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JOSÉ GARCÍA Foto: MaXXimum
In den letzten zwei Wochen wurde die Medien-Berichterstattung hauptsächlich von den Internationalen Filmfestspielen Berlin beherrscht. Für die größte Aufregung in den Medien sorgt indes derzeit kein Berlinale-Beitrag, sondern ein türkischer Spielfilm, der im normalen Kinoprogramm läuft, und der die Gemüter gehörig anheizt. So sagte etwa der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) in der Bild am Sonntag: Ich fordere die Kinobetreiber in Deutschland auf, diesen rassistischen und antiwestlichen Hass-Film sofort abzusetzen. Diesem Appell schloss sich auch der Innenminister Baden- Württembergs, Heribert Rech (CDU), an. Der Film schürt antisemitische und antiamerikanische Ressentiments, spaltet Kulturen und radikalisiert vor allen Dingen türkische Jugendliche, erklärte der Minister. Mittlerweile vergeht kaum ein Tag ohne Wortmeldungen aus der Politik zu der türkischen Produktion: Das Deutsch-Türkische Forum der CDU und der Grünen-Politiker Christian Ströbele sprachen sich gegen Stoibers Forderung aus. Auch Silvana Koch-Mehrin, Vizechefin der Liberalen im Europaparlament, wies solche Forderungen scharf zurück. Die Landesregierung von NRW verlangte jedoch von der Filmkontrolle (FSK), das Mindestalter für den Film von 16 auf 18 Jahre hochzusetzen. In einem Kommentar für Spiegel-online erklärte der EU-Abgeordnete der Grünen Cem Özdemir, die Handlung des Filmes wäre nicht weiter der Rede Wert, wenn der Film die Gegner der Türken und Muslime nicht so krass zeichnen würde. Und die Bösen in dieser manichäistischen Welt sind: Amerikaner, Kurden, Christen und Juden. Tal der Wölfe Irak (Kurtlar Vadisi Irak) geht er von einer wahren Begebenheit aus, die sich am 4. Juli 2003 in Nordirak zutrug, als in der so genannten Sackaffäre verbündete amerikanische Soldaten das inoffizielle Quartier einer türkischen Spezialeinheit überfielen und den elf Soldaten wie es in der offiziellen Verleihankündigung heißt unter Missachtung ihrer militärischen Ehre und vor den Augen der Bevölkerung Kapuzen über die Köpfe stülpten. Der Kommandant kann diese Beleidigung der gesamten türkischen Armee nicht ertragen. Ehe er Selbstmord begeht, schreibt er seinem besten Freund, dem Geheimagenten Polat Alemdar (Necati Sasmaz), einen Brief. Mit seinen besten Männern reist dieser türkische James Bond nach Irak, um den erniedrigenden Fall zu rächen. Für die Sackaffäre zeichnet CIA-Agent und Chef der USA im Nordirak Sam William Marschall (Billy Zane) verantwortlich, der das ganze Land unter Amerikas Fuchtel bringen will, sollte ihm Alemdar nicht das Handwerk legen. Filmisch ist Tal der Wölfe Irak eine eigenartige Mischung aus solider handwerklicher Arbeit der technischen Abteilung mit hervorragender Kameraführung und sehr guten Spezialeffekten einerseits und einer chargierenden Darstellung andererseits, die im Westen eher in die Seifenopern der TV-Programme passen würde. In reinster Schwarzweiß-Malerei werden die Amerikaner als Schurken dargestellt, ja in die Nähe der Nazis gebracht. Der amerikanische Oberschurke ist offensichtlich an den von Robert Duvall in Apocalypse Now (Francis Ford Coppola, 1979) gespielten Colonel William Kilgore (Robert Duvall) angelehnt, der mit einem Cowboyhut und seiner Hubschrauberstaffel vorzugsweise zu den Klängen von Richard Wagners Walkürenritt die wehrlose zivile Bevölkerung angreift: Sam Marshall trägt ebenfalls Hut und greift allzu gerne zu den