HISTORY BOYS, DIE – FÜRS LEBEN LERNEN | The History Boys
Filmische Qualität:   
Regie: Nicholas Hytner
Darsteller: Richard Griffiths, Clive Merrison, Frances de la Tour, Stephen Campbell Moore, Sacha Dhawan, Samuel Anderson
Land, Jahr: Großbritannien 2006
Laufzeit: 112 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: D
im Kino: 5/2007
Auf DVD: 10/2007


José García
Foto: 20th Century Fox

Der Spielfilm „Der Club der toten Dichter“ („Dead Poet’s Society“, 1989) zog eine ganze Reihe Filme nach sich, die einen „unkonventionellen“ Lehrer in den Mittelpunkt stellen. Ob es sich um „Dangerous Minds“ (1995), „Die Kinder des Monsieur Mathieu“ („Les Choristes“, 2003) oder „Mona Lisas Lächeln“ (2003) handelt, dieses Genre folgt stets einem ähnlichen Strickmuster: Junger Lehrer ermuntert durch neuartige, teilweise unorthodoxe Unterrichtsmethoden seine, gerne auch schwererziehbaren Schüler zu eigenständigem Denken. Die Schüler entfalten dadurch endlich ihre Talente oder fangen an, an sich selbst zu glauben und Konflikte zu bewältigen. Die Kehrseite: Der engagierte Lehrer gerät wegen seiner eigenwilligen Arbeitsweise in einen Konflikt mit den einengenden Konventionen der Schulleitung.

Die nun im Kino anlaufende Leinwandadaption des Theaterstücks „The History Boys“ des britischen Dramatikers Alan Bennett variiert jedoch wohltuend diese zu Klischees erstarrten Genrekonventionen.

Angesiedelt ist die Handlung von „The History Boys – Fürs Leben lernen“ im Jahre 1983 in Nordengland, wo die acht Schüler eines Geschichtsleistungskurses zu den Aufnahmeprüfungen für die Eliteuniversitäten Cambridge und Oxford zugelassen werden. Für die Jungens aus der Mittelschicht – in England scheint niemand ein Problem mit reinen Jungenschulen zu haben – bedeutet dies die Chance des Lebens. Weil ihr schöngeistiger Lehrer „Hector“ (Richard Griffiths) lieber „fürs Leben“ als für Prüfungen unterrichtet, muss zur Verstärkung ein Hilfslehrer verpflichtet werden, der die Schüler ergebnisorientiert auf die Aufnahmeprüfung vorbereiten soll. So kommt an die Schule der junge Lehrer Irwin (Stephen Campbell Moore), der sich in solchen Fällen offensichtlich auskennt. Bei ihm kommt es nicht auf Poesie, sondern auf die Fakten, die bei der Prüfung zählen, an.

Damit stellt „The History Boys – Fürs Leben lernen“ das Schema des „Club der toten Dichter“-Films auf den Kopf: Der junge Lehrer Irwin ist der angepasste
Pauker, während der an der Grenze zur Pension stehende „Hector“ den Part des Unkonventionellen übernimmt.

Obwohl der Film fast ausschließlich in geschlossenen Schulräumen spielt und der Zuschauer kaum etwas vom gesellschaftlichen Umfeld der Schüler erfährt, scheint durch diese Gegenüberstellung der Unterrichtsmethoden der Zeitgeist der Thatcher-Ära durch, bei dem vor allem eins zählt: Erfolg. Umgekehrt stellt der Film jedoch ebenfalls, wenn auch unaufdringlich, die Frage nach dem Wert der humanistischen Bildung.

Der Wettbewerb der zwei grundverschiedenen Lehrer um die Gunst der Schüler besitzt allerdings eine homoerotische Komponente, die im Film immer mehr Platz einnimmt, und in die auch die Schüler hineingezogen werden. So fühlt sich der romantisch veranlagte Poser zu seinem Klassenkameraden Dakin hingezogen, der sich freilich eher für Frauen im allgemeinen und für die Schulsekretärin im besonderen interessiert.

Obwohl die plumpen Annährungsversuche Hectors von den Schülern nicht ernst genommen werden, muss der Schulrektor einschreiten. Dem Lehrer droht die Frühpensionierung, was ihm allerdings beim Zuschauer einen Sympathiebonus einhandelt. Dass der Film einen Päderasten als sympathische Figur etabliert und dadurch ein solches Thema auf die leichte Schulter nimmt, hinterlässt freilich einen faden Beigeschmack.

Trotz der Versuche, hin und wieder mit Außenaufnahmen das Theaterstück aufzulockern, sieht man „The History Boys – Fürs Leben lernen“ seinen Ursprung als Bühnenstück an. Denn der größte Teil des Filmes besteht aus Dialogen, und vor allem der kitschige Schluss arbeitet eher mit den Stilmitteln des Theaters. Allerdings wird die bühnenartige Inszenierung durch eine abwechselungsreiche Kameraführung und einen effizienten Schnitt sowie atmosphärische Musik aus den achtziger Jahren aufgelockert.

Insgesamt bleibt jedoch der Eindruck, dass Regisseur Nicholas Hytner die Adaption eines Theaterstücks für die große Leinwand nicht vollends gelingt. Schwerer wiegt indes, dass in „The History Boys – Fürs Leben lernen“ das ernste Thema der homoerotischen Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern verharmlost wird.
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