HAUS AM SEE, DAS | The Lake House
Filmische Qualität:   
Regie: Alejandro Agresti
Darsteller: Keanu Reeves, Sandra Bullock, Dylan Walsh, Shohreh Aghdashloo, Christopher Plummer
Land, Jahr: USA 2006
Laufzeit: 98 Minuten
Genre: Science-Fiction/Fantasy
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
Auf DVD: 10/2006


JOSÉ GARCÍA
Foto: Warner Bros.

Seit H.G. Wells’ Roman „Die Zeitmaschine“ („The Time Machine“, 1895) gehören Zeitreisen zu den Topoi im Science-Fiction-Genre, die über die Filmadaption des Romans von H.G. Wells durch George Pal („Die Zeitmaschine“, 1960) hinaus immer wieder Filmemacher inspiriert haben. Eine komödiantische Variante lieferte etwa die „Zurück in die Zukunft“-Trilogie von Robert Zemeckis (1985–1990).

In Alejandro Agrestis romantischer Komödie „Das Haus am See“ übernimmt allerdings ein Briefkasten die Rolle der „Zeitmaschine“. Dort hinterlässt an einem kalten Wintermorgen des Jahres 2006 die junge Ärztin Kate Forster (Sandra Bullock) die Bitte um die Nachsendung ihrer Post an ihren unbekannten Nachmieter, als sie das wunderschöne „Haus am See“ verlässt, um nach Chicago zu ziehen, weil sie nach abgeschlossener Facharztausbildung im Stadtkrankenhaus eine Stelle antritt.

Der neue Bewohner des Kunstwerkes aus Holz und Glas am Michigansee, der Architekt Alex Wyler (Keanu Reeves), findet zwar die Botschaft in dem Briefkasten vor, in der auch die Rede von weißen Pfotenabdrücken in der Nähe der Haustür ist, hält jedoch das Ganze für einen Scherz. Denn er findet das Haus so verwahrlost vor, dass er sich sicher sein kann: In diesem Haus hat doch seit Jahren niemand mehr gewohnt. Die Pfotenspuren sind ebenfalls nirgends zu sehen – bis bald darauf, als Alex gerade Anstreicharbeiten vor der Haustür ausführt, ein streunender Hund durch den Farbeimer läuft und auf der Veranda genau die Pfotenabdrücke aus Kates Beschreibung hinterlässt.

Als Alex Kate einen Brief schreibt, um sie danach zu fragen, wie sie von diesen weißen Spuren wissen konnte, muss er feststellen, dass die von Kate angegebene Adresse ein noch im Bau befindlicher Apartmentkomplex ist. Alsbald stellt sich heraus, dass sie im Abstand von zwei Jahren leben: Alex schreibt den 14. April 2004, Kate den 14. April 2006, was der Regisseur mit einer schönen Parallelmontage in Szene setzt: Kate ist in frühlingshafte gelbe Töne getaucht, während Alex noch von den blauen Farben eines kalten Wintertages umgeben ist.

Der Briefkasten – und der Hund – bleiben die einzige Verbindung in dieser unmöglichen Liebe: Über den (sehr amerikanischen) Briefkasten mit seinem roten Fähnchen, das neue Nachrichten ankündigt, kommunizieren sie miteinander über die Zeit hinweg.

Die Idee, in der modernen Welt statt über Email über Briefe miteinander in Verbindung zu treten, passt zur klassischen Inszenierung: Ob nun Agresti die beiden Zeitebenen zusammenbringt, überlappt oder parallel montiert, der argentinische Regisseur lässt in seinem Hollywooddebüt natürlich jegliche Logik außen vor, und konzentriert sich auf das bewährte Prinzip eines romantischen Filmes: auf die langsam aufkeimende Liebe zwischen zwei verwandten, vereinsamten Seelen, die tragischerweise voneinander entfernt leben müssen.

In darstellerischer Hinsicht besticht „Das Haus am Meer“ nicht nur durch seine Protagonisten Sandra Bullock und Keanu Reeves, sondern auch durch die brillant besetzten Nebenrollen – allen voran die des von Christopher Plummer glaubwürdig verkörperten Vaters von Alex, einem berühmt gewordenen Architekten, der unter seiner arroganten Schale freilich eine große Liebe für seinen Sohn verbirgt.

Die heimliche Hauptrolle kommt indes der Stadt Chicago und dem Michigansee zu: Drehbuchautor David Auburn adaptierte das südkoreanische Original „Siworae“ („Il Mare“) aus dem Jahre 2000 und verlegte die Geschichte in seine Heimatstadt, der die Kamera des Kanadiers Alar Kivilo die melancholische Atmosphäre entnimmt, die zu „Das Haus am See“ genau passt. So schreibt die Filmbewertungsstelle Wiesbaden bei der Verleihung des „Prädikats wertvoll“: „In der Nebenrolle glänzt ein ziemlich großer Hauptdarsteller: die Metropole Chicago, die fulminant in Szene gesetzt wird“. Aber auch das titelgebende, wunderschöne Glashaus am Michigansee, das einst Alex’ Vater baute, trägt zum eleganten Ambiente des Filmes bei.

„Das Haus am See“ ist ein Film der kleinen Gesten, in dem ein ebenso wohltuend subtiler Humor über die mit zunehmender Dauer immer offensichtlicher werdenden Ungereimtheiten im Drehbuch hinweghilft.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren