THE NAMESAKE - ZWEI WELTEN, EINE REISE | The Namesake
Filmische Qualität:   
Regie: Mira Nair
Darsteller: Kal Penn, Tabu, Irrfan Khan, Jacinda Barrett, Zuleikha Robinson, Glenne Headley, Brooke Smith
Land, Jahr: USA / Indien 2006
Laufzeit: 122 Minuten
Genre: Dramen
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: X
im Kino: 6/2007
Auf DVD: 10/2007


José García
Foto: 20th Century Fox

In ihrem Beitrag zur Kurzfilm-Kompilation „11’09’’01“ (2002) erzählte Mira Nair von einer Familie pakistanischer Herkunft, die in New York ins Visier der Terroristenfahndung gerät. Eine in die Vereinigten Staaten ausgewanderte südasiatische Familie steht wiederum in Nairs neuem Spielfilm „The Namesake - Zwei Welten, eine Reise“ im Mittelpunkt. Mira Nair, die als 19-Jährige selbst von Indien in die Vereinigten Staaten auswanderte, schildert die Lebensgeschichte eines indischen Ehepaars, das in New York eine neue Heimat findet.

Basierend auf dem Romandebüt „The Namesake“ („Der Namensvetter“) von Jhumpa Lahiri verfilmt Mira Nair eine Geschichte, die in ihren eigenen Worten „besonders mit meiner Realität als einer im heutigen Amerika lebenden Südasiatin zu tun hat“. Was sie an Jhumpa Lahiris Roman reizte, schildert die Regisseurin folgendermaßen: „Sie beschreibt auf sehr anrührende Weise die Geschichte von Millionen von uns, die ihre alte Heimat für eine neue verlassen haben. Sie haben erfahren, was es bedeutet, die alte mit der neuen Welt zu verbinden, was es heißt, aus den Schatten der Eltern zu treten, um zum ersten Mal zu sich selbst zu finden.“

Mit epischem Erzählduktus schlägt der Film einen Bogen über drei Jahrzehnte und zwei Kontinente, vom Indien der siebziger Jahre bis zum New York der Gegenwart. Nach ihrer arrangierten Hochzeit entschließen sich Ashoke Ganguli (Irrfan Khan) und seine hübsche Frau Ashima (Tabu), ihre Heimatstadt Kalkutta zu verlassen und in New York ein neues Leben zu beginnen. Der kalte Winter an der Nordostküste Amerikas stellt vor allem die am heißen Indien gewohnte Ashima auf eine harte Probe. Nicht nur in dem Klima, auch in der Gesellschaft fühlen sie sich fremd, weshalb Ashoke und Ashima vor allem den Kontakt zu anderen indisch stämmigen Immigranten suchen.

Als das erste Kind geboren wird, ein Junge, entscheidet sich Ashoke spontan für einen ungewöhnlichen Namen: Gogol. Der russische Literat ist – wie der Zuschauer am Anfang des Filmes erfahren konnte – nicht bloß der Lieblingsautor Ashokes. Er ist darüber hinaus mit einem Schlüsselerlebnis seines Lebens verknüpft. In einer ergreifenden Szene wird er seinem bereits erwachsenen Sohn viele Jahre später davon berichten.

Als Kind aber ist Gogol (Kal Penn) über seinen Namen keineswegs glücklich. Deswegen nennt er sich lieber Nick. In der Auseinandersetzung zwischen dem von seinen Eltern ausgesuchten und dem selbst gewählten Namen, die sich als roter Faden durch den Film zieht, drückt „The Namesake“ das Hin- und Hergerissensein zwischen den bengalischen Traditionen seines Elternhauses und einem Leben als ganz normaler Amerikaner aus. Nick studiert Architektur an der Yale-Universität, verliebt sich in die blonde Maxine (Jacinda Barrett), und verbringt mehr Zeit mit deren Eltern als mit seiner eigenen Familie.

In einer dem epischen Duktus angemessenen linearen Erzählung, bei der sich die Zeitsprünge dem großen Rahmen unterordnen, setzt sich der Film vorwiegend mit den Fragen des Kontrastes zwischen zwei Kulturen auseinander. Ein Gegensatz, der auf der visuellen Ebene durch die unterschiedliche Farbgebung ins Bild gesetzt wird: warme, gelbliche Farben herrschen in Indien vor, eisig-blaue in New York.

Ein interessantes Nebenthema, das „The Namesake“ mit Mira Nairs großem Welterfolg „Monsoon Wedding“ (2001) gemeinsam hat, bezieht sich auf die Frage der arrangierten Ehen, die zur indischen Tradition gehören, und die Nair positiv besetzt. Sowohl in „Monsoon Wedding“ als auch in „The Namesake“ wird aus einer von den Eltern organisierten Ehe eine Liebesehe.

Während jedoch „Monsoon Wedding“ noch gewisse Anklänge an das „Bollywood“-Kino aufweist, wendet sich „The Namesake – Zwei Welten, eine Reise“ allgemein gültigen Fragestellungen zu. Über die Frage nach der Heimat und dem Leben in zwei unterschiedlichen Kulturen hinaus spricht er Themen wie Liebe und Familie, aber auch Leben und Tod an. Die indische Regisseurin inszeniert dies alles dank auch der hervorragenden Schauspieler ohne Gefühlsduselei und Kitsch. Die lustigen Momente, die teilweise an die Immigrantenkomödie „My Big Fat Greek Wedding“ (2002) erinnern, helfen dabei, die tief greifenden Fragen mit einer gewissen Leichtigkeit, jedenfalls mit optimistischer Grundausrichtung abzuhandeln.
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