BERLINALE 2008 | Generation „Kplus“ / „14plus“
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Regie:
Darsteller:
Land, Jahr: verschiedene 0
Laufzeit: 0 Minuten
Genre:
Publikum:
Einschränkungen:
Auf DVD: 2008/0


José García
Foto: Berlinale

Seit 2004 gliedert sich das früher genannte „Kinderfilmfest“ unter dem Oberbegriff „Generation“ in zwei verschiedene Wettbewerbe: „Kplus“ und „14plus“. Wendet sich „Generation Kplus“ an Kinder bis 14 Jahren, so widmet sich „Generation 14plus“ speziell dem Erfahrungshorizont der 14- bis 18-Jährigen. So unterschiedlich die Filme der diesjährigen „Generation Kplus und 14plus“ teilweise sein mögen: Die Sektion der Berlinale, die sich primär an ein Kinder- und Jugendpublikum wendet, weist im Jahre 2008 ein hohes inhaltliches und filmisches Niveau auf.

14plus: Ein Insidertipp auf der Berlinale

Der Wettbewerb „14plus“, der 2008 zum fünften Mal stattfindet, hat sich zu einem Insidertipp innerhalb der Berlinale entwickelt. So bestand während des „14plus“-Wettbewerbs 2007 das Publikum schätzungsweise nur zur Hälfte aus der eigentlichen „Zielgruppe“. Die andere Hälfte waren Erwachsene, die der Einladung der Festivalleitung gefolgt waren, „Berührungsängste mit einem jungen Publikum“ abzubauen.

Im Jahre 2008 wurde der „14plus“-Wettbewerb am Freitag, den 8. Februar mit der australischen Produktion „The Black Balloon“ eröffnet, die hier ihre Weltpremiere feierte. Der von Drehbuchautorin und Regisseurin Elissa Down stilsicher inszenierte Film um den 16-jährigen Thomas (Rhys Wakefield), der sich den besonderen Herausforderungen im Zusammenleben mit seinem autistischen älteren Bruder Charlie (Luke Ford) stellen muss, spricht bereits eines der Hauptthemen in dem diesjährigen 14plus-Wettbewerb an: die Macht der Versöhnung.

„In fast alle 14 Filme des diesjährigen Wettbewerbs von 14plus kann dieses Thema hineingelesen werden“, führt dazu „Generation“- Co-Director Maryanne Redpath im Gespräch mit „Filmstart“ aus. „Dazu gehört natürlich auch, sich mit sich selbst zu versöhnen“. Dies liege allerdings nicht darin, dass die Mitglieder der Auswahlkommission die Filme nach solchen Kriterien ausgesucht hätten. Redpath: „Das Auswahlkriterium heißt schlicht und einfach: gute Filme. Wir suchen Filme nicht nach pädagogischen Gesichtspunkten, sondern nach ihrem filmischen und inhaltlichen Qualitätsanspruch aus. Wir wählen die Filme aus, die wir als Erwachsene für die besten, auch für die jeweilige Zielgruppe halten.“

Von Versöhnung handelt insbesondere auch ein weiterer Spielfilm von „Generation 14plus“: Lee Isaac Chungs „Munyurangabo“ erzählt von der Freundschaft zwischen einem Hutu und einem Tutsi drei Jahre nach dem Völkermord in Ruanda. Einen besonderen Höhepunkt in diesem halbdokumentarisch inszenierten Film stellt das Gedicht von Uwayo B. Edouard dar, in dem das traumatische Erlebnis verarbeitet wird.

Die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse thematisiert ebenfalls der erste Dokumentarfilm, der in „Generation 14plus“ gezeigt wird: In der in schnellem Rhythmus inszenierten Dokumentation „War Child“, die während der Berlinale Weltpremiere feiern wird, zeichnet Regisseur Christian Karim Chrobog den Lebensweg von Emmanuel Jal vom Kindersoldaten in Sudan zum bekanntesten „Hip-Hop“-Star Afrikas nach. „War Child“ ist ein berührender Film, der vor allem von Hoffnung zeugt.

Versöhnung und Freundschaft über Unterschiede hinweg stehen ebenfalls im Mittelpunkt des australischen Spielfilms „September“, dem Spielfilmdebüt von Peter Carstairs. Angesiedelt im Jahre 1968, schildert „September“ die Freundschaft zwischen dem 16-jährigen Weißen Ed Anderson (Xavier Samuel) und dem gleichaltrigen Aborigine Paddy Parker (Clarence John Ryan).

