MONGOLE, DER | Mongol
Filmische Qualität:   
Regie: Sergei Bodrov
Darsteller: Tadanobu Asano, Sun Hong Lei, Khulan Chuluun, Aliya, Ba Sen, Amadu Mamadakov, Tegen Ao, Bayertsetseg Erdenebat, You Er
Land, Jahr: Kasachstan / Russland / Deutschland 2007
Laufzeit: 120 Minuten
Genre: Historische Filme
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G ++, X
im Kino: 8/2008
Auf DVD: 1/2009


José García
Foto: X Verleih

Dschingis Khan gehört zu den wenigen historischen Gestalten, die ein Weltreich erschufen, etwa Alexander dem Großen vergleichbar. Setzte Oliver Stone in „Alexander“ (siehe Filmarchiv) dem makedonischen Eroberer ein filmisches Denkmal, so steht der Einiger der mongolischen Stämme an der Schwelle vom 12. zum 13. Jahrhundert im Mittelpunkt von Sergei Bodrovs Spielfilm „Der Mongole“. Nachdem die kasachisch-russisch-deutsche Koproduktion für den Oscar 2008 in der Kategorie „bester nicht-englischsprachiger Film“ nominiert wurde, läuft sie nun im regulären Kinoprogramm an.

Bodrovs „Der Mongole“ zeichnet auf mehreren Zeitebenen Kindheit und Jugend von Temudgin bis zu seiner Erhebung zum Dschingis Khan, dem Großkhan aller Mongolen, im Jahre 1206 nach.

Als Neunjähriger soll sich Temudgin (Odnyam Odsuren) als Sohn des Stammesfürsten Khan Esugei nach mongolischem Brauch seine Braut selbst aussuchen. Die Reise im Sommer 1172 führt eigentlich zum Stamm der Merkiten, bei denen seinerzeit Esugei seine Frau, Temudgins Mutter, entführt hatte. Als sie jedoch bei einem befreundeten Clan Rast machen, lernt Temudgin die ein Jahr ältere Borte, die ihn so beeindruckt, dass er sie als seine Braut wählt. Auf dem Heimweg wird Temudgins Vater aber von einem verfeindeten Stamm vergiftet – einer der Krieger Esugeis namens Targutai ergreift die Gelegenheit, um die Pferde und die Schafherde des Stamms an sich zu reißen. Temudgin würde er am liebsten töten, aber die Bräuche der Mongolen erlauben nicht, ein Kind zu töten. Temudgins Mutter schwört Rache.

Auf der Flucht vor Targutai lernt Temudgin den gleichaltrigen Jamukha kennen, mit dem er Blutsbrüderschaft schließt. Jamukhas Clan kann ihm allerdings keinen Schutz vor seinem Widersacher bieten, der den Jungen noch immer nicht töten, wohl aber gefangen nehmen darf. Aus der Gefangenschaft kann er sich jedoch auf wundersame Art und Weise befreien.

Seiner Frau Borte (Khulan Chuluun) begegnet Temudgin (nun von Tadanobu Asano dargestellt) erst als Erwachsener wieder. Sie wird von den Merkiten entführt, weswegen Temudgin einen blutigen Krieg beginnt, um seine Frau mit Hilfe seines Blutsbruders Jamukha (Sung Hong Lei) zu befreien. Das Verhältnis der Blutsbrüder schlägt später indes in Feindschaft um: Jamukha nimmt Temudgin gefangen und verkauft ihn als Sklave ins benachbarte Königreich Targut.

Nach langer Gefangenschaft gelingt es Temudgin mit Hilfe seiner Frau, auszubrechen. Temudgin beginnt daraufhin, das Volk der Mongolen zu vereinen. Gegen ein von Jamukha befehligtes Bündnis aus Stammesfürsten siegt Temudgin bei einer alles entscheidenden Schlacht mit Hilfe des Gottes Tengri: Ein Gewitter zieht auf. Die Mongolen suchen Schutz vor dem Donner, der als Zeichen des Zornes Tengris gedeutet wird. Nur Temudgin steht auf seinem Pferd. So gelingt es ihm, die verschiedenen Mongolenstämme zu vereinen und zum Dschingis Khan, dem Großkhan aller Mongolen, ausgerufen zu werden.

In seinem als ersten Teil einer Trilogie geplanten Spielfilm „Der Mongole“ hält sich Sergei Bodrov eng an das Versepos „Die geheime Geschichte der Mongolen“, das allerdings erst nach Dschingis Khans Tod im Jahre 1227 entstand.

Das Versepos weist allerdings Lücken auf. Dass eine dieser Leerstellen etwa durch eine zehnjährige Gefangenschaft Temudgins ausgefüllt wird, gehört zur künstlerischen Freiheit eines Filmregisseurs. Die Sprünge in der Erzählung gehen jedoch zu Lasten der Dramaturgie seines Filmepos sowie des Verständnisses, etwa wenn Borte als bettelarme Frau zurückbleibt, und in der nächsten Szene als reiche Dame auftritt.

Trotz der überaus brutalen Kriegsszenen mit wirklichkeitsgetreuen Schwertkämpfen samt Blutspritzern und dem ebenso realistischen Bild von in der Steppe herrschenden rauen Sitten inszeniert Regisseur Sergei Bodrov seinen Film nach dem Muster der Heldengeschichte. So erinnert etwa die Szene, in der sich Jamukhas Truppen Temudgin anschließen, an die Rückkehr Napoleons aus der Insel Elba in Sergei Bondarchuks „Waterloo“ (1970).

Über den epischen Gestus hinaus vermischt „Der Mongole“ Realistisches mit Mythischem. Höhere Mächte greifen nicht erst bei der bereits erwähnten Entscheidungsschlacht ein. Schon als Kind erscheint ihm eine solche höhere Macht in der Gestalt eines Wolfes am heiligen Berg Burchan Chaldun. Das Sklavenjoch, von dem er sich bis dahin nicht hatte befreien können, schließt sich daraufhin auf wundersame Weise auf.

Dem epischen Duktus in der Erzählung entspricht auf der visuellen Ebene eine Kameraführung, die mit ihren Cinemascope-Bildern den Zuschauer zu überwältigen sucht, was von der Musik noch verstärkt wird.

Das Motiv der Rache spielt in„Der Mongole“ eine bedeutende Rolle. Die Rache wird jedoch insofern überwunden, als nicht die Rachegelüste, sondern die Idee, alle Mongolen zu vereinen, Temudgin letztlich antreiben.
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