NO. 2 | No. 2
Filmische Qualität:   
Regie: Toa Fraser
Darsteller: Ruby Dee, Michelle Ang, Mia Blake, Taungaroa Emile, Tayla-Lee Griffin, Tanea Heke, Xavier Horan, Nathaniel Lees, Miriama McDowell, Rene Naufahu), Tuva Novotny
Land, Jahr: Neuseeland 2006
Laufzeit: 94 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2006
Auf DVD: 7/2007


José García
Foto: Arsenal

Zum Mehrwert, den das Medium Film seit jeher liefert, gehört eine gewisse Exotik. Von seinem Kinosessel aus kann der Zuschauer für die Dauer eines Spielfilmes eine Reise in exotische Gefilden unternehmen. Obwohl in einer globalisierten Welt „exotische Welten“ immer rarer werden, gibt es sie noch im Kino. So gelangen neuseeländische Spielfilme eher selten auf europäische Leinwände, von Niki Caros „The Whale Rider“ (2002) etwa abgesehen.

Nach vier Jahren schafft erneut ein Spielfilm aus Neuseeland mit Unterstützung der „New Zealand Film Commission“ und nachdem er beim Sundance-Festival den Publikumspreis gewann, den Sprung ins deutsche Kino: „No. 2“, die Leinwandadaption des gleichnamigen Theaterstücks von Toa Fraser, mit dem der Theaterautor auch sein Spielfilmdebüt liefert.

Der Name von Theaterstück und Film bezieht sich auf das Haus No. 2 in Mt. Roskill, der Vorstadt von Auckland, aus der Toa Fraser selbst stammt. Dort lebt die 80-jährige Matriarchin Nanna Maria (Ruby Dee), die einst aus den Fidschi-Inseln auswanderte. Gerade ist sie aus einem Traum erwacht, in dem sie als Kind an einer schönen Gartenfeier teilnimmt, bei der sie sich alle vor dem Haus zum Gruppenfoto versammeln.

Aber in No. 2 wurde schon lange nicht mehr so gefeiert wie in den Tagen von Nanna Marias Kindheit. Dies soll sich jedoch ändern, und zwar sofort: die betagte Matriarchin will am gleichen Abend ein großes Familienfest im Garten feiern, um ihren Nachfolger als Abkömmling eines ruhmreichen Fidschi-Geschlechtes zu ernennen.

Eingeladen zu dieser Gartenfeier mit Wein, Gesang und einem offenen Feuer sind allerdings nur Nanna Marias Enkelkinder. Ihre „missratenen“ Kinder werden genauso ausgeladen wie Außenstehende. Eine Kostprobe davon bekommt die Enkelin Hibiscus, als sie mit ihren Freund Shelley ankommt. Nur mit ihrem Lieblingsenkel Tyson macht die Oma eine Ausnahme: Seine Freundin aus Europa, die „dänische Maria“, wird von Nanna Maria akzeptiert und zur Familienfeier zugelassen.

Die Enkelkinder Nanna Marias stellen sich nach und nach ein. Charlene, die mit ihrem Sohn Moses bei der Oma wohnt, plant schon das Festessen. Erasmus, der ebenfalls im Hause No. 2 wohnt, wird bei den Vorbereitungen von seinem Cousin Soul unterstützt, wozu etwa das Schlachten eines Schweins und das Fällen der Bäume im hinteren Teil des Gartens gehören.

Bald erfahren aber auch die gar nicht erwünschten Kinder Nanna Marias vom bevorstehenden Fest, so Charlenes Mutter Cat, die mit ihrer Kritik alles zu zerstören droht. Aber auch Souls Vater Percy und dessen Bruder John schauen einfach vorbei. Mit ihnen treten auch die alten Zwistigkeiten in Erscheinung, denn seit dem Tode ihres Vaters haben sie nicht mehr miteinander geredet. Die Familienfeier entwickelt sich zu einem Katalysator, der die schwelenden Differenzen zu Tage fördert.

Regisseur Toa Fraser zeichnet ein nuanciertes Bild einer Großfamilie mit ihren Konflikten, aber auch mit dem Willen, den Hass zu überwinden, nachdem sie die Ermahnung des bärtigen, etwas schusseligen Pastors beherzigt haben: „Ihr flucht, trinkt und lügt zuviel. Ihr solltet mehr Mitgefühl füreinander haben.“

„No. 2“ ist zwar ein Ensemblefilm mit guten Darstellern, unter denen aber vor allem seine charismatische Protagonistin, Ruby Dee als Nanna Maria, herausragt. Mit ihrer dezidierten, manchmal gar störrischen Art treibt sie ihre Verwandten an. Die zurückhaltende Inszenierung trägt dazu bei, dass der Zuschauer mitten ins Geschehen hineingenommen wird.

Toa Fraser liefert mit „No. 2“ eine Liebeserklärung an die Familie und an seinen Heimatort, Mt. Roskill in Auckland. Ohne in Sentimentalität abzugleiten, vielmehr mit einer gehörigen Prise Humor bietet „No. 2“ ein zwar in einem exotischen Land angesiedeltes, aber letztlich universales Familiendrama.
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