Die brasilianische Großproduktion „City of Men“, die auf der gleichnamigen Fernsehserie basiert, fügt zu den bereits angesprochenen Themen eine mehrfach gebrochene Vater-Sohn-Beziehung hinzu. Der hervorragend fotografierte Spielfilm, der im Sommer im regulären deutschen Kinoprogramm startet, handelt von zwei jungen Männern, die in einem von Bandenkriegen gezeichneten Armenviertel von Rio de Janeiro leben.

Eine junge Türkin in Kopenhagen steht im Mittelpunkt der dänischen Produktion „Fighter“: Die 20-jährige Aicha (Semra Turan) will unbedingt Kung Fu-Meisterin werden, obwohl ihre Eltern besonders dagegen sind, dass sie zusammen mit jungen Männern trainiert. Der mit ausgezeichneten Kamerabewegungen gedrehte und insbesondere aufwändig geschnittene Spielfilm besticht wegen seiner Vielschichtigkeit: Wird die Familie Aichas als rückständig gezeichnet, so lässt Regisseurin Natasha Arthy keinen Zweifel aufkommen, dass eine dekadente europäische Jugend dazu keine adäquate Alternative bietet.

Die auf einer TV-Serie basierende niederländisch-belgische Produktion „Dunya & Desie“, die in „14plus“ Weltpremiere feiert, behandelt die unterschiedlichen Welten von den 18-jährigen Freundinnen Dunya (Maryam Hassouni) und Desie (Eva van de Wijdeven): Als Tochter marokkanischer Einwanderer wächst Dunya zwischen zwei Welten in Amsterdam auf. Als ihre Eltern beschließen, nach Marokko zurückzukehren, folgt ihr Desie, die im nordafrikanischen Land nach dem Vater fahndet, den sie nie kennen gelernt hat.

Sowohl in „Dunya & Desie“ als auch in einem weiteren „14plus“-Film („Ciao Bella“) ist ein weiteres Thema präsent, das auch im regulären Kinoprogramm auffällig aktuell ist: In beiden spielen Teenager, die ungewollt schwanger geworden sind. Werden sie von Erwachsenen mehr oder minder offen zur Abtreibung gedrängt, so entscheiden sie sich für ihr Kind.

Mit gelungenen Bildübergängen zwischen virtueller und realer Welt erschließt der niederländisch-belgische „Ben X“ einen interessanten Zugang zur Frage nach dem Einfluss von Computerspielen auf Jugendliche.

„Generation Kplus“

Unter den zehn Spielfilmen, die im „Kplus“-Wettbewerb zu sehen sind, ragt das Spielfilmdebüt der erst 18-jährigen Hana Makhmalbaf hervor. Die Tochter von Moshen Makhmalbaf und jüngere Schwester der bereits etablierten Regisseurin Samira Makhmalbaf erzählt mit erstaunlich sicherer Hand von der 6-jährigen Baktay, die in den Höhlen lebt, die nach der Sprengung der Buddha-Statuen durch die Taliban im Jahre 2001 entstanden sind. In ihrem minimalistisch inszenierten Film geißelt Hana Makhmalbaf die Grausamkeit einer Gesellschaft, die in den Kriegsspielen einer Kinderbande ihren Niederschlag findet.

Die Schwierigkeiten, denen Kinder in verschiedenen Teilen der Welt vielfach begegnen, schildern darüber hinaus Ramin Bahranis „Chop Shop“, der vom 12-jährigen Latino Alejandro in Brooklyn handelt, sowie Sandra Koguts brasilianischer Film „Mutum“, der auf dem Roman „Campo Geral“ basiert.

Eine Art „Hitchcock-Film für Kinder“ bietet die norwegische Produktion „Die zehn Leben der Titanic“. In Anlehnung an „Mystery“-Filme setzt Regisseurin Grethe Bøe genre-übliche Mittel ein, um den (kindlichen) Zuschauer durch eine spannungsgeladene Reise zu führen. Einer eher konventionellen Inszenierung folgt der niederlänidisch-belgische Film „Wo ist Winkys Pferd?“. Ganz anders der farbenfrohe dänische Zeichentrickfilm „Fahrradmücken und Tanzmücken“, der mit beschwingter Musik, viel Humor und Filmzitaten eher die kleineren Zuschauer anspricht.
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