GELIEBTE JANE | Becoming Jane
Filmische Qualität:   
Regie: Julian Jarrold
Darsteller: Anne Hathaway, James McAvoy, Julie Walters, James Cromwell, Maggie Smith
Land, Jahr: Großbritannien / USA 2007
Laufzeit: 120 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2007
Auf DVD: 1/2008


José García
Foto: Concorde

Mit Werken wie „Verstand und Gefühl“, „Stolz und Vorurteil“, „Mansfield Park“ oder „Emma“ gehört Jane Austen (1775–1817) zu den bekanntesten Romanautoren im England des 19. Jahrhunderts. Über ihr Leben ist hingegen wenig bekannt: Sie wurde als das siebte von acht Kindern des Pfarrers George Austen und dessen Ehefrau Cassandra Leigh 1775 geboren. Jane Austen starb im Alter von 41 Jahren am 18. Juli 1817. Geheiratet hat sie im Gegensatz zu den romantischen Figuren in ihren Romanen nie.

Woher nahm sie die Inspiration zu ihren Werken voller Romantik? In ihrer 2003 veröffentlichten Austen-Biografie mit dem Titel „Geliebte Jane Austen“ erweiterte Jon Spence die Bekanntschaft der englischen Autorin mit dem jungen Juristen Tom Lefroy, die in der Forschung als flüchtige Episode angesehen wird, zu einer lang anhaltenden Beziehung und sogar zum Schlüsselerlebnis für die literarische Entwicklung im Werk Jean Austens.

Auf Jon Spences Buch basiert nun das von Sarah Williams und Kevin Hood verfasste Drehbuch zum Spielfilm „Geliebte Jane“, der sich als Mischung aus Fakten und Fiktion vor allem auf die Liebesbeziehung zwischen Jane Austen und Tom Lefroy konzentriert. Gemäß dem englischen Originaltitel „Becoming Jane“ fragt Julian Jarrods Film danach, wie aus der Pfarrerstochter vom Lande eine bedeutende Schriftstellerin wurde. Die Kernaussage von „Geliebte Jane“ fasst Produzent Robert Bernstein so zusammen: „Hinter dem strengen Äußeren von Jane Austen verbarg sich ein gefühlvolles Herz. Die Beziehung zu Tom Lefroy erlöste es aus seiner Erstarrung und ließ Jane Austen zur unbestrittenen besten Romanautorin werden, die jemals lebte.“

„Geliebte Jane“ zeigt eine etwa 20-jährige Jane Austen (Anne Hathaway), die mit ihren Eltern und Geschwistern in beengten Verhältnissen auf dem Lande lebt. Deshalb erhoffen sich Janes Eltern (James Cronwell, Julie Walters) für ihre Tochter vor allem einen reichen Ehemann. Denn die in Jean Austens Romanen immer wieder gefeierte Liebesheirat bildet in der Wirklichkeit – größtenteils wohl noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein – eher die Ausnahme. Im ausgehenden 18. Jahrhundert ist die Ehe vor allem ein Versorgungsinstitut.

Die Wahl von Janes Eltern fällt auf den Neffen und einzigen Erben der reichen Lady Gresham (Maggie Smith), Mr. Wisley (Laurence Fox). Scheint der junge Landadlige dem Vorhaben nicht abgeneigt zu sein, so beharrt Jane jedoch auf eine Heirat aus Liebe. Die Liebe tritt tatsächlich in ihr Leben in der Person des Jurastudenten Tom Lefroy (James McAvoy), der von seinem reichen Onkel als Strafe für sein ausschweifendes Londoner Leben aufs Land geschickt wird.

„Geliebte Jane“ schildert die Irrungen und Wirrungen dieser Beziehung, die geistreichen Gespräche, die prächtigen Bälle, die schönen Landschaften mit der dazu passenden romantischen Musik – ein Abbild der Welt aus den Büchern Jane Austens.

Obwohl in die Ausstattung größte Sorgfalt gelegt wurde, wird „Geliebte Jane“ nie zu einem „Kostümfilm“ degradiert. Dies verdankt der Film vor allem der Kameraführung von Eigil Bryld, die immer wieder moderne Akzente setzt. Sie bewegt sich in langen Plansequenzen durch die exquisiten Räume, sie liebkost die detailverliebte Ausstattung und weidet sich an den schönen Landschaften. Aber sie drückt auch durch die wackelige Handkamera Emotionen aus.

Im Unterschied etwa zur Verfilmung von Louisa May Alcotts „Betty und ihre Schwestern“ durch Gillian Armstrong („Little Women“, 1994), stellt „Geliebte Jane“ nicht die Entstehung eines Romans von Jane Austen in den Mittelpunkt. Regisseur Julian Jarrold inszeniert den Spielfilm vielmehr, als ob sich das Leben von Jane Austen als ein weiterer Roman der Autorin entfaltete.

Dabei lehnt sich der Regisseur insbesondere an die Verfilmung von „Stolz und Vorurteil“ durch Joe Wright (2005, siehe Filmarchiv) an. Nicht nur das Motiv der verarmten Landadelsfamilie, die im England des ausgehenden 18. Jahrhunderts ihre fünf Töchter finanziell vorteilhaft zu verheiraten sucht, von dem „Stolz und Vorurteil“ handelt, wiederholt sich in „Geliebte Jane“. Auch in seiner gesamten Inszenierung erinnert „Geliebte Jane“ unweigerlich an Wrights rezente Leinwandadaption des berühmten Austen-Romans.

Allerdings mit einem bedeutenden Unterschied: Brillierte in „Stolz und Vorurteil“ Keira Knightley in ihrer Interpretation der selbstbewussten Lizzie Bennet, so agiert Anne Hathaway in „Geliebte Jane“ eher blass. Insgesamt überzeugt aber „Geliebte Jane“ mit der stilsicheren Wiedergabe des Englands von Jane Austen, einer wunderbaren Welt voller Romantik, schöner Landschaften und unaufdringlicher Musik.
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