QUEEN, DIE | The Queen
Filmische Qualität:   
Regie: Stephen Frears
Darsteller: Helen Mirren, James Cromwell, Michael Sheen, Alex Jennings, Helen McCrory, Tim McMullan
Land, Jahr: Großbritannien / Frankreich / Italien 2006
Laufzeit: 104 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 1/2007
Auf DVD: 8/2007


José García
Foto: Concorde

Zehn Jahre liegen die Ereignisse zurück, die im Mittelpunkt von Stephen Frears’ „Die Queen“ stehen: Am 1. Mai 1997 wird Tony Blair nach einem Erdrutschsieg der Labour-Partei jüngster Premierminister Großbritanniens seit 1812, am 31. August kommt Lady Diana bei einem Autounfall in Paris ums Leben. Eingerahmt von zwei Gesprächen zwischen der Königin und dem Premierminister konzentriert sich das nach einem Originaldrehbuch von Peter Morgan klassisch inszenierte Drama im Wesentlichen auf die Zeit zwischen Lady Dianas Tod und deren Begräbnis.

Frears Film, der in seine fiktive Handlung Fernsehaufnahmen aus den Nachrichtensendungen und weitere Archivaufnahmen geschickt einbaut, entwickelt seine Dramaturgie aus dem Gegensatz zwischen der britischen Königin und der „Prinzessin der Herzen“, wie Tony Blair Lady Diana kurz nach ihrem Tod bezeichnete. Nach der Scheidung von Diana und Prinz Charles und ihrem medialen Widerhall empfinden Königin Elisabeth II. (Helen Mirren) und ihr Mann Prinz Philip (James Cromwell) jede Meldung über Lady Diana als unheilverheißende Katastrophe. Kein Wunder also, dass sie die Nachricht von Dianas Tod persönlich kaum berührt. Weil Diana nach ihrer Scheidung nicht mehr zur königlichen Familie gehört, verweigert die Königin zunächst protokollgemäß jede öffentliche Erklärung. Ihr Begräbnis sei Sache von Lady Dianas Familie, sagt sie barsch.

Während in London immer mehr Menschen der toten Diana mit einem Blumenmeer ihre Verehrung bekunden, verbringt die königliche Familie ihre Ferien auf dem menschenleeren Sommersitz im schottischen Balmoral. Die Presse wirft der Königin Herzlosigkeit vor, in der Öffentlichkeit werden immer mehr kritische Stimmen gegen die Haltung der „Royals“ laut, die einen Riss zwischen Königshaus und Volk auftun.

Weil er diese Situation als gefährlich für die Monarchie ansieht, ergreift Premierminister Tony Blair (Michael Sheen) die Initiative: Er versucht die Königin zu einer Stellungnahme zu bewegen und rät der Monarchin, für Diana ein Staatsbegräbnis auszurichten. Das Herzstück des Filmes verlagert sich aus dem Gegensatz Elisabeth-Diana in die Konfrontation zwischen der Königin und dem Politiker. Gekonnt schildert „Die Queen“ abwechselnd aus dem Blickwinkel der britischen Königin und aus der Perspektive des Premierministers die Lage, so dass in diesen unterschiedlichen Perspektiven das Aufeinanderprallen der vom Königshaus verkörperten Tradition mit der von der neuen Blair-Regierung beanspruchten Modernität zum Ausdruck kommt.

Stehen anfangs zwei Weltanschauungen gegenüber, so nähern sich beide Positionen in dem Maße an, in dem Tony Blair ein wachsendes Verständnis für die Rolle der Königin entwickelt. Dadurch wandelt sich aber auch das Bild, das „Die Queen“ von der britischen Königin vermittelt. Aus der steifen, unnahbaren Majestät wird ein zwar in Traditionen gefangener, aber so doch ein Mensch aus Fleisch und Blut. Obwohl sie über einen erlegten Hirsch mehr Trauer spürt als über Dianas Tod, besucht die Königin am Ende das Blumenmeer am Kensington Palace und bezieht öffentlich zum Tod Dianas Stellung.

Helen Mirren verkörpert die Gestik Königin Elizabeths derart glaubwürdig, sie deutet etwa mit kaum einem Hochziehen der Augenbrauen die Empfindungen der Königin derart überzeugend an, dass sie (fast) die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Dies soll aber den Zuschauer nicht darüber hinwegtäuschen, dass Stephen Frears’ „Die Queen“ keine eigentliche Kritik an der britischen Königin, und schon gar nicht an der Monarchie, übt. Ganz im Gegenteil: Indem sich der Film um Verständnis für die Königin bemüht, wirbt er letztlich für sie. Bezeichnenderweise kommt der einzige Vorwurf von Belang aus einem echten, in den Film eingearbeiteten kurzen Interviewausschnitt mit Prinzessin Diana, in dem sie von ihrer „Ehe zu dritt von Anfang an“ spricht. Auch insofern erstaunt die positive Sicht, die Frears’ Film von Prinz Charles (Alex Jennings) liefert.

Auf dem Internationalen Filmfestival Venedig 2006 wurde Hauptdarstellerin Helen Mirren für ihre herausragende Leistung mit der Coppa Volpi als beste Darstellerin ausgezeichnet. Gute Chancen werden ihr außerdem für den Oscar eingeräumt. In Venedig erhielt darüber hinaus Peter Morgan den Preis für das beste Drehbuch.
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