WORLD TRADE CENTER | World Trade Center
Filmische Qualität:   
Regie: Oliver Stone
Darsteller: Nicolas Cage, Maggie Gyllenhaal, Maria Bello, Michael Pena, Jay Hernandez, Armando Riesco, Donna Murphy, Patti D'Arbanville, Brad William Henke, Lucia Brawley
Land, Jahr: USA 2006
Laufzeit: 129 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G
im Kino: 9/2006
Auf DVD: 2/2007


José García
Foto: UIP

Bieten fünf Jahre genügend zeitlichen Abstand, um eine einschneidende Katastrophe wie „den 11. September“ auch filmisch aufzuarbeiten? Als Antwort darauf liefert Regisseur Oliver Stone einen Spielfilm, der – wie es im Vorspann heißt – „auf wahren Tatsachen“ basiert.

„World Trade Center“ erzählt die authentische Geschichte zweier Polizisten, die unter den letzten Überlebenden aus den Trümmern der Zwillingstürme gerettet werden konnten: John McLoughlin (Nicolas Cage) und William J. Jimeno (Michael Pena). Oliver Stone beginnt seinen Film mit den Bildern eines Tages „wie jeder andere“: Männer stehen auf, verabschieden sich von ihren Familien, fahren in die Stadt. Auf dem Weg zur Arbeit zeigt „World Trade Center“ die berühmte Skyline von Manhattan – mit den Zwillingstürmen. Dann erfolgt die Einblendung: „11. September 2001“.

Für die Polizisten des New Yorker „Port Authority Police Department“ nimmt der Tag mit einer Lagebesprechung seinen offenkundig alltäglichen Lauf. Sie werden für die unterschiedlichen Dienste eingeteilt. Doch dann geschieht das völlig Unerwartete: Plötzlich ist in einer Straßenschlucht der Schatten eines Flugzeuges zu sehen, bald eine Explosion zu hören. Sergeant John McLoughlin fährt mit vier Männern seiner Truppe im Bus zum Katastrophenort. Kaum sind sie in den Nordturm gestürmt, stürzt das Gebäude ein. McLoughlin und Jimeno werden unter riesigen Steinbrocken eingeklemmt. Weil sie sich nicht selbst befreien können, bleibt ihre einzige Hoffnung, auf Rettung zu warten. Um in den zwölf Stunden ihrer „Gefangenschaft“ nicht einzuschlafen, sprechen sie ohne Sichtkontakt miteinander.

Parallel zu diesem Hauptstrang seiner Handlung montiert Oliver Stone die Reaktion der Familienangehörigen: McLoughlins Frau Donna (Maria Bello) und Jimenos schwangere Ehefrau Allison (Maggie Gyllenhaal) schwanken zwischen Verzweiflung und Hoffnung, Jimenos Mutter betet den Rosenkranz.

Zu den in Rückblenden veranschaulichten Erinnerungen der zwei Männer fügt der Film auch eine Christus-Vision hinzu. Die religiöse Komponente ist auffällig präsent in „World Trade Center“, entschließt sich doch der Retter in der Not, der ehemalige Marine Dave Karnes (Michael Shannon), gerade in einer Kirche vor einem Kreuz, sich freiwillig zu melden. Karnes fährt zum Unglücksort und gibt nicht auf, bis er die zwei Verschütteten findet. Im Abspann erfährt der Zuschauer, dass sich der authentische Dave Karnes daraufhin wieder bei den Marines verpflichtete und im Irak kämpfte.

Dies bleibt der einzige „politische“ Kommentar von Oliver Stones „World Trade Center“, der auf diese Weise die Verbindung der Attentate zu Saddam Husseins Irak zu bestätigen scheint. Dass ausgerechnet der Regisseur von „JKF“ (1991) in seinem Film zum 11. September keiner Verschwörungstheorie nachgeht, sondern sich auf den Mikrokosmos zweier Figuren konzentriert, mag überraschen. Auch Austauschbarkeit wurde Oliver Stone vorgeworfen, letztlich sei „World Trade Center“ ein mit reichlichem Pathos angereicherter genretypischer Katastrophenfilm wie „Erdbeben“ oder „Flammendes Inferno“ (beide 1974) geworden.

Dieser Vergleich hält indes einer Überprüfung nicht stand: Die Haupt-, die für den Zuschauer Identifikationsfiguren sind keine Helden im herkömmlichen Sinn wie die von Charlton Heston, Paul Newman oder Steve McQueen dargestellten Protagonisten der klassischen Katastrophenfilme. Sie verkörpern vielmehr normale Menschen, die ihrem Schicksal ausgeliefert sind, die lediglich durch ihre Unterhaltung etwa über ihre Familien einander am Leben halten, die beten können.

Im Gegensatz zu den genretypischen Katastrophenfilmen steht keine Action im Mittelpunkt von „World Trade Center“. Zwar setzt Oliver Stone die Computertechnik für aufwändige Kamerafahrten und beeindruckende Einstellungen ein, in seiner Inszenierung spielen Spezialeffekte jedoch eine untergeordnete Rolle. In „World Trade Center“ richtet Oliver Stone seine Aufmerksamkeit nicht auf die „große Politik“, sondern auf das individuelle Schicksal zweier normaler Menschen.
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