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JOSà GARCÃA Foto: UIP Es war ein Terrorakt, der die Welt erschütterte, für viele vielleicht gar die Geburtsstunde des weltweiten Terrorismus: In der Nacht zum 5. September 1972 stürmte ein Kommando der palästinensischen Terrororganisation âSchwarzer Septemberâ während der Olympischen Spiele in München das Hauptquartier der israelischen Delegation und nahm elf israelische Sportler als Geiseln. Die Geiselnehmer forderten die Freilassung von 234 in Israel einsitzenden Palästinensern sowie von Andreas Baader und Ulrike Meinhof. Die Geiselnahme endete in einem Blutbad auf dem Flughafen Fürstenfeldbruck. Nicht der Terroranschlag steht jedoch im Mittelpunkt von Steven Spielbergs neuem Spielfilm âMünchenâ â bereits nach zehn von den insgesamt 164 Minuten sind alle Geiseln tot â, sondern eine Vergeltungsaktion, die im Auftrag des israelischen Geheimdienstes Mossad mit dem Segen der israelischen Premierministerin Golda Meir ein Killerkommando in der ganzen Welt verübt. In einer effektvollen Parallelmontage werden die Bilder der elf getöteten Israelis mit denen der elf vom Mossad für die Racheaktion ausgesuchten Palästinenser gegeneinander aufgewogen. Auf Gewalt folgt Gegengewalt, lautet Spielbergs filmische Botschaft. Zum Anführer der Killergruppe wird der junge Avner (Eric Bana) vom Verbindungsoffizier Ephraim (Geoffrey Rush) angeworben. Zusammen mit den vier weiteren Kommandomitgliedern spürt er in ganz Europa die Opfer auf, und zwar mit Hilfe einer (frei erfundenen) französischen âprivaten Geheimdienstorganisationâ, die gegen Bezahlung die Namen und Aufenthaltsorte der âZielpersonenâ preisgibt â ein unnötiger Winkelzug des Drehbuchs, der vorwiegend zur Einteilung der insgesamt acht Episoden genutzt wird. Wobei jede Episode die Ermordung eines mutmaÃlichen PLO-Hintermanns von Rom über Paris und Athen nach London zum Gegenstand hat. In die Handlung eingewoben sind Traumsequenzen, die bezeichnenderweise zunächst Rückblenden auf das im Olympischen Dorf verübte Attentat, später jedoch Alpträume Avners darstellen. Damit sowie mit einer in Zeitlupe aufgenommenen Einstellung, bei der Avner auf einen palästinensischen Attentäter trifft, den er kurz vorher kennen gelernt und bald darauf töten wird, setzt Regisseur Steven Spielberg die Zweifel ins Bild, die den Killerkommando-Chef immer mehr plagen, bis er mit seinen Auftraggebern bricht und sich mit seiner Familie nach New York absetzt. Die Glaubwürdigkeit der von Spielberg und seinem Drehbuchautor Tony Kushner benutzten Quellen â Yuval Aviv-Abayovs und George Jonasâ âVengeance: The True Story of an Israeli Counter-Terrorist Teamâ (zu deutsch âDie Rache ist unserâ) â wurde etwa von Yossi Melman und Steven Hartov (F.A.Z. vom 6. Januar) stark angezweifelt. Andererseits zitiert das ZDF in einer Sendung am 13. Januar den Journalisten und Offizier im israelischen Militärgeheimdienst Aaron J. Klein, der in einem Sachbuch âden israelischen Rachefeldzug erstmals nüchtern, präzise und glaubhaftâ schildere. Laut diesem Bericht habe â wie im Film dargestellt â ein Regierungsgremium die mehr als ein Dutzend vom Mossad ausgeführten Morde sanktioniert. Jenseits der kontrovers diskutierten historischen Wahrheit entscheidet sich Steven Spielberg freilich für einen politischen Thesenfilm , der die seit dem 11. September 2001 wieder aktuell gewordene Frage aufwirft, ob Terror Gegenterror erzeugt, was dem Regisseur in den Vereinigten Staaten und in Israel bereits harte Kritiken eingehandelt hat. Darüber hinaus spricht âMünchenâ indes auch die Möglichkeit für den Einzelnen an, aus der Spirale der Gewalt auszusteigen. Leider wirkt das Spiel des Hauptdarstellers Eric Bana gerade in diesen menschlichen Fragen so holzschnittartig, dass dieser durchaus interessante Aspekt seine Wirkung kaum entfalten kann. Trotz einiger typischer Spielberg-Elemente, von der Vater-Sohn-Beziehung bis zur Aneinaderreihung von mehreren Enden, ist âMünchenâ filmästhetisch kein typischer Spielberg-Film. Die Action mit rasanten Verfolgungsjagden, schnellen Kamerafahrten und einem temporeichem Schnitt erinnert eher an Brian de Palma, die teilweise genüsslich dargestellte Gewalt an Martin Scorsese oder gar an Quentin Tarantino. So könnte das Aufeinandertreffen des israelischen und eines palästinensischen Kommandos in einer Athener konspirativen Wohnung, bei dem sich die Killer gegenseitig die Pistole an die Stirn halten, etwa aus Tarantinos âPulp Fictionâ stammen, dessen Filmmusik bezeichnenderweise im Anschluss daran aus dem Autoradio ertönt. |
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