ROBERT ALTMAN’S LAST RADIO SHOW | A Prairie Home Companion
Filmische Qualität:   
Regie: Robert Altman
Darsteller: Garrison Keillor, Meryl Streep, Kevin Kline, Tommy Lee Jones, Lily Tomlin, John C. Reilly, Woody Harrelson
Land, Jahr: USA 2006
Laufzeit: 105 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 4/2007
Auf DVD: 9/2007


José García
Foto: Kool Filmdistribution

Mitunter erlangt der so genannte Ehren-Oscar („Honorary Award“) den Charakter einer Auszeichnung „für das Lebenswerk“ im wortwörtlichen Sinn. So etwa im Jahre 1993, als der italienische Regisseur Federico Fellini ein halbes Jahr vor seinem Tod mit dem Ehrenoscar ausgezeichnet wurde. Oder auch 2006. Letztes Jahr erhielt den Oscar „für sein Lebenswerk“ der 81-jährige Regisseur Robert Altman, der in der Kategorie „Beste Regie“ fünfmal nominiert worden, aber stets leer ausgegangen war. Altman starb im November 2006. Sein letzter Film „A Prairie Home Companion“ nahm zwar am Wettbewerb der Berlinale 2006 teil, startet aber erst jetzt mit dem Titel „Robert Altman’s Last Radio Show“ im regulären deutschen Kinoprogramm.

Wie so mancher Altman-Film von „MASH“ (1970) über „Short Cuts“ (1993) und „Kansas City“ (1976) bis „Gosford Park“ (2001) ist auch „Robert Altman’s Last Radio Show“ ein Ensemblefilm, ein bunter Reigen unterschiedlicher Figuren. Diese Charaktere entstammen größtenteils der realen gleichnamigen Radiosendung „A Prairie Home Companion“ (Premiere 1974), die seit ihrer Radio-Erstausstrahlung im Jahre 1980 in den Vereinigten Staaten ein Millionenpublikum anzieht.

Garrison Keillor, Begründer und Moderator der Radiosendung, schrieb das Drehbuch zum Altman-Film und übernahm gleich die Hauptrolle als „GK“. Der Spielfilm folgt im Prinzip dem Format der zweistündigen wöchentlichen Show, die vom Fitzgerald Theater von St. Paul im US-Bundesstaat Minnesota aus live ausgestrahlt wird. So erlebt der Zuschauer einen Teil der Show auf der Leinwand: Musik, Gesang oder auch eine Reihe grotesker erfundener Werbespots, die GK zum Besten gibt.

„Robert Altman’s Last Radio Show“ ist allerdings mehr als eine verfilmte Radiosendung. Drehbuchautor Keillor entwickelte eine eigene dramaturgische Handlung: Nach dreißig Jahren soll die beliebte Sendung eingestellt werden, weil sie unrentabel geworden ist. Das Theater, wo die Show stattfindet, soll an eine Investorengruppe verkauft werden, die es abreißen will, um dort ein Parkhaus zu bauen.

Zusammen mit dem Sicherheitsmann Guy Noir (Kevin Kline), der nicht nur durch seinen Namen an die Film-Noir-Detektive der vierziger Jahre angelehnt ist, schlendert die Kamera durch die Garderoben und schaut den Vorbereitungen zu. So lernt der Zuschauer nicht nur den Moderator GK kennen, sondern auch die in die Jahre gekommenen, aber immer noch exzellent singenden Schwestern Yolanda (Meryl Streep) und Rhonda Johnson (Lily Tomlin), die diesmal von Yolandas Tochter Lola (Lindsay Lohan) begleitet werden sollen, sowie die alten Cowboys Dusty (Woody Harrelson) und Lefty (John C. Reilly), die ebenfalls singen, aber vornehmlich Zoten reißen.

Detektiv Guy Noir soll sich um den Abgesandten der Investorengruppe Axeman (Tommy Lee Jones) kümmern, wird aber immer wieder von einer mysteriösen blonden „Femme fatale“ in weißem Trenchcoat (Virginia Madsen) abgelenkt, die sich als Todesengel erweist.

„Robert Altman’s Last Radio Show“ lebt indes nicht von seiner Handlung, sondern von seinen skurrilen Charakteren und von einer trotz des eher zerfließenden Erzählduktus eines Ensemblefilmes so doch dichten Atmosphäre sowie von der Wärme seiner Farbgebung. Und natürlich von der wunderbar leichten Musik.

Weil nicht nur die Axt des Vollstreckers in der Luft liegt, sondern auch die Anwesenheit des Todesengels an das heranrückende Ende erinnert, ist „Robert Altman’s Last Radio Show“ ein Abschiedsfilm. Ein nostalgischer Abschied von einer Zeit der amerikanischen Populärkulturgeschichte, aber auch ein versöhnlicher Abschied des Regisseurs.

Gerade aber die Tatsache, dass es sich um ein sehr amerikanisches Thema handelt, erschwert freilich den Zugang für den europäischen Zuschauer. Denn der Amerikaner, dem die Prairie Home Companion-Show vertraut ist, nimmt Altmans Film zwangsläufig ganz anders wahr als der Europäer, der die Radiosendung nicht kennt, und deshalb die Folie nicht besitzt, die sich als Resonanzboden für „Robert Altman’s Last Radio Show“ ausnimmt.

Dies mag auch erklären, warum der letzte, mit Stars nur so gespickte Spielfilm von Robert Altman mit einjähriger Verspätung ins deutsche Kino kommt.
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