|
||||||||||||||||
JOSà GARCÃA Foto: Cine Plus DVD-Premiere: 18. April 2006 Vier Wochen vor dem Kinostart von âThe Da Vinci Code â Sakrilegâ ist die groÃangelegte Marketing-Maschinerie in vollem Gange. Vorläufiger Höhepunkt: Das Anbringen eines 63 x 17 Meter groÃen Werbeplakats am Berliner Sony Center letzte Woche. Darüber hinaus vergeht kaum ein Tag, ohne dass über den Roman, dessen Verfilmung oder auch über die Trittbrettfahrer, die am âDan Brown-Medienrummelâ ebenfalls verdienen wollen, berichtet wird. Das eigentliche Ziel von Dan Browns âSakrilegâ besteht nach des Autors eigenem Bekunden darin, durch die Enthüllung der âgröÃte(n) Verschleierungsaktion in der Geschichte der Menschheitâ die âGrundfesten der Kirche zu erschütternâ. Brown bezichtigt die Kirche des Betrugs, weil sie mit allen, Mord und Totschlag einschlieÃenden Mitteln die âWahrheitâ verborgen gehalten habe, dass Jesus Christus Vater eines Kindes gewesen sei. Da die âGrenzen zwischen Fiktion und Geschichte für viele zu verschwimmen scheinenâ (Armin Schwibach in der âTagespostâ), weil âSakrilegâ längst âauf die Wirklichkeit übergegriffenâ hat (Thomas Steinfeld in der âSüddeutschen Zeitungâ), rief die Bischofskonferenz der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten bereits im März eine eigene Homepage (www.jesusdecoded.com) ins Leben, in der verlässliche Informationen zum Leben Jesu und zur Entstehung des Christentums angeboten werden. Zur Kommunikationskampagne gehört darüber hinaus eine einstündige Fernsehdokumentation, die kurz nach dem Kinostart von âThe Da Vinci Code â Sakrilegâ im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt werden soll. Schneller als die US-amerikanische Bischofkonferenz war die âCine Plus Home Entertainmentâ, die bereits am 18. April eine kritische Dokumentation auf DVD mit dem Titel âDer Da Vinci Code entschlüsseltâ auf deutsch vorgelegt hat. Im einstündigen Dokudrama von Regisseur David Priest mit nachgespielten Szenen, die freilich etwas altbacken wirken, sowie mit Experteninterviews wird in der ersten der Doppel-DVD der Frage nachgegangen, ob Dan Brown tatsächlich eine unglaubliche Verschwörung der Kirche entdeckt, oder nur eine raffinierte, neue Methode zur Vermarktung eines Romans erfunden hat. In Interviews mit den Experten Darrell L. Bock vom Dallas Theological Seminary, und James Garlow, Mitautor von âCracking Da Vinciâs Codeâ, wird der Wahrheitsgehalt einiger Tatsachenbehauptungen Dan Browns bezüglich Leonardo Da Vinci oder des im Roman als geheimnisumwittert, vor Mord nicht zurückschreckend dargestellten Opus Dei, überprüft: âAlles, was Dan Brown über Leonardo sagt, ist fantasievolle Spekulationâ. Das Opus Dei sei eine zwar relativ junge, aber ganz und gar von der Kirche anerkannte Organisation. Die im Roman eine zentrale Rolle spielende âPrieurè de Sionâ, die laut âSakrilegâ im Jahre 1099 gegründet worden sei, wird etwa als eine Fälschung eines gewissen Pierre Plantard aus dem Jahre 1956 entlarvt. âDer Da Vinci Code entschlüsseltâ behandelt sodann die zentralen Fragen von âSakrilegâ: âWar Jesus mit Maria Magdalena verheiratet? Hatten sie ein gemeinsames Kind? Wurden diese âGeheimnisseâ von der katholischen Kirche bewusst unterdrückt?â Amy Welborn, Autorin des Buches âde-coding Da Vinciâ, Erwin Lutzer, Hauptpastor in der Moody Church, Chicago, und Paul Maier, Professor für Alte Geschichte an der Western Michigan University, äuÃern sich über die Quellen, aus denen Dan Brown sein âWissenâ speist: die in Qumran am Toten Meer gefundenen Schriften der Essener sowie die âgnostischen Evangelienâ aus Nag Hammadi in Ãgypten. Besonders bedeutsam nimmt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Kanonbildung des Neuen Testaments aus. Behauptet Dan Brown, die Kirche habe im 4. Jahrhundert auf Kaiser Konstantins Druck im Konzil von Nizäa die Göttlichkeit Christi beschlossen und sich deshalb für die vier Evangelien entschieden, in denen Christus als Gottmensch angesehen wird, während sämtliche dagegen sprechenden Schriften vernichtet worden seien, so steht dies in krassem Gegensatz zur historischen Forschung. Laut Althistoriker Paul L. Maier war die Kanonbildung aller 27 Bücher des Neuen Testaments bereits vor dem Ende des ersten Jahrhunderts abgeschlossen, während die so genannten gnostischen Evangelien vermutlich um etwa 100 bis 300 Jahre später verfasst wurden. Darüber hinaus führt Maier die Schriften der Kirchenväter, aber auch nichtchristliche Quellen an, die âHunderte Jahre vor Nizäaâ die Göttlichkeit Christi bezeugen. Dan Brown ignoriere beharrlich alle Dokumente, die gegen seine Thesen sprechen. In einer Bonus-DVD kommen die Experten in weiter führenden Interviews zu Wort: Sie vermitteln fundierte Kenntnisse über Alte Kirchengeschichte, insbesondere über das Konzil von Nizäa, über die kanonischen und gnostischen Schriften sowie über Maria Magdalena. Darüber hinaus bietet die DVD eine 20-minütige Führung durch die schottische Rosslyn Chapel, die als angebliche Templer-Kirche einen der wichtigsten Schauplätze in Dan Browns Roman darstellt, sowie eine Einführung in das wirkliche Leben und Werk Leonardo da Vincis, der im Gegensatz zur Behauptung Dan Browns keine âHunderten Bilder im Auftrag des Vatikansâ malte, sondern lediglich siebzehn, von denen ein einziges Werk im Auftrag des Vatikans entstand. Der âunbekümmerteâ Umgang des âSakrilegâ-Autors mit der Wahrheit in Bezug auf den Künstler, den er im (Original-)Titel seines Romans führt, ist symptomatisch für den Wahrheitsgehalt des ganzen Buchs. |
||||||||||||||||
|