PANS LABYRINTH | El Laberinto del Fauno
Filmische Qualität:   
Regie: Guillermo del Toro
Darsteller: Ivana Baquero, Doug Jones, Sergi López, Ariadna Gil, Maribel Verdú, Álex Angulo, Roger Casamajor, Sebastián Haro
Land, Jahr: Mexiko / Spanien / USA 2006
Laufzeit: 114 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G +, U
im Kino: 2/2007


José García
Foto: Senator

Eine Fantasiewelt als Zufluchtsort für den realen Horror des Krieges gehört zu den Topoi der Weltliteratur. In den „Chroniken von Narnia“ von C.S. Lewis (siehe Filmarchiv) etwa gelangen vier während des Weltkrieges aus London evakuierte Kinder in das Königreich Narnia durch den Kleiderschrank im Hause eines verschrobenen Professors. Eine ähnliche, wenn auch weitaus düstere Geschichte erzählt der mexikanische Regisseur Guillermo del Toro in seinem für sechs Oscars (darunter für den „besten nichtenglischsprachigen Film“) nominierten und nun im deutschen Kino anlaufenden Spielfilm „Pans Labyrinth“ („El laberinto del fauno“).

In „Pans Labyrinth“ flieht die elfjährige Ofelia (Ivana Vaquero) in eine Fantasiewelt, als sie mit der grausamen Realität im Nachkriegsspanien konfrontiert wird. Ofelias Mutter (Ariadna Gil) wurde während des spanischen Bürgerkriegs Witwe, und hat nun Hauptmann Vidal (Sergi López) geheiratet, von dem sie ein Kind erwartet. Im Jahre 1944 leisten in den Bergen Rebellen gegen das Franco-Regime noch Widerstand. Den Auftrag, sie zu bekämpfen, hat Hauptmann Vidal übernommen. Vidals Brutalität, ja Sadismus und die zunehmende Verschlechterung des Gesundheitszustands von Ofelias Mutter lassen das Mädchen die Freundschaft mit der Haushälterin Mercedes (Maribel Verdú) suchen, womit sie in die Kampfhandlungen zwischen Militär und Rebellen hineingezogen wird.

Ofelia entdeckt in einem labyrinthischen Garten den Zugang zu einem Reich der Fabeln, wo sie auf einen Faun trifft, der sich als Pan vorstellt. Pan enthüllt dem Mädchen ihre Herkunft: Sie ist die Prinzessin des unterirdischen Königreiches, die sich in die Welt der Menschen verirrt hat. Damit sie in ihre einstige Heimat zurückkehren und ihren Vater wiedersehen kann, muss sie drei Prüfungen ablegen, ehe es wieder Vollmond wird, um ihre wahre Identität zu beweisen.

Während sie einen Riesenfrosch besiegt, gegen ein Ungeheuer kämpft, und das Geheimnis des Fauns und seines Labyrinths zu entschlüsseln versucht, wird ihre reale Welt immer bedrohlicher: Vidal foltert und tötet Unschuldige, aber auch Ofelias Mutter verliert besorgniserregend an Kräften. So findet die Elfjährige in ihrem neu erschaffenen Kosmos die Kraft, den Schrecken der Realität zu besiegen.

Regisseur Guillermo del Toro inszeniert eine Traumwelt in düsteren Farben, die als Projektion der Träume und Ängste Ofelias mit den schrecklichen Ereignissen in der realen Welt korrespondieren. Neben einem bis in die Einzelheiten fantasievoll gestalteten Produktionsdesign besticht die Kameraarbeit von Guillermo Navarro, die Spezialeffekte in den Dienst der Handlung stellt, sowie die unaufdringliche Filmmusik von Javier Navarrete. „Pans Labyrinth“ ist in allen drei Sparten für den Oscar nominiert.

Die zwei Welten, in denen Ofelia lebt, vereinen sich zum Schluss, als sie ihr kleines Brüderchen sowohl gegen Pan als auch gegen Vidal unter dem Einsatz ihres Lebens verteidigt. Seine schöne Botschaft von Erlösung durch Opferbereitschaft und von der Suche nach dem verschollenen Vater konterkariert indes „Pans Labyrinth“ nicht nur durch die allzu explizite Darstellung der Grausamkeit von Hauptmann Vidal. Ebenso befremdet die Schwarzweiß-Malerei, in der die politische Situation gezeichnet wird. Hauptmann Vidal wird als sadistisches Ungeheuer gezeichnet, das auf äußerst brutale Weise die Rebellen foltert und tötet, wobei der leiseste Verdacht ausreicht, damit er etwa kaltblütig einen alten Mann eigenhändig erschießt. Gut und Böse sind nach Guillermo del Toro politisch korrekt eindeutig getrennt: die Rebellen werden als „republikanische Freiheitskämpfer“, die Vertreter des Franco-Regimes als „faschistische Terrortruppen“ dargestellt.

Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist etwa die Figur eines Bischofs, der sich auf völlig unerklärliche Weise ins Haus des Hauptmanns geirrt hat. Während dieser an einem üppigen Mahl bei Vidal teilnimmt, merkt er herablassend an, hoffentlich werde die Bevölkerung mit den Lebensmittelkarten umzugehen lernen, die den Bezug von Nahrungsmitteln auf ein Minimum reduziert – ein Mittel, womit der Hauptmann den Nachschub der Rebellen abschneiden will. Solche karikaturhafte Züge schmälern einen filmisch-formal brillanten Film, der in der Grundaussage den Zuschauer tief berührt.
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