THANK YOU FOR SMOKING | Thank You For Smoking
Filmische Qualität:   
Regie: Jason Reitman
Darsteller: Aaron Eckhart, Maria Bello, William H. Macy, Robert Duvall, Katie Holmes, Cameron Bright, Adam Brody, Sam Elliott, Rob Lowe
Land, Jahr: USA 2006
Laufzeit: 92 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: D, X
im Kino: 8/2006
Auf DVD: 1/2007


José García
Foto: 20th Century Fox

In seinem ausgezeichneten Spielfilm über einen ethischen Prinzipien verpflichteten Journalismus in der McCarthy-Ära „Good Night, and Good Luck“ (siehe Filmarchiv) verwendet Regisseur George Clooney neben dem Schwarzweiß-Filmmaterial auch das permanente Rauchen als Stilmittel, um die Zeit heraufzubeschwören, in der sein Film spielt. Denn wenn in einem heutigen Hollywoodfilm zur Zigarette gegriffen wird, dann ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass dieser Film in einer weit zurückliegenden Zeit angesiedelt ist, etwa als Humphrey Bogart in „Casablanca“, „Tote schlafen fest“ oder im Grunde in jedem seiner Spielfilme ständig eine Zigarette in der Hand oder im Mund führte.

Zwar kann heute ein exzentrischer Regisseur wie Jim Jarmusch einen Film „Coffee and Cigarettes” (siehe Filmarchiv) betiteln. Ein Hollywoodfilm wird es sich jedoch kaum erlauben, rauchende Helden vorzuführen. „Wenn überhaupt, dann rauchen nur noch Psychopathen und Europäer“, heißt es etwa dazu in Jason Reitmans „Thank You For Smoking“. Der auf Christopher Buckleys gleichnamigem Roman aus dem Jahr 1994 basierende Spielfilm, der auf dem Münchner Filmfest mit dem Bayern 3-Publikumspreis ausgezeichnet und von der Filmbewertungsstelle Wiesbaden als „besonders wertvoll“ eingestuft wurde, läuft nun im deutschen Kino an.

In „Thank You For Smoking“ verteidigt Nick Naylor (Aaron Eckhart) als Pressesprecher von „Big Tobacco“ und stellvertretender Leiter der von der Tabakindustrie ins Leben gerufenen „Academy of Tobacco Studies“ die Rechte der Raucher und Zigarettenhersteller in einem Land, in dem nur noch Mörder und Vergewaltiger ein schlechteres Image haben als Raucher. Kein Wunder, dass Naylor zu einem Zyniker geworden ist, der seinen Gegnern das Wort im Munde herumdreht, etwa als er in einer TV-Talkshow gleich zu Beginn des Filmes aus der Verteidigung heraus zum Angriff übergeht. Mit einem krebskranken Jugendlichen und einem Anti-Tabak-Lobbyisten konfrontiert, kehrt Nick Naylor den Spieß um: Der Tabak-Gegner instrumentalisiere die Krankheit des Jungen für seine Zwecke.

Zur Wehr setzen muss sich der PR-Mann allerdings auch gegen Senator Finistirre (William H. Macy), der Warnhinweise und Giftaufkleber auf den Zigarettenpackungen anbringen lassen möchte, sowie gegen den schwerkrenkranken „Marlboro Man“, der mit einer Klage gegen die Tabakbranche droht. Wie gewohnt, ergreift Naylor die Flucht nach vorne in Form einer großangelegten PR-Offensive, bei der er einen einflussreichen Hollywood-Agenten engagiert: In Hollywoodfilmen sollen wieder die Helden und nicht nur die Verbrecher und die Psychopathen rauchen.

Rückhalt findet der Tabak-Pressesprecher bei seinen Kollegen der Alkohol- und Waffenindustrie. Die drei „Merchants of Death“ treffen sich allwöchentlich zum Mittagessen, um etwa darüber zu streiten, wessen Arbeitgeber für die meisten Toten verantwortlich ist. Spätestens hier wird es deutlich: „Thank You For Smoking“ ist eine schwarze Komödie, eine bitterböse Satire über den Zynismus in der öffentlichen Meinung. Zumal die Figurenkonstellation von der skrupellosen Journalistin Heather Holloway (Katie Holmes) vervollständigt wird, die mit den „Waffen einer Frau“ Nick Naylor eine Geschichte entlockt, die ihm zum Verhängnis werden könnte.

Jason Reitman liefert eine Satire über Lobbyisten, „frei von Überzeugungen, gesegnet mit der Gabe zu reden und Menschen vom Gegenteil dessen zu überzeugen, was sie glauben“ (Filmbewertungsstelle Wiesbaden). Denn der gerissene PR-Mensch zeigt, dass sich mit der entsprechenden Rhetorik und einer gewissen Flexibilität hinsichtlich der Moral, die Machiavelli alle Ehre gemacht hätte, im Grunde alles verkaufen lässt. Wenn auch dem Zuschauer manches Mal der Lacher im Hals stecken bleiben mag, veranschaulicht „Thank You For Smoking“ auf recht vergnügliche Weise, wie leicht die veröffentlichte Meinung manipuliert und der sich mündig gebende Bürger hinters Licht geführt werden kann. Ohne erhobenen Zeigefinger gelingt Jason Reitman eine amüsante Satire auf die Allmacht der Meinungsmacher in einer von den Medien und den Marketingstrategen beherrschten Welt.
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