Klängen von Beethovens Ode an die Freude, die allerdings in einer orientalisch anmutenden Verfremdung am Filmende die Freude über die Befreiung der islamischen Völker von der Tyrannei der Amerikaner feiern. Ist Tal der Wölfe Irak also lediglich ein weiterer Amerika-kritischer Film wie Apocalypse Now und ähnliche Vietnamfilme? Mit einer Gegenfrage möchte Tal der Wölfe Irak-Regisseur Serdar Akar seinen Film offenbar in diese Reihe stellen: Warum darf es denn keinen antiamerikanischen Film geben?, antwortet er auf die sich regende Kritik. Die genretypischen Filme wie Apocalypse Now oder auch Platoon (Oliver Stone, 1986) prangern die Exzesse der Amerikaner im Vietnamkrieg an, wodurch sie sich als Antikriegsfilme schlechthin verstehen. Sie verherrlichen weder die eine noch die andere Seite was Tal der Wölfe Irak wohl tut, der für eine Wiedervereinigung von Turkmenen, Araber und Kurden in einem großen Osmanischen Reich eintritt. Denn während Christen und Juden als widerliche und paktierende Gestalten erscheinen, die mit dem blutgetränkten Schwert in der Hand das Reich ihres Gottes ausdehnen bzw. zurückerobern wollen (Cem Özdemir), erscheint in dem Film der Islam als die friedliebende und barmherzige Religion, und zwar in der Person des Sufi-Scheichs Abdurrahman Halis Kerkuki (Ghassan Massoud). Bei ihm finden Witwen und Waisen Zuflucht, und er vermag, Muslime verschiedener Herkunft zu vereinen. So gehören zu den zentralen Szenen des Films das Statement Kirkukis gegen Selbstmordattentate sowie sein Eintreten gegen die Hinrichtung westlicher Geiseln durch Untergruppen von El Kaida. Denn Tal der Wölfe Irak bleibt nicht an der Ebene Rache der Türkei gegen die erniedrigende Behandlung durch die Amerikaner stehen, sondern konstruiert einen Gegensatz auf der Ebene der Kulturen, ja der Religionen, bildet doch einen weiteren Höhepunkt des Filmes eine Szene, in der sich Sam Marshall vor einem Kruzifix hinkniet, und eine Art Gebet spricht: Segne die Seelen der gefallenen Helden. Und er schließt mit dem Vorsatz, für das Reich Gottes zu kämpfen, bis das Gelobte Land unser sein wird. Die Gleichsetzung des Amerikaners mit dem Christen findet ihren filmischen Ausdruck ebenfalls in der Bildkomposition, die Sam Marshall an einem langen Tisch sitzend zeigt genau in einer Achse mit Jesus Christus auf der Leonardo Da Vinci-Darstellung des Letzten Abendmahls, die an der Wand hinter ihm hängt. Zu den widerlichen Figuren des Films gehört ebenfalls der fanatische jüdische Arzt (Gary Busey), der Gefangenen Organe entnimmt, die er in mit Adressen in Jerusalem, Tel Aviv und New York versehene Kühlboxen legt. Dass diese Figur ein plattes antisemitisches Klischee bedient, ist kein Zufall, sondern komplettiert das Zerrbild des Irakkriegs als einer Art jüdisch-amerikanischen Verschwörung, schreibt die taz dazu. Die Aufregung um den türkischen Film Tal der Wölfe ist berechtigt - wegen seiner antisemitischen Botschaft, schlussfolgert die taz. Regisseur Serdar Akar verpackt in einem Unterhaltungsmedium mit Bildern aus dem Foltergefängnis Abu Ghraib mit der Soldatin samt Schäferhund vor Folteropfern, die sich ins kollektive Gedächtnis eingeprägt haben und Authentizität vorgaukeln sollen, seine antichristliche und antijüdische Botschaft. Dem gegenüber präsentiert Tal der Wölfe Irak den wahren Islam, der sich vom Terrorismus jeglicher Art distanziert, als Religion des Friedens. Tendenziöser kann ein Film kaum sein. |
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