|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: X Filme Das Kino liebt die Metanoia, den Sinneswandel eines zumeist jüngeren Menschen, den das Nachdenken über sein bisheriges Leben im Laufe der Spielfilmhandlung zur Umkehr führt. Die hier verwendeten theologischen Begriffe weisen auf den Ursprung des Schauspiels im Mittelalter, auf die so genannten âSakramentsspieleâ hin, die zunächst das abendländische Theater und später ebenfalls die Kinogeschichte entscheidend beeinflusst haben. Eine säkulare Variante dieser âMetanoiaâ-Handlung lieferten Ende der achtziger Jahre Spielfilme, die das Lebensgefühl der âYuppiesâ mit ihrem schnell erworbenen Reichtum in kritischer Weise behandelten. Besonders âWall Streetâ (Oliver Stone, 1987) und âRain Manâ (Barry Levison, 1988) zeigten die Verwandlung eines zunächst nur auf seinen Vorteil bedachten Geschäftsmanns in einen nachdenklichen und verantwortungsbewussten Menschen. Obwohl sich in den letzten zwanzig Jahren das Lebensgefühl grundlegend geändert hat, gibt es den âYuppieâ (young urban professional person, zu deutsch: junge, in der Stadt lebende und beruflich erfolgreiche Person) offenkundig noch. Zum Beispiel Karl (Daniel Brühl), die Hauptfigur in Sebastian Schippers Spielfilm âEin Freund von mirâ. Karl arbeitet als Nachwuchs-Führungskraft in einer groÃen Versicherung. Beruflich erfolgreich ist er schon â zu Beginn von âEin Freund von mirâ bekommt er gerade den begehrtesten Preis der Branche überreicht, um den ihn alle Kollegen beneiden. Karl ist der Preis indes ziemlich gleichgültig. Im Gegensatz zu erfolgorientierten, materialistisch eingestellten âYuppiesâ machen Karl weder beruflicher Erfolg noch das behagliche Büro und die teuren Anzüge glücklich. Das Gefühl der Leere, seine Unbehaustheit spiegelt sich in der halbeingerichteten Wohnung deutlich wider. Obwohl eigentlich zufrieden mit ihm, möchte Karls Chef mehr aus dem jungen Mann herausholen, und verschreibt ihm eine Schocktherapie: Karl soll bei einem Autovermieter am Flughafen, der bei der Versicherung Kunde werden möchte, âundercoverâ Versicherungsrisiken abschätzen. Dafür soll er sich für einen Tag als Fahrer bei der Autovermietung einschleichen. Dort trifft Karl auf Hans (Jürgen Vogel), der sich als genau das Gegenteil vom schüchternen, verschlossenen Versicherungsangestellten erweist: Hans lebt in den Tag hinein, jobbt hier und da, freut sich einfach des Lebens â Hans als âextrovertiertâ zu bezeichnen, wäre darüber hinaus die reinste Untertreibung. Er drängt sich Karl förmlich auf. Bald nimmt Hans seinen neuen Freund zu seiner âKöniginâ, wie er seine Freundin Stelle (Sabine Timoteo) nennt, womit eine Dreierkonstellation mit zusätzlichem Spannungspotenzial etabliert wird. In seinem Spielfilmdebüt âAbsolute Gigantenâ (1998) erzählte Regisseur Sebastian Schipper bereits von einer Männerfreundschaft. Dem Sujet ist er in seinem zweiten Spielfilm treu geblieben. In âEin Freund von mirâ rückt der Regisseur jedoch die Entstehung einer Freundschaft zwischen gegensätzlichen Charakteren mit teils humoristischen Einlagen, teils mit einer durch die Musik der britischen Band Gravenhurst und durch verschwommene Bilder hervorgerufenen melancholischen Stimmung in den Mittelpunkt. Trotz aller Schauspielkunst der zwei Hauptakteure Daniel Brühl und Jürgen Vogel, der hier sein komödiantisches Talent voll ausspielen kann, trotz einer in ihren kurzen Auftritten wunderbar agierenden Sabine Timoteo, nehmen sich die Charaktere jedoch zu klischeehaft aus, wird die Figur des Hans doch lediglich als Gegenentwurf zu Karl gezeichnet, so dass Regisseur Schipper letztlich keine psychologische Studie gelingt. Gleichwohl ist âEin Freund von mirâ ein amüsanter Film über die Selbstfindung eines jungen Mannes, der eine gewisse Metanoia durchlebt: Durch die Freundschaft mit dem ungleichen Hans denkt Karl über sein zwar erfolgreiches, aber nicht glückliches Leben nach, lernt ein neues, einfaches Leben kennen. |
||||||||||||||||||||
|