VORAHNUNG, DIE | Premonition
Filmische Qualität:   
Regie: Mennan Yapo
Darsteller: Sandra Bullock, Julian McMahon, Jeff Galpin, Nia Long, Amber Valletta, Marcus Lyle Brown, Mark Famiglietti, Shyann McClure, Courtney Taylor Burness
Land, Jahr: USA 2007
Laufzeit: 94 Minuten
Genre: Thriller
Publikum: ab 16 Jahren
Einschränkungen: --
im Kino: 10/2007
Auf DVD: 2/2008


José García
Foto: Kinowelt

Seit der Jahrhundertwende hat sich in Hollywood eine Variante des klassischen „Suspense“-Films Hitchcockscher Prägung etabliert. Überzeugten zunächst „Mystery-Filme“ wie „The Sixth Sense“ (M. Night Shyamalan, 1999) und „The Others“ (Alejandro Amenábar, 2002) mit ihrer stimmigen Auflösung einer Geschichte, die den Zuschauer mit unerklärlichen Vorkommnissen immer wieder irritiert, so zeigten die letzten Versuche in diesem Genre, etwa „Die Vergessenen“ (siehe Filmarchiv) oder „Flightplan – Ohne jede Spur“ (siehe Filmarchiv), dass es zum Gelingen solcher Filme keineswegs ausreicht, mit den genreüblichen Stilmitteln umgehen zu können.

In seinem Hollywood-Debüt „Die Vorahnung“ („Premonition“) schildert der deutsch-türkische Regisseur Mennan Yapo solch kaum erklärbare Vorkommnisse im Leben einer Durchschnitts-Ehefrau und Mutter aus der amerikanischen Provinz: Linda Hanson (Sandra Bullock) führt ein glückliches Leben mit ihrem Mann und ihren zwei hübschen kleinen Töchtern. Doch eines Tages bricht Lindas Leben zusammen, als ein Polizist ihr die Nachricht überbringt, ihr Mann Jim (Julian McMahon) sei bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

Linda holt die Kinder von der Schule ab und fährt nach Hause, wo sie die Hilfe ihrer herbeigeeilten Mutter Joanne (Kate Nelligan) erfährt. Nachdem sich ihre Mutter ins Gästezimmer zurückgezogen hat, schläft Linda endlich auf der Wohnzimmer-Couch ein. Am nächsten Morgen wacht sie allerdings in ihrem Bett auf. Von der Mutter keine Spur. Dafür sitzt Jim beim Frühstück in der Küche, als ob nichts vorgefallen wäre. Hat Linda nur einen Alptraum gehabt – oder eher eine Vorahnung?

Tags darauf erwacht Linda neben einer leeren Weinflasche und einer Tablettenpackung, die von einem ihr unbekannten Dr. Roth verschrieben wurde. Als sie die Treppe heruntergeht, begegnet sie der Trauergesellschaft, die sich vor Jims Beerdigung im Hause versammelt hat. Linda erlebt also abwechselnd einen Tag vor und einen Tag nach Jims Tod – bis zu dem Mittwoch, an dem sich der tödliche Unfall ereignen soll.

Geschärft durch diese spezielle Wahrnehmung wird sich Linda bewusst, wie sehr sich Jim und sie einander entfremdet hatten. Sie erfährt etwa auch, dass Jim mit seiner Arbeitskollegin Claire (Amber Valetta) eine Affäre angefangen hatte.

Regisseur Mennan Yapo setzt auf die Wiederholung von Details – ein toter Vogel, das zerschnittene Gesicht der älteren Tochter – aus verschiedenen Perspektiven, um die in Lindas Wahrnehmung durcheinandergeratenen Tage chronologisch richtig zusammenzusetzen. Dazu erläutert Yapo: „Dass sie die Tage in einer anderen, ungeordneten Reihenfolge erlebt, unterliegt keiner kausalen, sondern einer emotionalen Logik. Ich habe das immer ein wenig wie die Folgen von posttraumatischem Stress aufgefasst. Man verliert jemanden und trauert um ihn, dann negiert man den Verlust, dann wird man wütend. So haben wir versucht, ,Die Vorahnung‘ realistisch zu fundieren.“

Die Umsetzung dieser Stilmittel gelingt dem Regisseur jedoch kaum. Dies liegt nicht nur an einigen Drehbuchfehlern, sondern vor allem daran, dass Yapo kaum die dem Genre eigentümliche Atmosphäre schafft. Ein Beispiel für missratene Inszenierung: Als Linda in ihrer Not den Rat eines Geistlichen sucht, geht sie in eine Kirche hinein. Sie findet – mitten am Vormittag – den Pfarrer beim Einsammeln von Gebetsbüchern vor. Noch klischeehafter gerät aber das „geistliche“ Gespräch, bei dem der Pastor lediglich Allerweltsweisheiten verbreitet. Ähnliches gilt auch für die Gespräche mit dem Psychiater Dr. Roth (Peter Stormare), die den Erzählfluss lediglich lähmen.

Durch die liederliche Inszenierung verliert für den Zuschauer die eigentliche Frage, ob es sich bei Linda um Vorahnungen oder aber um Vergangenheitsbewältigung handelt, ob sie etwa den Schicksalsschlag noch verhindern kann, schnell an Interesse. Damit gerät leider auch die von „Die Vorahnung“ aufgeworfene, tiefergehende Frage völlig in den Hintergrund. Denn Linda kämpft in dieser einen Woche vor allem um ihre in Gefahr geratene Ehe.

Die zeitweilig erzeugte Spannung, die den Zuschauer dadurch in ihren Bann ziehen sollte, dass er seine eigene Wahrnehmung in Frage stellt, kann Regisseur Mennan Yapo nicht durch die gesamte Filmdauer halten. An „The Sixth Sense“ oder „The Others“ kommt „Die Vorahnung“ nicht heran.
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