SCHLOSS IM HIMMEL, DAS | Tenkuu no Shiro Rapyuta
Filmische Qualität:   
Regie: Hayao Miyazaki
Darsteller: (dt. Stimmen) Nathalie Loewenberg, Nico Mamone, Ilona Grande, Claus Brockmeyer, Jens Kretschmer
Land, Jahr: Japan 1986
Laufzeit: 124 Minuten
Genre: Animation
Publikum:
Einschränkungen: --
Auf DVD: 11/2006


JOSÉ GARCÍA
Foto: universum film

Der japanische Regisseur Hayao Miyazaki gilt als Haupterneuerer des Animationsfilms, nicht zuletzt weil Miyazakis Studio Ghibli John Lasseter, Gründer der Pixar-Studios, das mit Filmen wie „Findet Nemo“ und „Die Unglaublichen“ Kinder wie Erwachsene gleichermaßen anspricht, nach Lasseters eigenen Angaben als Inspirationsquelle diente.

Miyazaki selbst wurde als erster Animationsfilm-Regisseur bei dem Filmfestival Venedig mit dem Goldenen Löwen für sein Gesamtwerk ausgezeichnet (2005). Zuvor hatte sein „Chihiros Reise ins Zauberland“ (siehe Filmarchiv) – als erster Animationsfilm überhaupt – den Goldenen Bären der Berlinale 2002 gewonnen. Neben dem großen Detailreichtum in der Zeichnung bestechen Miyazakis Filme durch gelungene Figuren und eine mehrschichtige Handlung, die Menschen aller Altersstufen ansprechen.

Hayao Miyazakis letzter Spielfilm „Das wandelnde Schloss“ (siehe Filmarchiv) zeichnete erneut mit viel Liebe zum Detail eine fantasievolle Welt, die Motive aus japanischen und europäischen Zaubergeschichten und Märchen in einer Mischung aus realistischer und fantastischer Zeichnung wirkungsvoll kombiniert. Darüber hinaus erzählte er mit überaus komplexen Charakteren von der Macht der Liebe, kraft derer ein junges Mädchen einen Jungen von einem Fluch erlöst – und dadurch zu sich selbst zurück findet.

Viele der in den späteren Filmwerken Hayao Miyazakis immer wiederkehrenden Elemente finden sich bereits im ersten abendfüllenden Spielfilm, den Miyazaki im Jahre 1986 mit seinem Ghibli-Studio produzierte, der nun erstmals im deutschen Kino anläuft: „Das Schloss im Himmel“ („Tenkuu no Shiro Rapyuta“). Werden zurzeit aus Anlass der DVD-Veröffentlichung von „Das wandelnde Schloss“ frühere Filme Miyazakis, die seinerzeit nicht im deutschen Kino gezeigt wurden, als DVD herausgegeben („Nausicaä – Aus dem Tal der Winde“, „Kikis kleiner Lieferservice“), so ist es zu begrüßen, dass „Das Schloss im Himmel“ im Kino zu bewundern sein kann, entfaltet er doch erst auf der großen Leinwand seine ganze visuelle Kraft.

Im „Schloss im Himmel“ steht – ähnlich in „Chihiros Reise ins Zauberland“ und in „Das wandelnde Schloss“ – ein junges Mädchen im Mittelpunkt: Sheeta, das einen magischen Kristall besitzt. Dieser steht in Verbindung mit dem sagenumwobenen Königreich Laputa, einer riesigen schwebenden Insel, die der Legende nach rastlos am Himmel herumreist und sich dabei zumeist in den Wolken verbirgt.

Sheeta wird an Bord eines gigantischen Luftschiffs vom zwielichtigen Musca gefangen gehalten. Als eine Piratenbande unter der Führung von „Mama Dora“ das Luftschiff kapert, gelingt Sheeta zunächst die Flucht, bei der sie aber vom Flugschiff hinabstützt. Dann aber beginnt der magische Stein, den Sheeta um den Hals trägt, blau zu leuchten: Ihr Fall wird von der Wirkung des Kristalls verlangsamt. Sheeta gleitet direkt in die Armen des Jungen Pazu, der in einem Bergwerk arbeitet.

Es beginnt eine rasende Verfolgungsjagd, denn sowohl die Dora-Bande als auch Musca und seine Agenten haben Sheeta aufgespürt. Der Kristall, den Sheeta trägt, erweist sich als der Schlüssel, um zum legendären schwebenden Königreich zu gelangen. So beginnt ein Wettlauf, der auf einer märchenhaften Insel im Himmel endet.

Der einfache Zeichenstil verrät zwar, dass es sich beim „Schloss im Himmel“ um einen älteren Film handelt. Aber die Figuren drücken Emotionen in besonders effektvoller Weise aus. Darüber hinaus besticht die enorme Qualität der Hintergrundzeichnungen.

Im „Schloss im Himmel“ findet sich bereits die Grundkonstellation späterer Animationsfilme Hayao Miyazakis: ein mutiges kleines Mädchen (hier Sheeta, später Chihiro oder Sophie), das sich mit Hilfe eines herzensguten Jungen einer machtbesessenen alten Frau gegenüberstellt. Die hier noch einfachen Charaktere der alten Frau und des Jungen entwickelten sich freilich in den späteren Filmen Miyazakis zu komplexen Figuren: aus „Mama Dora“ wird eine Zauberin (Yubaba respektive die „Hexe aus dem Niemandsland“), aus Pazu der facettenreiche Charakter eines Haku in „Chihiros Reise“ beziehungsweise eines Hauro im „Wandelnden Schloss“.

Geblieben ist neben einer Detailverliebtheit in der Zeichnung und den atemberaubenden Animationen der fantasiereiche Kosmos Miyazakis, in dem alte Traditionen, uralte japanische Mythen und Märchen mit westlichen Komponenten verknüpft werden: „Das Schloss im Himmel“ etwa ist von „Gullivers Reisen“ inspiriert, dessen Flugmaschinen erinnern zudem an die Zukunftsvisionen Jules Vernes.
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