im Dezember 1921 und blieben ein Ehepaar und ideales Arbeitsteam bis Carl Kochs Tod im Jahre 1963. Von 1923 bis 1926 arbeitete Lotte Reiniger in Potsdam zusammen mit Carl Koch, Walther Ruttmann und Berthold Bartosch an ihrem berühmten Werk âDie Abenteuer des Prinzen Achmedâ. Wie diese Scherenschnitte aus einer Mischung aus Blei und Pappe gefertigt und von der fixen Kamera aufgenommen wurden, erklärt sie ebenfalls im erwähnten Interview: Lotte Reiniger schnitt ihre erst vorgezeichneten Figuren aus schwarzem Photokarton mit einer Schere aus und verband die einzelnen Glieder mit Draht, um sie für die Aufnahmen animieren zu können. Als Hintergründe verwendete sie transparente Lagen aus Butterbrotpapier. Ebenfalls mit der Schere gestaltete sie kunstvolle Landschaften, Städte oder orientalische Interieurs. Auch an der Entstehung der Filmmusik von Wolfgang Zeller nahm Lotte Reiniger regen Anteil. âDie Abenteuer des Prinzen Achmedâ erzählt in einer für das Kino der Weimarer Zeit typischen, exotischen Szenerie den Kampf zwischen Gut und Böse nach Geschichten aus âTausendundeiner Nachtâ. In die Handlung fanden vor allem bekannte Elemente aus dem Märchen âAladin und die Wunderlampeâ Eingang. Fordert ein âSilhouettenfilmâ die Sehgewohnheiten des Zuschauers zunächst einmal heraus, so handelt es sich tatsächlich um einen âSpielfilmâ und nicht etwa um die Abfolge einzelner Bilder (wie bei einer Diaschau), dank der erzeugten Bewegungsabläufe sowie durch den Schnitt (Montage). Eine je andersartige Montage der Silhouettenbilder erlaubte Lotte Reiniger im Jahre 1954 zwei Kurzfilme zusammenzustellen, die ebenso als âExtrasâ in der DVD enthalten sind: âAladin und die Wunderlampeâ sowie âDas Zauberpferdâ. Von âDie Abenteuer des Prinzen Achmedâ ist keine deutsche Originalfassung erhalten. Das älteste bekannte Material befindet sich im National Film and Television Archive (NFTVA) des British Film Institute: Ein âviragiertesâ (koloriertes) Nitrozellulose-Positiv mit englischen Zwischentiteln. Dieses Filmmaterial verwendete das Deutsche Filmmuseum Frankfurt am Main für die Restaurierung des Films zum 100. Geburtstag Lotte Reinigers im Jahre 1999. Für die deutschen Zwischentitel wurde die vorliegende Zensurkarte aus dem Bundesarchiv âFilmarchiv Berlin verwendet. Die neu hergestellten Zwischentitel orientieren sich im Schriftbild und dem Ornament des Hintergrundes an der englischen Nitro-Kopie. |
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