BOBBY – SIE ALLE HATTEN EINEN TRAUM | Bobby
Filmische Qualität:   
Regie: Emilio Estevez
Darsteller: Anthony Hopkins, Sharon Stone, Elijah Wood, Demi Moore, Helen Hunt, William H. Macy, Martin Sheen, Laurence Fishburne
Land, Jahr: USA 2006
Laufzeit: 115 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: S
im Kino: 3/2007
Auf DVD: 9/2007


José García
Foto: Kinowelt

Das Jahr 1968 wurde zu einer einschneidenden Zäsur nicht nur in Europa mit dem „Prager Frühling“, dem „Pariser Mai“ und der Studentenrevolte in Deutschland, sondern insbesondere auch in den Vereinigten Staaten. Dort war zu diesem Zeitpunkt allerdings Gewalt allgegenwärtig: am 4. April 1968 wird Martin Luther King ermordet, am 3. Juni 1968 ist der Künstler Andy Warhol Zielscheibe eines Attentats, zwei Tage später wird Robert Francis Kennedy nach einer Rede im Ballsaal des Hotels „Ambassador“ in Los Angeles erschossen.

Auf Robert „Bobby“ Kennedy ruhten in einem von Vietnam-Krieg und Rassenunruhen erschütterten Land viele Hoffnungen: „Was die Vereinigten Staaten in den letzten drei Jahren erlebt haben: das Auseinanderfallen unserer Gesellschaft, die Gewalt, die Enttäuschung; die Kluft zwischen Schwarzen und Weißen, arm und reich und zwischen den Altersgruppen, den Vietnamkrieg; all das verlangt von uns, jetzt aufeinander zuzugehen“, hatte RFK bei den Vorwahlen in Kalifornien erklärt.

Die Unruhe im Land setzt Regisseur Emilio Estevez in seinem Spielfilm „Bobby“ mittels Dokumentaraufnahmen ins Bild. Im Gegensatz etwa zu Oliver Stones „JFK“ (1991) beschäftigt sich jedoch Emilio Estevez in „Bobby“ nicht mit den Hintergründen einer Tat, die bis heute ebenfalls Anlass zu allerlei Verschwörungstheorien gibt. „Bobby“ liefert vielmehr eine Gesellschaftsstudie der Vereinigten Staaten im Jahre 1968. Dafür wählte der Regisseur die Form eines Ensemblefilmes: 22 Menschen, die sich aus unterschiedlichen Gründen am 4. Juni 1968 in dem kalifornischen Hotel aufhalten, in dem gegen Mitternacht Robert F. Kennedy niedergeschossen wird.

Auf die Ankunft von Senator Kennedy bereitet sich das Hotelpersonal unter der Führung des Hotelmanagers Paul (William H. Macy) vor. In der Küche herrscht Hochbetrieb, wo der Personalchef (Christian Slater) in den Spannungen zwischen Latinos und dem farbigen Chefkoch (Laurence Fishburne) für einen Ausgleich sorgen soll, sie aber stattdessen schikaniert.

Zu den Gästen, die sich im Ambassador-Hotel eingefunden haben, gehört ein Ehepaar im besten Alter (Martin Sheen und Helen Hunt), aber auch ein Hippie-Drogendealer (Asthon Kutcher), der seine Ware an zwei junge Wahlhelfer absetzen kann, sowie eine ehemalige Gesangsdiva Virgina Fallon (Demi Moore), die im Rahmen der Wahlfeier auftreten soll. Allerdings leidet sie unter Alkoholsucht, womit sie ihre Ehe mit Tim (Emilio Estevez selbst) gefährdet.

Der pensionierte Hoteltürsteher John Casey (Anthony Hopkins) spielt in der Hotellobby mit einem alten Freund (Harry Belafonte) Schach, während eine Telefonistin (Heather Graham) ihrer Karriere dadurch nachzuhelfen meint, dass sie mit dem Hotelmanager ein Verhältnis unterhält. Was wiederum dessen Ehefrau, die Friseurin Miriam (Sharon Stone), zu Ohren kommt. Diese bedient ihrerseits die junge Diane (Lindsay Lohan), die den jungen William (Elijah Wood) heiraten will, damit dieser nicht in den Vietnam-Krieg eingezogen wird.

Regisseur und Autor Emilio Estevez verknüpft die Schicksale von verschiedenen Menschen, indem er meistens Nahaufnahmen der durchweg bekannten Schauspieler zeigt. Dadurch entsteht ein Gesellschaftsportrait, in das die wichtigsten Fragen der Zeit – Rassentrennung, Vietnam, Alkoholmissbrauch und Drogen, Untreue – Eingang finden, ohne dass sie plakativ behandelt werden. Durch die beiläufige Inszenierung etwa des Minderheiten-Mikrokosmos in der Küche gelingt Estevez ein stimmiges Bild der Zeit.

Der Regisseur montiert immer wieder historisches Fernsehmaterial in seinen Spielfilm hinein, das einen charismatischen, von Menschen aller Rassen angenommenen „Bobby“ Kennedy zeigt. So steht die Politik des Katholiken Kennedy für die meisten der im Film Portraitierten für die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, auf einen Wertewandel. Lediglich gegen Schluss, als der Film im Schnitt-Gegenschnitt-Verfahren die authentischen Bilder mit denen der Spielhandlung zusammenschneidet, wirkt diese Parallelität nicht ganz überzeugend.

Obwohl das Ende sehr pathetisch ausfällt, gelingt Emilio Estevez ein stimmiges Bild einer Zeit, die zu den unruhigsten des 20. Jahrhunderts gehört.
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