JUNO | Juno
Filmische Qualität:   
Regie: Jason Reitman
Darsteller: Ellen Page, Jason Bateman, Jennifer Garner, Michael Cera, Allison Janney, J.K. Simmons, Olivia Thirlby, Eileen Pedde, Rainn Wilson
Land, Jahr: USA 2007
Laufzeit: 96 Minuten
Genre: Komödien/Liebeskomödien
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: D, X -
im Kino: 3/2008
Auf DVD: 7/2008


José García
Foto: 20th Century Fox

In „Thank You For Smoking“ (siehe Filmarchiv) stellte Regisseur Jason Reitman bereits unter Beweis, dass er mit der political correctness souverän jonglieren kann. Nun packt er mit „Juno“ ein weiteres heißes Eisen an: Die ungewollte Schwangerschaft einer Minderjährigen, die sich allen „vernünftigen“ Gründen zum Trotz für das Austragen des Kindes entscheidet.

Die 16-jährige, vor Selbstbewusstsein nur so strotzende Schülerin Juno MacGuff (Ellen Page) entschließt sich, mit ihrem Freund Paulie Bleeker (Michael Cera) „sexuell aktiv“ zu werden. Nach mehreren Schwangerschaftstests steht es – ob sie es glauben mag oder nicht – zweifelsfrei fest: Sie ist schwanger. Der erste Impuls führt Juno in die Abtreibungsklinik. Wie soll eine 16-Jährige eine Schwangerschaft physisch und psychisch überstehen? Doch es kommt anders. Nachdem eine „Aktivistin“, eine Mitschülerin vor der Abtreibungspraxis Juno darauf hinweist, dass der Fötus bereits über Fingernägel verfügt, läuft Juno schleunigst weg.

Junos nicht minder supercoole Schulfreundin Leah (Olivia Thirlby) weiß Rat: In den Kleinanzeigen der Lokalzeitung werden auch Adoptivkinder gesucht. Eine Annonce sagt Juno sofort zu: Die erfolg- und sonst auch noch ziemlich reichen Mittdreißiger Vanessa (Jennifer Garner) und Mark (Jason Bateman) führen eine Vorzeige-Ehe, der fürs perfekte Glück nur ein Kind fehlt. Oder so scheint es mindestens.

Zunächst muss Juno aber ihrem Vater Mac (J.K. Simmons) und ihrer Stiefmutter Bren (Allison Janney) von ihrer Schwangerschaft erzählen. Erstaunlicher- und erfreulicherweise reagieren sie darauf sehr positiv: „Ich wusste nicht, dass Du schon sexuell aktiv bist“, sagt etwa Junos Stiefmutter lediglich dazu. Juno kann auf das Verständnis und die Unterstützung ihrer Eltern zählen. Darin mag ein Unterschied zu den gängigen Klischees liegen, dass Eltern über die Schwangerschaft ihrer minderjährigen Tochter so entsetzt reagieren, dass sie das Mädchen regelrecht drängen, „das Problem wegzumachen“. Junos Vater zeigt sich jedenfalls mit dem Vorschlag einverstanden, das Baby zur Adoption freizugeben. Er begleitet sie sogar zum ersten Termin mit den anvisierten Adoptiveltern.

Trotz dieser neuen Perspektive hält sich die Originalität von „Juno“ freilich in Grenzen. Denn ungewollt schwanger gewordene Teenager/junge Frauen, die sich für das Austragen ihres Kindes entschließen, stehen zurzeit hoch im Kurs im Kino, siehe etwa Judd Apatows „Beim ersten Mal“, Adrienne Shellys „Jennas Kuchen“, in gewisser Weise auch Kirsten Sheridans „Der Klang des Herzens“, beziehungsweise die „Generation 14plus“-Beiträge bei der diesjährigen Berlinale „Ciao Bella“ und „Dunya & Desie“. Nur, dass diese Filme – insbesondere die amerikanischen – eher unglaubwürdig, ordinär-albern oder zuckersüß-kitschig daherkommen. „Juno“ verfügt demgegenüber nicht nur über ein mittlerweile Oscar-prämiertes Drehbuch, das in jedem Dialog punktgenau die Pointe trifft (der Film ist ein fortwährender Frontalangriff auf die Lachmuskeln), sondern auch über eine schlafwandlerisch stilsichere Inszenierung, die mit leichtfüßiger Eleganz selbst über die peinlichsten Augenblicke hinweghilft.

In „Juno“ geht ein Großteil des ansprechenden Gesamteindrucks der Inszenierung sicher auf das Konto der schauspielerischen Leistung aller Beteiligten – allen voran natürlich der für diese Rolle für den Oscar nominierten Ellen Page als selbstbewusste Juno. „Juno“ besticht jedoch gerade durch seine leicht-lockere Art, ein ernstes Thema filmisch anzugehen, ohne es jedoch zu banalisieren. Regisseur Jason Reitman behält seinen Stil vom animierten Vorspann, der nicht nur hübsch aussieht, sondern auch die Figuren etabliert, über die Filmmusik bis zum Schnitttempo bei. „Juno“ verknüpft indes darüber hinaus sein Hauptthema mit einer subtilen gesellschaftlichen Kritik gegen Mittdreißiger, die offenbar keine Lust am Erwachsenwerden haben.

In den Vereinigten Staaten ist „Juno“ zu einem regelrechten „Longseller“ geworden: Bei Produktionskosten von 7,5 Millionen Dollar hat der Film, angetrieben durch Mundpropaganda, bereits mehr als 140 Millionen Dollar eingenommen. Offensichtlich ist das Kinopublikum bereit, sich mit ernsten Themen ohne gängige Klischees auseinander zu setzen.
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