|
||||||||||||||||||||
José GarcÃa Foto: Kinowelt Jeden Morgen dasselbe feste Ritual: Der Oberschüler Ben Vertriest (Greg Timmermans) sitzt allmorgendlich von 5.45 bis 6.33 Uhr am Computer, um in die Welt des Online-Rollenspiels âArchlordâ einzutauchen. In der Welt von âArchlordâ verwandelt sich Ben in den Ritter âBen Xâ, der seine monsterartigen Gegner im Kampf vernichtet und von einer âHeilerinâ namens Scarlite bewundert wird. In der schönen, virtuellen Welt des Onlinespiels ist Ben ein Held. Ganz anders in der realen Welt: Sobald Ben den Computer ausschaltet, und sich auf den Weg in die Technische Oberschule macht, beginnt für ihn ein viel härterer Kampf als gegen die finsteren Kreaturen von âArchlordâ. Denn in der Schule muss er sich ebenfalls starken Gegnern stellen, insbesondere zwei Schlägertypen, Bogaert (Titus de Voogt) und Desmet (Maarten Claesyssens), die keine Gelegenheit unausgenutzt lassen, um Ben zu quälen. Die Panzerung, die sich Ben in der realen Welt zulegt, besteht lediglich in Kopfhörern, die er aufsetzt, um nicht mitzubekommen, was um ihn herum passiert. Eine bessere Verteidigung kennt er nicht. Denn Ben leidet am Asperger-Syndrom, einer leichten Art von Autismus, die sich in einer Kontakt- und Kommunikationsstörung manifestiert. Der junge Schauspieler Greg Timmermans spielt in seiner ersten Kinorolle den kontaktscheuen Ben insbesondere durch einen unsicheren-unruhigen Blick und eine angespannte Körperhaltung mit hängenden Schultern überzeugend. Im Interview mit dem Autor schildert Greg Timmermans, wie er sich die Rolle erarbeitete: âIch habe mir Filme über Autismus angeschaut, vor allem aber habe ich Spezialschulen für Autisten besucht. Darüber hinaus habe ich mit vielen Psychiatern gesprochen, die mir dann sagen konnten, ob irgendein Verhalten übertrieben ist. Eigentlich habe ich versucht, mein eigenes Gefühl mit dem zu kombinieren, was die Fachleute schilderten.â Die Situation eskaliert, nachdem die Erniedrigungen, die Ben immer wieder durchzustehen hat, einen traurigen Höhepunkt erreichen. Ben fasst einen Plan, um kein Opfer mehr zu sein, um dem âSpielâ ein Ende zu bereiten. Gerade in diesem Moment nimmt Scarlite (Laura Verlinden), die âHeilerinâ aus dem Online-Computerspiel, dem er sich als Einzigem anvertraut hatte, Kontakt zu Ben auf. Sie bietet ihm ihre Hilfe an. Für Ben eröffnet sich die Chance auf einen Neubeginn. Basierend auf seinem eigenen Buch âNiets Was Alles Wat Hij Zeiâ (âNichts, war alles, was er sagteâ), in dem er reale Ereignisse verarbeitete, inszeniert Nic Balthazar âBen Xâ als Mischung zwischen realer und virtueller Welt. Die subjektive Kamera, die Bens Emotionen immer wieder einfängt, wechselt dann in die Welt von âArchlordâ. Für Ben verwischen die Grenzen zwischen den beiden Welten immer mehr. Das Ineinandergreifen dieser zwei Realitäten gibt âBen Xâ eine vorwiegend ein jugendliches Publikum ansprechende filmästhetische Anmutung. Dazu fügt der Regisseur eine dritte Ebene hinzu, die für die Dramaturgie seines Filmes besonders wirksam wird: In nach dem Stil einer Reportage inszenierten Interviews äuÃern sich Bens Eltern, Lehrer, Psychologen und Mitschüler. Dazu erläutert Regisseur Nic Balthazar im Gespräch mit Autor: âUrsprünglich kommt diese Idee vom Theater. Wenn ein Theaterstück aufgeführt wird, gibt es immer âdie anderenâ, die auf den Handelnden schauen. Andererseits leben die Jugendlichen aber heute in einer Welt, in der unterschiedliche Medien gleichzeitig auf sie einwirken: Der Fernseher ist immer eingeschaltet, während sie zum Beispiel mit Freunden chatten oder am Computer spielen. Dieses Gefühl haben wir versucht wiederzugeben: Sie erleben den Film âBen Xâ, wie die Jugendlichen so häufig heute eine Geschichte erfahren, teils durch ein dokumentarisches, teils durch ein fiktionales Medium.â Zur Computerspiel-Ãsthetik passt es denn auch, dass âBen Xâ drei oder gar vier mögliche Enden vorschlägt. âDadurch wollte ich vor allem das Publikum einbeziehenâ, führt dazu Nic Balthazar aus. âDie Zuschauer sollen aktiv mitdenken. Auch diese Idee kommt vom Theater. Die meisten Spielfilme bieten fertige Lösungen, sie kauen dem Zuschauer alles vor. Ich hatte mir hingegen vorgenommen, die unterschiedlichen Zutaten, sozusagen Puzzlestücke zu liefern, die der Zuschauer selbst zusammensetzen muss.â Seine ernsten Themen â von âMobbingâ über soziale Integration bis zum Einfluss von Computerspielen auf die Jugendlichen â behandelt âBen Xâ mit einer eigenwilligen Filmsprache, die insbesondere Jugendliche anspricht, wie die durchweg positiven Reaktionen auf der Berlinale 2008 zeigen, als âBen Xâ am Wettbewerb âGeneration 14plusâ teilnahm. |
||||||||||||||||||||
|