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JOSà GARCÃA Foto: Zorro Film Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben die Sprache um neue Begriffe bereichert. So lernten wir damals, dass ein âSchläferâ ein zwar bereits angeworbener Agent ist, der aber noch ein normales Leben führt, während er auf seinen Einsatz wartet. Wie soll aber ein âSchläferâ entlarvt werden? Das Schlüsselwort heiÃt âObservierungâ: Der Verdächtige wird beobachtet, etwa auch mit Hilfe von Berufskollegen. In seinem Spielfilmdebüt âSchläferâ thematisiert der Filmregisseur Benjamin Heisenberg die Anwerbung eines jungen Mannes seitens des Verfassungsschutzes: Der junge Wissenschaftler Johannes Merveldt (Bastian Trost) tritt gerade am Lehrstuhl für Virologie der Technischen Universität München eine Doktorandenstelle an, als er von einer Mitarbeiterin des Geheimdienstes angesprochen wird. Zu Johannesâ Kollegen am Hochschulinstitut gehört der Algerier Farid Madani (Mehdi Nebbou), in dem der Verfassungsschutz einen âSchläferâ vermutet. Johannes soll ihn deshalb beobachten. Lehnt der angehende Wissenschaftler zunächst ab, so ist doch die Saat des Misstrauens gesät. Jede irgendwie suspekt vorkommende Geste Farids â und sei es so banal wie ein auf Arabisch geführtes Gespräch â nimmt Johannes von da an durch die Brille des Verdachts wahr. Könnten darüber hinaus die mit Silberpapier zugeklebten Fenster in Farids Wohnung nicht ein âIndizâ dafür sein, dass der freundliche Kollege etwas verbirgt? Ist die sich schnell entwickelnde Freundschaft zwischen Johannes und Farid von Anfang an mit Misstrauen durchsetzt, so droht die Beziehung regelrecht zu zerbrechen, als sich die beiden in dieselbe Kellnerin Beate (Loretta Pflaum) verlieben, die sich für Farid entscheidet. Erst dann beschlieÃt Johannes, das Angebot des Verfassungsschutzes anzunehmen. Zunächst fällt ihm kaum etwas ein, was er den Geheimdienstbeamten über den Arbeitskollegen erzählen könnte. Das Interesse Johannesâ, bei Farid doch noch Hinweise auf einen âSchläferâ zu finden, steigert sich jedoch merklich, als eine berufliche Konkurrenzsituation eintritt, bei der wiederum Farid vorgezogen wird. Zwar wirkt âSchläferâ als Thriller vorsehbar, weil das von Regisseur Benjamin Heisenberg selbst verfasste Drehbuch nicht primär genretypischen Gesetzen folgt, nach denen der Zuschauer mit ihn verunsichernden Indizien hin- und hergerissen wird: Ist er es (ein Spion, ein Verbrecher oder eben ein âSchläferâ) oder ist er es nicht? Heisenberg setzt vielmehr auf den â11. September-Effektâ: Nach dem islamistischen Terroranschlag scheint jeder âAraberâ ein potentieller Täter, ein âSchläferâ zu sein. Laut des Regisseurs ist sein Langfilmdebüt âein Film über einen gesellschaftlichen Zustand der Verunsicherung, mehr als über die Gefahr durch den islamistischen Terror, oder die Schuld oder Unschuld einzelner Charaktereâ. Diese Verunsicherung wird durch eine Kameraführung in Szene gesetzt, mittels derer Benjamin Heisenberg die sich wandelnde Wahrnehmung seines Protagonisten Johannes, den schleichenden Prozess der Verdächtigung beim jungen Wissenschaftler verdeutlicht. Zur Authentizität trägt insbesondere die Darstellung des Universitätsalltags entscheidend bei. Regisseur Heisenberg, ein Enkel des Physik-Nobelpreisträgers 1932 Werner Heisenberg, schildert das Umfeld von Johannes und Farid mit im Kino selten gesehener Realitätsnähe. Im Vergleich etwa zu Florian Henckel von Donnersmarcks Spielfilmdebüt âDas Leben der anderenâ (siehe Filmarchiv) bleiben allerdings die Figuren etwas blass, weshalb âSchläferâ die Dichte des jüngst mit sieben Deutschen Filmpreisen ausgezeichneten Stasi-Dramas von Henckel von Donnersmarck nicht erreichen kann. Ãhnlich âDas Leben der anderenâ erzählt indes auch âSchläferâ von moralischen Fragen. Besonders interessant nimmt sich in diesem Zusammenhang die Frage nach der Religion aus: Als Johannes von seiner pflegebedürftigen GroÃmutter, bei der er wohnt, gefragt wird, ob er mit ihr beten möchte, weicht er zwar aus, aber am Ende sucht er doch im Gebet Erlösung. Denn letztlich zeugt âSchläferâ davon, dass alle Entscheidungen, die wir im Leben treffen, eine moralische Dimension besitzen. |
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