EIN QUANTUM TROST | Quantum of Solace
Filmische Qualität:   
Regie: Marc Forster
Darsteller: Daniel Craig, Olga Kurylenko, Mathieu Amalric, Gemma Arterton, Jeffrey Wright, Giancarlo Giannini, Judi Dench, Anatole Taubman
Land, Jahr: Großbritannien / USA 2008
Laufzeit: 103 Minuten
Genre: Action/Western
Publikum: ab 12 Jahren
Einschränkungen: G+, S
im Kino: 11/2008
Auf DVD: 3/2009


José García
Foto: Sony

Nachdem der letzte James Bond-Film „Casino Royale“ (siehe Filmarchiv) insofern eine Rückkehr zu den Ursprüngen des britischen Geheimagenten „im Dienste ihrer Majestät“ dargestellt hatte, als mit ihm der erste der Bond-Romane von Ian Fleming aus dem Jahre 1953 verfilmt wurde, macht der nun anlaufende 22. Bond-Film „Ein Quantum Trost“ einfach da weiter, wo „Casino Royale“ aufgehört hatte. Um es vorweg zu sagen: Der Zuschauer, der „Casino Royale“ nicht kennt, wird sich verhältnismäßig schwer tun, die dauernden Bezüge zu diesem Film einzuordnen.

Insbesondere Vesper Lynd, die Frau, in die sich James Bond (Daniel Craig) in „Casino Royale“ verliebt hatte, aber von der er sich verraten fühlte, eher sie selbst von einer Geheimorganisation ermordet wurde, ist im neuen Bond-Film allgegenwärtig. Sie bleibt die treibende Kraft, die den Geheimagenten zu einem persönlichen Rachefeldzug gegen ihre Erpresser und Mörder aufstachelt.

Ein Wiedersehen gibt es allerdings etwa auch mit einer weiteren Nebenfigur: In „Casino Royale“ bekam Bond Unterstützung vom Agenten Mathis (Giancarlo Giannini). Nun reaktiviert Bond höchstpersönlich den inzwischen zur Ruhe gesetzten Mathis, damit er ihm erneut zur Seite steht.

Die Handlung selbst stellt sich ebenfalls als Fortsetzung des letzten Bond-Filmes dar. Diese Kontinuität erklärt sich auch aus dem Umstand, dass das Drehbuch sowohl von „Casino Royale“ als auch von „Ein Quantum Trost“ von den drei Autoren Paul Haggis, Neal Purvis und Robert Wade stammt.

So schließt der neue Bond-Film unmittelbar an den letzten an: Um Näheres über die Geheimorganisation, die Vesper ermordet hatte, zu erfahren, verhören James Bond und seine Chefin „M“ (Judi Dench) einen gewissen Mr. White (Jesper Christensen) nach einer hektisch geschnittenen, völlig unübersichtlichen Verfolgungsjagd entlang des Gardasees. Die „Quantum“ genannte Organisation stellt sich als komplexer und gefährlicher heraus als zunächst angenommen.

Die Spur führt zunächst nach Haiti, wo ein Mi6-Verräter ein Bankkonto unterhält. Dort macht Bond die Bekanntschaft der resoluten Camille (Olga Kurylenko), die ihren eigenen Rachefeldzug führt. Über Camille kommt Bond zum „Quantum“-Chef Dominic Greene (Mathieu Amalric), der sich als „grüner“ Wohltäter tarnt, aber es eigentlich auf die Naturressourcen der Welt abgesehen hat. Zurzeit versucht Greene, mit dem im Exil lebenden bolivianischen General Medrano (Joaquin Cosio) ins Geschäft zu kommen: Gegen ein vermeintlich wertloses Stück Wüstenland ist er bereit, seinen Einfluss geltend zu machen, damit die CIA und die britische Regierung das gegenwärtige Regime in diesem südamerikanischen Land stürzen und General Medrano als Junta-Chef anerkennen.

Es folgen Verfolgungen zu Land, zu Wasser und in der Luft durch die unterschiedlichen Handlungsorte (Gardasee, Siena, London, Haiti, Bregenz, Bolivien, Russland). Der dauernde Ortswechsel spiegelt die Komplexität der Organisation wider, gegen James Bond zu kämpfen hat – eine weitere Gemeinsamkeit von „Ein Quantum Trost“ und „Casino Royale“.

In der Inszenierung setzt jedoch Marc Forster, der zum ersten Mal bei einem Bond-Film Regie führt, durchaus eigene Akzente. Am augenfälligsten wird dies in einer hervorragend inszenierten Sequenz während einer Aufführung von Puccinis „Tosca“ auf der Bregenzer Seebühne deutlich, während der sich etliche Mitglieder der Organisation mittels Konferenzschaltung „treffen“. Die ästhetisch anspruchvolle Sequenz stellt einen wahrnehmbaren Kontrapunkt zu den Actionszenen dar, von denen „Ein Quantum Trost“ selbstverständlich jede Menge zu bieten hat.

Diese Action-Szenen lassen indes erkennen, dass Marc Forster das „Modernisierungskonzept“ von „Casino Royale“-Regisseur Martin Campbell fortsetzt, das von den „Bourne“-Filmen beeinflusst wird. So nimmt sich etwa eine Verfolgungsjagd während einer Massenveranstaltung – dem Palio, dem jährlichen Pferderennen in Siena – wie ein Remake der Szene in Paul Greengrass’ „Das Bourne Ultimatum“ aus, bei der Jason Bourne einen Informanten durch die Londoner Waterloo Station schleust. Bond wird immer mehr zu Bourne  mit dem Unterschied, dass James Bond meistens perfekt sitzende Maßanzüge trägt.

Diese Anlehnung an die Bourne-Filme stellt allerdings ebenfalls die Frage, ob auch James Bond von Zweifeln etwa in Bezug auf die Richtigkeit seines Handelns und insbesondere auch von einer Identitätskrise (bezeichnenderweise hieß der erste „Bourne“-Film „Die Bourne-Identität“, 2001) heimgesucht wird. In „Casino Royale“ erlebte der Zuschauer die „Agenten-Werdung“ des neuen Geheimagenten 007. Nun muss James Bond zwischen persönlicher Rache und der Pflichterfüllung gegenüber seinem Auftraggeber unterscheiden lernen.
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