AMERICAN GANGSTER | American Gangster
Filmische Qualität:   
Regie: Ridley Scott
Darsteller: Denzel Washington, Russell Crowe, Josh Brolin, Chiwetel Ejiofor, Carla Gugino, John Hawkes, Ted Levine, Yul Vazquez, RZA, Cuba Gooding Jr., John Ortiz
Land, Jahr: USA 2007
Laufzeit: 156 Minuten
Genre: Thriller
Publikum: Erwachsene
Einschränkungen: G ++, S +, X
im Kino: 11/2007
Auf DVD: 3/2008


José García
Foto: Universal

Anfang der siebziger Jahre spiegelte sich die desillusionierte Stimmung in den Vereinigten Staaten, die bald in der „Watergate-Affäre“ ihren Höhepunkt erreichen sollte, im Kino im so genannten „Copthriller“-Genre wider. Insbesondere William Friedkins „French Connection“ (1971) und Sidney Lumets „Serpico“ (1973) schilderten mit schonungslosem Realismus die Korruption der New Yorker Polizei.

In seinem neuesten Spielfilm „American Gangster“ lässt Regisseur Ridley Scott diese Zeit wieder erstehen. Basierend auf der wahren Lebensgeschichte des ersten afroamerikanischen Drogenpaten New Yorks erzählt „American Gangster“ vom Aufstieg und Fall des Drogenbarons Frank Lucas (Denzel Washington) sowie vom unbestechlichen Polizisten Richie Roberts (Russell Crowe), der Lucas schließlich hinter Schloss und Riegel brachte.

Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre gehörte im New Yorker Drogendezernat Korruption einfach zum System. Dass sich wie Frank Serpico nur wenige Beamte weigerten, am organisierten Verbrechen teilzunehmen, zeigt „American Gangster“ in einer frühen Episode, als Richie Roberts im Kofferraum eines abgestellten Autos Drogengeld im Wert von einer Million Dollar findet, und es gegen den Rat seines Partners und wohl gegen ungeschriebene Regeln doch noch im Polizeirevier abgibt.

Unter solchen Umständen drohte der Mafia von Polizeiseite kaum Gefahr. Probleme konnte sie allerdings eher bekommen, wenn irgendein Neuling mit einer tüchtigen „Geschäftsidee“ die bestehenden verbrecherischen Strukturen sprengte. Nach dem Tod seines Mentors, des Gangsterbosses „Bumpy“ Johnson, im Jahre 1968 beschließt ein solcher Unbekannter namens Frank Lucas, ins Drogengeschäft groß einzusteigen.

Sein Prinzip: Die Zwischenhändler ausschalten, das Rauschgift direkt von der Quelle zu beziehen. Lucas fährt persönlich nach Bangkok, wo sein Schwager seit Ausbruch des Vietnam-Krieges stationiert ist. Im Dschungel kommt der Großdealer mit einem Drogenlord ins Geschäft, von dem er fortan reines Heroin bezieht. Das Rauschgift wird in den Särgen gefallener Soldaten in die USA geschmuggelt.

Mit Hilfe seiner Brüder baut Lucas ein Drogenimperium auf. Er ist vor allem auf den „guten Markennamen“ bedacht. Denn sein „Blue Magic“-Heroin ist der sonst angebotenen Waren haushoch überlegen. Deshalb gerät er außer sich, als ein Gangster-Konkurrent (Cuba Gooding, Jr.) minderwertiges Heroin unter demselben Namen „Blue Magic“ vertreibt.

Kann Lucas sein Drogen-Netzwerk zunächst unentdeckt aufbauen, so bleibt der plötzliche Heroin-Boom auf New Yorks Straßen nicht lange unbemerkt. Irgendwann schaltet sich ein Staatsanwalt ein, der den unbestechlichen Polizisten Richie Roberts damit beauftragt, eine Sondereinheit zu gründen. Deren Ziel: herauszufinden, wer der Kopf des neuen Drogen-Imperiums ist.

Dramaturgisch besteht „American Gangster“ aus zwei parallel laufenden Erzählsträngen. Auf der einen Seite lernt der Zuschauer den Gangster nicht nur als extrem brutalen Dealer, sondern auch als Familienmenschen kennen. Auf der anderen Seite beschäftigt sich eine Nebenhandlung mit den Eheproblemen des Polizisten, was trotz der brillanten Schauspielkunst von Russell Crowe gewisse Längen aufweist. Erst gegen Ende kreuzen sich die Wege vom Jäger und Gejagten.

Visuell bietet der Film auch dank immer wieder eingestreuten Archivmaterials etwa vom Vietnamkrieg oder vom legendären Boxkampf zwischen Muhammad Ali und Joe Frazier im Jahre 1971 sowie dank der 70er Jahre- Musik von Bobby Dwayne Womack ein atmosphärisch stimmiges Bild der Zeit. Aller detailverliebten Ausstattung zum Trotz fallen jedoch gewisse Unterschiede zu den „Original“-Copthrillern auf: Drückt sich in „French Connection“ und „Serpico“ die trostlose Grundstimmung in schmutzigen, mit Graffiti übersäten Hinterhöfen, heruntergekommenen Gebäuden sowie verfallenen Straßenzügen aus, so ist „American Gangster“ ungleich bunter. Hier und da schimmert auch durch, dass ganze Straßenzüge am Computer generiert wurden.

Dies tut dem Gesamteindruck eines spannenden Filmes jedoch kaum Abbruch, zeigt allerdings einen deutlichen Unterschied zu den Spielfilmen aus den 70er Jahren, die sich durch Desillusionierung und Trostlosigkeit auszeichneten. „American Gangster“ lässt trotz aller Gewalt und Verderbtheit doch noch Spielraum für Hoffnung.
Diese Seite ausdrucken | Seite an einen Freund mailen | Newsletter abonnieren