GOLDEN DOOR | Nuovomondo
Filmische Qualität:   
Regie: Emanuele Crialese
Darsteller: Charlotte Gainsbourg, Vincenzo Amato, Aurora Quattrocchi, Francesco Casisa, Filippo Pucillo, Federica de Cola, Vincent Schiavelli
Land, Jahr: Italien / Frankreich 2006
Laufzeit: 118 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 5/2007
Auf DVD: 12/2007


José García
Foto: Prokino

Steine, Steine und noch mehr Steine, so weit das Auge reicht. Im Spielfilm „Golden Door“ („Nuovomondo“) erscheint Sizilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts als alles andere als ein Paradies. Kein Wunder, dass dort viele Menschen von einem Leben in einer Neuen Welt träumen, in der Milch und Honig fließen.
Amerika wirkt wie ein Zauberwort in dieser überaus kargen Landschaft. Allein zwischen 1870 und dem Ersten Weltkrieg wanderten etwa fünf Millionen Süditaliener in die Vereinigten Staaten aus. Auch der Witwer Salvatore (Vincenzo Amato) hofft auf ein besseres Leben in der Ferne. Ehe er sich aber mit seinen zwei halbwüchsigen Söhnen auf den Weg zum „großen Ozean“ machen kann, muss er jedoch zunächst den Widerstand seiner abergläubischen Mutter Fortunata (Aurora Quattrocchi) brechen, die Angst davor hat, die Geister der Vorfahren zu verlassen. Und Schuhe brauchen er und seine Söhne auch noch, ehe sie in das Gelobte Land aufbrechen – Schuhwerk sowie warme Kleidung erhalten sie vom gutmütigen Pfarrer.
Nach Massenszenen am Hafen, die den klaustrophobischen Eindruck im Innern des Dampfers vorwegnehmen, betreten die Mitglieder der Bauernfamilie Mancuso das Schiff, in dem sie die ersten Bekanntschaften mit „Landsleuten“ machen: „Wie können wir alle Italiener sein, wenn wir nicht einmal dieselbe Sprache sprechen?“, fragt der einfache, auf seinen sizilianischen Dialekt stolze Salvatore. Auf der Überfahrt begegnet er der geheimnisvollen Engländerin Lucy (Charlotte Gainsbourg), die alleine nach Amerika reist und nach einem Bräutigam Ausschau hält. Denn bei der Einreise in Ellis Island müssen die Frauen einen solchen vorweisen, wollen sie nicht abgewiesen werden.
Nach der strapaziösen Reise beginnt das letzte Drittel des Films, das von den Untersuchungen durch die Einreisebehörden auf Ellis Island handelt. Hier müssen sich die Einreisewilligen medizinischen und Intelligenztests unterziehen, ehe sie durch das „Goldene Tor“ das Gelobte Land betreten dürfen. Weil nicht wenige nach „modernen“ eugenischen Erkenntnissen für ungeeignet erklärt werden, heißt Ellis Island auch die „Tränen-Insel“. Kritik an den Aussortierungsmethoden bringt Regisseur Emanuele Crialese etwa in den Worten der alten Mutter an: „Wer seid ihr, dass ihr gottgleich glaubt darüber entscheiden zu dürfen, wer in eure neue Welt passt!“
Für die drei Abschnitte seines Filmes findet Regisseur Crialese großartige Bilder, so unterschiedlich sie auch sein mögen: Auf die fast menschenleeren, von surrealen Szenen unterbrochenen Einstellungen in der archaischen Welt Siziliens folgen atmosphärisch dichte Szenen auf dem Schiff. Der klaustrophobische Eindruck wird noch durch einen beschränkten Bildausschnitt gesteigert. Bestes Beispiel: Das Auslaufen des Schiffes zeigt der Film nicht in einer Totale, sondern in einer eigenwilligen Komposition, in der die Menschenmassen auf Deck und am Kai langsam voneinander getrennt werden, während die dazwischen liegende Wasserfläche immer größer wird.
Noch eigenwilliger nimmt sich der dritte Teil aus. Emanuele Crialese verweigert den Blick durch das „Goldene Tor“. Die Bilder eines wachsenden New York an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, die etwa Martin Scorsese aus ganz unterschiedlichen Perspektiven in „Zeit der Unschuld“ (1993) und „Gangs of New York“ (2002) bot, bleiben hier hinter Fantasiebildern verborgen.
Zu dem überwiegend traumhaften Charakter von „Golden Door“ tragen maßgeblich die Schauspieler bei. Umgibt Charlotte Gainsbourg die „Lichtgestalt“ Lucy mit einer unergründlichen Aura, so gestaltet Vincenzo Amato seinen Salvatore auf einem schmalen Grat zwischen Naivität und Einfalt. Einen surrealen Eindruck erzielt der Regisseur darüber hinaus durch choreographierte Massenszenen, die an die Spielfilme der Stummfilmära erinnern, in der ja „Golden Door“ angesiedelt ist.
„Golden Door“ wurde auf den Filmfestspielen Venedig 2006 mit dem „Silbernen Löwen als Beste Neuentdeckung“ sowie mit dem Preis der internationalen katholischen Filmkritik SIGNIS ausgezeichnet. Für den Italienischen Filmpreis („David di Donatello“), der im Juni vergeben wird, ist „Nuovomondo“ in elf Kategorien nominiert, darunter „Bester Film“, „Beste Regie“ und „Bestes Drehbuch“ sowie „Bester Hauptdarsteller“.
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